Es war kein einfaches Jahr für die deutsche Wirtschaft: Das Bruttoinlandsprodukt dürfte sinken. Und auch im nächsten Jahr fällt der Aufschwung aus. Die Kürzungspläne der Ampel belasten die Konjunktur zusätzlich.
Um die wirtschaftliche Lage in diesen Tagen zu beschreiben, reicht wohl ein Wort: trist. Die deutsche Volkswirtschaft dürfte 2023 ein Minus-Wachstum hinlegen, also schrumpfen. Und auch die Hoffnung auf einen baldigen Aufschwung hat einen Dämpfer bekommen: Große Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Konjunkturprognosen an diesem Donnerstag (14.12.) deutlich nach unten korrigiert.
Konjunktur: Kein Aufschwung, eher eine Erholung
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet in diesem Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 0,3 Prozent. Im nächsten Jahr soll das Wachstum bei 0,6 Prozent liegen, 2025 dann bei einem Prozent. Das ist kein Aufschwung, eher eine Erholung.
"Die deutsche Wirtschaft findet nur sehr mühsam aus der Schwächephase heraus", urteilen die DIW-Ökonomen. Ein Hauptgrund: Der private Konsum fällt als Stütze der Konjunktur aus. Die Nominallöhne sind zuletzt gestiegen, die Inflation sinkt wieder, die realen Einkommen haben also zugelegt – und trotzdem halten die Deutschen das Geld zusammen. Das dürfte auch mit ungewissen Zukunftsaussichten zusammenhängen.
Einen weiteren Dämpfer erhält die Konjunktur durch die Politik der Ampel. Oder genauer gesagt: durch die Kürzungen im Bundeshaushalt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Umwidmung von Corona-Mitteln in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für unzulässig erklärt hatte, klaffte ein 60-Milliarden Euro-Loch im Bundeshaushalt. Allein im nächsten Jahr fehlten 17 Milliarden Euro. Die Koalition hat sich darauf verständigt, das Geld vor allem durch Einsparungen einzusammeln.
Die DIW-Forscher gehen davon aus, dass dies die Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um 0,3 und im übernächsten Jahr um 0,2 Prozentpunkte drücken könnte. Die Politik der Ampel – Einsparungen in einer ohnehin konjunkturell schwierigen Lage – stünden entgegen der makroökonomischen Lehrbuchmeinung, heißt es beim DIW.
Die Bundesregierung habe in der Haushaltseinigung nicht die richtigen Prioritäten gesetzt, kritisiert DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Investitionen würden vernachlässigt. "Das dürfte die wirtschaftliche Entwicklung langfristig bremsen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gefährden", sagte der Ökonom.
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Haushalt: Bund traut sich nicht an klimaschädliche Subventionen
Die Ampel habe nicht den Mut gehabt, an der richtigen Stelle zu kürzen – nämlich bei den wirklich klimaschädlichen Subventionen. Allein durch die im Vergleich zu Benzin niedrigere Besteuerung von Diesel entgehen dem Fiskus jährlich 8,5 Milliarden Euro. Eine Angleichung der Steuersätze hätte das Haushaltsloch im kommenden Jahr halbiert. Doch das wollte die Koalition nicht. "Die Einigung der Bundesregierung bringt uns bei der ökologischen Transformation nicht voran", urteilte DIW-Chef Fratzscher.
In Summe mit einer weiter "bremsenden" Geldpolitik – sprich: hohen Leitzinsen – steuert die deutsche Wirtschaft einer ungewissen Zukunft entgegen.
Ifo-Chef watscht Ampel ab: "Da fehlt Konzept"
Neben dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat am Donnerstag auch das Münchner Ifo-Institut seine Wachstumsprognose nach unten korrigiert. Die liegt im kommenden Jahr bei 0,9 Prozent, aber "wahrscheinlich ist die vorliegende Prognose zu optimistisch", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Für Unsicherheit, gemeinhin Gift für die Konjunktur, sorge die Bundesregierung. Deren Wirtschafts- und Finanzpolitik sei widersprüchlich und nicht verlässlich.
Obwohl vieles eigentlich für einen Aufschwung spricht – höhere Löhne, ein Peak bei den Zinsen und ein Rückgang der Inflation – bleiben die Wachstumsaussichten mau. Die Regierung habe dagegen keine Strategie. "Da fehlt ein Konzept völlig", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
Auch das Leibnitz-Institut IWH in Halle rechnet im kommenden Jahr lediglich mit einem Mini-Plus von 0,5 Prozentpunkten.
Immerhin: Der Arbeitsmarkt dürfte relativ glimpflich durch das konjunkturelle Tief kommen. Die Münchner Wirtschaftsforscher vom Ifo-Institut rechnen zwar mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit um 191.000 Menschen in diesem und weiteren 82.000 im nächsten Jahr. Die Arbeitslosenquote steigt damit – auf allerdings weiterhin moderate 5,9 Prozent.
Verwendete Quellen
- Pressekonferenz des DIW Berlin
- dpa: Wirtschaftsforscher senken ihre Prognosen
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