Rauchen ist schlecht für die Gesundheit. Trotzdem kann man Zigaretten fast überall kaufen. Krebsforscher fordern nun drastische Maßnahmen.
Anlässlich des Weltnichtrauchertags fordert ein Bündnis aus Gesundheitsorganisationen, den Verkauf von Zigaretten in Supermärkten und Tankstellen zu untersagen. Stattdessen sollten die Tabakprodukte und E-Zigaretten nur noch in lizenzierten Fachgeschäften verkauft werden, sagte Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) der dpa in Heidelberg.
"Die gesundheitsgefährlichen Produkte sind noch immer viel zu stark präsent im Alltag – die Menschen sind dem Kaufanreiz ausgesetzt, wenn sie in der Warteschlange an der Supermarktkasse oder Tankstellentheke stehen." Enorm wichtig sei auch ein Werbeverbot an solchen Orten. Bisher ist Werbung am Verkaufsort noch erlaubt.
Das DKFZ hat zusammen mit dem Aktionsbündnis Nichtrauchen und anderen Organisationen einen Brief an Bundestagsabgeordnete der Ampel-Koalition geschrieben, in dem sie harte Maßnahmen gegen Tabakkonsum fordern.
Im Koalitionsvertrag hatten die Parteien 2021 vereinbart, Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Nikotin zu verschärfen. "Seither ist viel zu wenig passiert, die Koalition hat nicht geliefert", sagte Schaller. Das Zigarettenrauchen führe noch immer zu massiven Gesundheitsschäden und Tausenden Toten in jedem Jahr. "Der Staat muss mehr tun, um den Tabakkonsum auf ein Minimum zu reduzieren."
Marken sollen nicht mehr zu erkennen sein
Das DKZF und die anderen Organisationen sprechen sich zudem für eine Einheitsverpackung bei Tabakprodukten aus – Marken sollen nicht mehr zu erkennen sein. "Alle Packungen sollten olivgrün sein und in der gleichen Schriftart den Markennamen enthalten", erläuterte Schaller. "Auch die Verpackung ist eine Werbefläche, die in der Öffentlichkeit nichts zu suchen hat – daher sollte es die standardisierte Verpackung geben." Das sollte auch für Tabakerhitzer und E-Zigaretten gelten – auch sie seien Gesundheitsrisiken, betonte Schaller.
Im Internet gibt es bereits ein Werbeverbot für Tabakprodukte und E-Zigaretten. Nach Erkenntnissen des DKFZ kommt es hierbei aber häufig zu Rechtsverstößen. "In den sozialen Medien sind E-Zigaretten und Tabakerhitzer noch immer sehr präsent", beklagte Schaller. Besonders Kinder und Jugendliche könnten dadurch beeinflusst werden und diese Produkte ausprobieren wollen. "Der Staat muss härter gegen diese Verstöße vorgehen und das Werbeverbot im Internet durchsetzen", forderte sie.
Auch Bundesdrogenbeauftragter für Abbau von Kaufanreizen
Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert stimmt in den Tenor der Krebsforscher ein und fordert angesichts enormer sozialer und gesundheitlicher Folgen des Rauchens ein Ende weiterer Kaufanreize. "Ich will niemandem das Rauchen verbieten", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
"Aber dass auch im Jahr 2024 noch in jeder Tankstelle oder Supermarktkasse mit bunten Werbebildern für Tabak- und E-Zigaretten geworben werden darf, das geht einfach nicht." Werbung schaffe ein positives Bild ungesunder Produkte und mache auch das Aufhören schwerer, weil sie immer wieder an die Zigarette erinnere.
Blienert sagte mit Blick auf Studiendaten: "Dass immer weniger Jugendliche rauchen, ist eine ausgezeichnete Nachricht." Dennoch habe Deutschland nach wie vor ein riesiges Problem. "Jedes Jahr sterben bei uns etwa 127.000 Menschen an den Folgen ihres Tabak- und Nikotinkonsums, und jedes Jahr verursacht das Rauchen unserer Volkswirtschaft Kosten von weit über 100 Milliarden Euro."
Der Drogenbeauftragte mahnte: "Wir sollten uns dringend an der Ernsthaftigkeit, mit der das Thema Rauchen in anderen Ländern diskutiert wird, ein Beispiel nehmen." Wirksame Mittel wären Schluss mit Werbung, kein Sponsoring, mehr Hilfe beim Rauchausstieg, konsequenterer Nichtraucherschutz etwa bei Eltern, die im Beisein von Kindern im Auto rauchen, "und irgendwann auch einmal höhere Tabaksteuern".
Blienert sprach sich für ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten aus. "Diese Produkte haben ein hohes Suchtrisiko und sind extrem umweltschädlich." Sie führten dazu, dass Jugendliche in die Nikotinabhängigkeit gerieten, von der sie nach 30, 40 Jahren oder auch nie wieder loskämen. Darauf zu warten, dass der Verkauf irgendwann über europäische Wege verboten werde, könne nicht der Weg sein.
Tabakindustrie gegen weitere Einschränkungen
Die Tabakindustrie reagiert mit Kopfschütteln auf den Vorstoß der Rauchgegner. Jan Mücke vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) verwies darauf, dass die Werbemöglichkeiten der Branche schon eingeschränkt worden seien, seit Jahresbeginn dürften E-Zigaretten nicht mehr auf Plakaten beworben werden. Angesichts der nur noch sehr punktuellen Wahrnehmung einschlägiger Werbung im öffentlichen Raum könne man nicht davon ausgehen, dass weitere Verbote zu einer Senkung der Raucherquote beitrügen.
Zudem warnte er, Händler würden bei so einem Werbeverbot wichtige Einnahmen verlieren. Die Pflicht zur Einheitsverpackung wiederum wäre nach Einschätzung von BVTE verfassungswidrig, weil damit Markenrechte vernichtet würden und das Eigentum daran entwertet würde.
Nach Ansicht des Branchenvertreters Mücke sind keine weiteren Verbote nötig, vielmehr müsse der Staat die geltenden Regeln konsequent durchsetzen. Dies betreffe vor allem den unter Jugendlichen weit verbreiteten Konsum von E-Zigaretten unter Jugendlichen. Der BVTE fordert die Einführung eines Meldeportals, auf dem Bürger den Behörden unkompliziert Hinweise über Verstöße geben könnten.
Der Weltnichtrauchertag am 31. Mai soll unter Federführung der Weltgesundheitsorganisation auf die Gefahren des Tabakkonsums hinweisen. Dieses Jahr steht er unter dem Motto "Schutz der Kinder vor dem Einfluss der Tabakindustrie". (dpa/nib)
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