Es ist der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn: Fünf Tage lang will die Gewerkschaft GDL die Züge im Land lahmlegen. Der festgefahrene Tarifkonflikt kostet die Bahn Millionen – und stärkt die Konkurrenz.

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"Reine Schikane" nennt die Deutsche Bahn den aktuellen Streik der GDL: Ab Mittwoch 15 Uhr sollen die Züge im Güterverkehr stillstehen, ab Donnerstag 2 Uhr die im Personenverkehr. Erst am Montagmorgen soll der Streik enden. Der Konflikt scheint festgefahren. Neben mehr Lohn geht es vor allem darum, ob die GDL auch für andere Berufsgruppen als die Lokführer Tarifverträge aushandeln darf. Die Bahn lehnt das ab – das könnte sie teuer zu stehen kommen.

"Die Kosten eines Streiktages können rasch einen mittleren einstelligen Millionenbetrag erreichen", sagt Reinhard Boeckh, Leiter der Konzernpressestelle der Deutschen Bahn. Zum einen entgehen dem Unternehmen Einnahmen, wenn Leute auf andere Verkehrsmittel umsteigen. Dazu kommen Erstattungen, die die Bahn für Verspätungen, ausgefallene Verbindungen, Übernachtungen und Taxifahrten zahlen muss.

Welche Kosten genau beim aktuellen Rekordstreik auf die Bahn zukommen werden, sei laut Boeckh unklar. Sie könnten erst im Nachhinein ermittelt werden, da sich zu viele Komponenten darauf auswirken würden: Wie viele Züge können fahren, wie viele Reisende vermeiden die Bahn von vornherein, wie hoch sind die Kosten beim Güterverkehr etc.

GDL-Streik ist Gift für deutsche Wirtschaft

Einen Anhaltspunkt liefert eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung von 2008, die sich mit den wirtschaftlichen Folgen von Bahnstreiks beschäftigt. Damals hat die Bahn laut Studie im Durchschnitt pro Tag 27 Millionen Euro im Personenverkehr und weitere 15 Millionen Euro im Güterverkehr eingenommen. "Je nach Streikintensität und -dauer könnten der Deutschen Bahn AG somit rasch erhebliche Einnahmeausfälle entstehen", lautet das Fazit der Wissenschaftler. Beim letzten, 60-stündigen Streik im Oktober beklagte die Bahn denn auch einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe.

Neben der Bahn trifft der Streik auch die deutsche Wirtschaft. "Was derzeit bei der Bahn passiert, ist Gift für den Standort Deutschland", sagte Achim Dercks vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag der Nachrichtenagentur Reuters. "Streiks im Güterverkehr führen bereits nach wenigen Tagen zu Produktionsstörungen, weil Bahntransporte oft nicht kurzfristig auf Straßen oder Schiffe verlagert werden können."

Wie hoch der wirtschaftliche Schaden am Ende ist, hängt laut dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) dabei entscheidend von der Dauer des Streiks ab. Bei mehr als drei Tagen – wie es jetzt der Fall ist – seien Produktionsunterbrechungen zu erwarten. "Die Schäden können dann schnell von einstelligen Millionenbeträgen auf über 100 Millionen Euro pro Tag ansteigen", heißt es in einer Mitteilung des Instituts. Immerhin würden etwa 17 Prozent des gesamten Güterverkehrs über die Schiene laufen.

Profiteure sind Transportalternativen

Für die Deutsche Bahn könnte der Streik neben den Umsatzeinbußen auch längerfristige Folgen haben. Im Personenverkehr machen die Fernbusse dem Unternehmen seit geraumer Zeit Konkurrenz. Sie hoffen, nun noch mehr Reisende für sich gewinnen zu können. Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer rechnet aufgrund des Streiks mit einem Umsatzzuwachs von mehreren Millionen Euro.

Der Anbieter Flixbus konnte beim letzten Streik im Oktober 30 Prozent mehr Fahrgäste befördern und ein Umsatzplus von 200 Prozent verbuchen. "Viele Fahrgäste nutzen nun zum ersten Mal einen Fernbus", sagt Bettina Engert von Flixbus. "Wir können ihnen zeigen, dass Busfahren nicht mehr nur mit Klassenfahrt zu tun hat."

Auch im Güterverkehr könnte die Bahn negative Folgen zu spüren bekommen. Kurzfristig versuchen die Unternehmen und Speditionen auf Lastwagen, Schiffe oder Waggons privater Eisenbahnunternehmen auszuweichen. Die Gefahr besteht, dass manche dabei bleiben. Zuverlässigkeit ist entscheidend im Transportbereich. "Über Jahre wurden Transportketten entwickelt, die die Deutsche Bahn einbinden", sagt Ingo Hodea vom Deutschen Speditions- und Logistikverband. "Aber durch die vielen Streiks geht zunehmend das Vertrauen verloren."

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