Wer in Deutschland kreditwürdig ist, entscheidet die Schufa. Das System dahinter ist so kompliziert wie undurchsichtig. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass das so bleiben darf.
Die Schufa darf ihre Geheimnisse für sich behalten. Das hat am Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Nach einem geplatzten Autokauf hatte eine Frau aus Hessen geklagt: Sie wollte wissen, wie genau die schlechte Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit zustande kam.
Sie ist nicht die Einzige, die sich darüber wundert. Immer wieder kommt es zu bösen Überraschungen, denn die Schufa-Bewertung entscheidet darüber, ob und zu welchen Bedingungen man einen Kredit erhält. Die Schufa, kurz für "Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung", ist eine Auskunftei: Sie sammelt Daten von Banken, Versicherungen, Kaufhäusern, Mobilfunkanbietern und anderen und errechnet daraus einen Wert, der aussagen soll, wie zuverlässig ein Kunde ist. Dieser sogenannte Score kann zwischen 1 und 100 Prozent liegen. Je höher er ist, desto wahrscheinlicher ist es in den Augen der Schufa, dass der Kunde pünktlich zahlt.
Schufa-System bleibt undurchsichtig
Das Problem: Die Schufa teilt zwar mit, was sie sammelt. Dazu gehören zum Beispiel die Zahl der Girokonten, Kreditkarten und Handyverträge, Kreditlaufzeiten oder ob immer pünktlich gezahlt wurde, nicht aber Informationen zu Nationalität, Beruf oder Familienstand und im Gegensatz zu kleineren Auskunfteien auch nicht über die Wohngegend, in der jemand lebt. Jedoch bleibt unklar, was die Informationen im Einzelnen bedeuteten. Ist es gut oder schlecht, wenn jemand drei Kreditkarten hat?
Verbraucher- und Datenschützer beklagen diese Geheimniskrämerei, denn ein niedriger Schufa-Score kann dramatische Folgen haben: Unter 90 Prozent wird es fast unmöglich einen Handyvertrag abzuschließen oder einen Hauskredit zu bekommen.
"Es kann nicht sein, dass man sich als Betroffener in einer Black Box befindet", sagt der Berliner Rechtsanwalt und Schufa-Experte Sven Tintemann. "Die Verbraucher müssen nachvollziehen können, was die Informationen bewirken, die die Schufa über sie sammelt." Das Unternehmen jedoch pocht auf sein Geschäftsgeheimnis – und wurde darin heute vom BGH bestätigt. Die Formel hinter den Bewertungen bleibt geheim.
Genau hier aber liegt offenbar ein Problem. Rechtsanwalt Tintemann hat immer wieder mit Fällen zu tun, in denen Leute, die stets brav ihre Kredite bezahlt haben plötzlich keine neuen Verträge bekommen. Auch seine eigene Frau war schon betroffen: Als sie nach der Kinderpause wieder in ihren Beruf als Lehrerin einstieg, wollte sie ein eigenes Konto eröffnen. Das bekam sie auch, nicht aber die zugehörige Kreditkarte. Die Begründung der Bank: Sie habe keinen richtigen Schufa-Score. Dass sie als Beamtin eine sichere Stelle und ein gutes Gehalt in Aussicht hatte, zählte nicht. Was zählte war, dass die Schufa in den Jahren, in denen sie ein gemeinsames Konto mit ihrem Mann hatte, keine Informationen über sie sammeln konnte.
Schufa bewertet Personen nach Vergleichsgruppen
Ebenso kurios ist der Fall eines Kollegen von Tintemann: Seine Bank lehnte plötzlich ab, als er ein neues Auto leasen wollte. Tatsächlich war der Score des erfolgreichen Anwalts auf einen Wert um die 80 Prozent abgerutscht, obwohl er viel verdiente und immer pünktlich zahlte. Weil die Schufa nicht mitteilt, warum ein Score sich verändert, konnte Tintemann den Grund nur vermuten. Ihm fiel auf, dass sein Kollege über die letzten Jahre fünf Mal das Angebot einer Elektronikkette genutzt hatte, mit einer Nullprozent-Finanzierung Computer und andere Ausstattung für sein Büro zu kaufen. Mehrere Kleinkredite hintereinander – in den Augen der Schufa war er damit in eine Risikogruppe gerutscht. Erst als Tintemann die Einträge über die bezahlten Kredite der Elektronikkette bei der Schufa löschen ließ, schnellte der Score des Kollegen wieder nach oben.
Das ist ein weiteres Problem: Die Schufa bewertet Leute nicht nach ihren persönlichen Umständen, sondern nach dem bisherigen Verhalten einer Vergleichsgruppe mit ähnlichen Daten. In welche Gruppe man eingeordnet wird und warum, verrät sie dagegen nicht.
Wie kann man sich schützen?
Wie kann man sich als Kunde also vor solchen bösen Überraschungen schützen? Man sollte unbedingt von seinem Recht Gebrauch machen, einmal im Jahr eine kostenlose Auskunft der Schufa zu erhalten. Die gespeicherten Daten sollte man laut Rechtsanwalt Tintemann auf zwei Dinge kontrollieren: Erstens, sind die Eintragungen korrekt? Die Stiftung Warentest hat herausgefunden, dass viele der gespeicherten Schufa-Daten unvollständig oder fehlerhaft sind. Demnach hatten nur elf von 89 Testpersonen eine korrekte Auskunft erhalten. Wer Fehler findet, kann die Löschung oder Korrektur der Daten beantragen.
Zweitens, sollte man laut Tintemann die Daten ab und an bereinigen und zum Beispiel die Informationen über abbezahlte Kleinkredite löschen lassen. Einen vollständigen Schutz vor Schufa-Schusslern gibt es leider nicht: Bei der Frau aus Hessen hatte am Ende eine Namensverwechslung zum Platzen des Autokaufs geführt.
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