50 Stunden Streik bei der Deutschen Bahn, 1.450 ausgefallene Flüge bei der Lufthansa: Während die betroffenen Unternehmen mit Verlusten in Millionenhöhe rechnen, spricht der Handelsverband angesichts des volkswirtschaftlichen Schadens von einer "absoluten Katastrophe". Wie hart treffen die Streiks in Deutschland die Wirtschaft wirklich?
Erst der Streik bei der Deutschen Bahn, nun auch noch der Ausstand bei den Piloten: Mit jedem neuen Streiktag erleiden die betroffenen Unternehmen Verluste in Millionenhöhe. "Die drei Streiktage im Frühjahr haben uns 60 Millionen Euro gekostet", sagte Bettina Volkens, Personal-Vorstand der Lufthansa, der "Bild"-Zeitung über den 15-stündigen Ausstand zu Beginn diesen Jahres.
Denn nicht nur können Kunden, deren Flug streikbedingt gestrichen wurde, kostenfrei umbuchen oder den Flug ganz stornieren. Laut der EU- Fluggastrechteverordnung hat ein gestrandeter Fluggast auch Anspruch auf eine angemessene Betreuung: in Form einer Verpflegung samt Getränken und unter Umständen sogar auf ein Hotelzimmer. Fluggäste innerdeutscher Flüge können ihr Ticket kostenfrei in eine Bahnkarte umwandeln.
Volkswirtschaftlicher Schaden immens
Die ARD berichtete kürzlich, dass ein Streiktag die Lufthansa zwischen 15 und 20 Millionen Euro koste, wobei entgangene Einnahmen, etwa weil Kunden verunsichert seien und nicht bei der Lufthansa buchten, noch nicht miteingerechnet seien. Und auch bei der Bahn koste ein Streiktag "schnell einen einstelligen Millionenbetrag", sagt Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber.
Wirklich immens ist aber der volkswirtschaftliche Schaden, der durch einen solchen Streik entstehen kann: So werden in Deutschland beispielsweise rund 17 Prozent des gesamten Güter-Transports über die Schiene abgewickelt. Und während so mancher Bahnkunde am Wochenende auf einen Fernbus oder eine private Mitfahrgelegenheit auswich, blieben dem Güterverkehr weniger Alternativen. Wenn man davon ausgeht, dass täglich rund 5.000 Güterzüge in Deutschland unterwegs sind, dann müssten bei einem Streikfall nämlich rund 100.000 Lastwagen eingesetzt werden.
Auch der Handel ist betroffen
Industrieunternehmen fürchten deshalb inzwischen bereits Lücken in ihren straff organisierten Lieferketten, der Handel warnte vor erheblichen Lieferverzögerungen. "Einige Produktionen, zum Beispiel in der Metallverarbeitung, produzieren 'just in time', das heißt, sie sind darauf angewiesen, dass die Güter über die Bahn an die entsprechenden Produktionsorte geliefert werden", äußerte sich Claudia Kemfert, Verkehrsexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, bereits vor einiger Zeit im Interview mit der Deutschen Welle. Besonders die Stahl- und Autobranche, Kraftwerke und Seehäfen seien davon betroffen.
Die deutsche Wirtschaft insgesamt treffen die Streiks in diesen Tagen besonders hart, schließlich hat sich die Stimmung in den Unternehmen ohnehin verschlechtert. Das Wachstum in Europa ist schwach, weltweite Konflikte haben zu einer Senkung der Konjunkturprognose geführt.
"Das ist eine riesengroße Verantwortungslosigkeit der GDL", sagte der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, der "Bild". "Wenn die Kunden weg bleiben und die Ware nicht ankommt, weil die Bahn nicht fährt, ist das eine absolute Katastrophe für unsere Unternehmen und Beschäftigten."
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