Viel Bewegung im Streit um die Verkehrswende: Während Brüssel neue Grenzwerte für Pkw-Neuwagen erlässt, kündigt die wegen Klagen für Diesel-Fahrverbote heftig kritisierte Deutsche Umwelthilfe (DUH) neue Aktionen an. Dieses Mal geht es um ein generelles Tempolimit auf den Autobahnen. Und Kiel sucht einen ganz eigenen Weg aus dem Abgas-Dilemma.
Freie Fahrt für freie Bürger und kein Tempolimit auf der Autobahn - das könnte in Zukunft der Vergangenheit angehören. Und zwar aus Klimaschutz-Gründen.
Die wegen Klagen für Diesel-Fahrverbote heftig kritisierte Deutsche Umwelthilfe (DUH) prüft derzeit nämlich die Chancen für ein Tempolimit von 120 auf deutschen Autobahnen. Damit lasse sich Klimaschutz im Verkehr auch bei denjenigen Autos erreichen, die schon auf der Straße seien, sagte DUH-Chef Jürgen Resch am Dienstag in Berlin.
Ziel sei es, mit "ungewöhnlichen Allianzen" für die Beschränkung zu werben. "Ja, wir prüfen auch, welche juristischen Möglichkeiten wir hier für die Durchsetzungen haben", antwortete er auf Nachfrage.
Brüssel erlässt neue Grenzwerte für Pkw-Neuwagen
Grund für den Vorstoß dürften auch die am Montagabend in Brüssel vereinbarten neuen Klimaschutzziele für Pkw-Neuwagen sein. Diese hält die DUH nämlich für nicht ausreichend. Problematisch sei unter anderem das Kleingedruckte - unter anderem die Art, wie Elektroautos auf den Schnitt der Neuwagen angerechnet würden, sagte Resch.
Unterhändler der EU-Staaten, des Europaparlaments und der EU-Kommission hatten sich darauf geeinigt, dass der CO2-Ausstoß von Neuwagen bis zum Jahr 2030 um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken soll. Die Auto-Branche hält das für unverhältnismäßig und unrealistisch.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) reagierte mit scharfer Kritik. "Diese Regulierung fordert zu viel und fördert zu wenig", meinte sein Präsident Bernhard Mattes. "Niemand weiß heute, wie die beschlossenen Grenzwerte in der vorgegebenen Zeit erreicht werden können." Nirgends sonst gebe es ähnlich strikte CO2-Ziele. Somit werde Europas Autoindustrie im internationalen Wettbewerb belastet.
Stadt Kiel will mit Trick Diesel-Fahrverbot verhindern
Indes kämpfen viele Großstädte immer noch mit der Gefahr von drohenden Diesel-Fahrverboten. Hier wählt Kiel nun einen sehr ungewöhnlichen Weg, um solche Fahrverbote zu vermeiden: Mit einem Tempolimit und einem Fahrverbot auf einer Spur will die Stadt die Luft am vielbefahrenen Theodor-Heuss-Ring verbessern.
Ab dem Frühjahr soll in beiden Richtungen Tempo 50 gelten. Bislang ist dort 70 erlaubt. Hinzu kommt ein Griff in die Trickkiste: In einer Fahrtrichtung dürfen Diesel-Fahrzeuge (einschließlich Euro 6) dann künftig auch nur noch die linke Spur - die Überholspur - befahren, damit sie weiter von den an der Straße gelegenen Wohnungen entfernt ihre Schadstoffe ausstoßen. Im Luftreinhalteplan geht die Stadt von einer Reduktion der Schadstoffe um 10 Prozent aus. In Kombination mit weiteren Maßnahmen sollen so flächendeckende oder streckenabhängige Fahrverbote, wie sie vielen Städten 2019 drohen, verhindert werden.
"Wir müssen die Grenzwerte rasch einhalten und damit die Gesundheit der Anwohner schützen, gleichzeitig aber auch die Mobilität sichern", sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) am Dienstag. An der Verkehrsachse werden seit Jahren die Grenzwerte für Schadstoffemissionen teils deutlich überschritten. (mgb/dpa)
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