Alexander Graham Bell gilt als Erfinder des Telefons. Doch das stimmt offenbar nicht: Er meldete nur als Erster das Patent an. Viel früher stellte der Deutsche Johann Philipp Reis das erste Telefon der Öffentlichkeit vor und prägte auch den Namen. Vor 180 Jahren kam der Erfinder auf die Welt. Er ist beileibe nicht der Einzige, dessen Erfindung nicht ihm selbst, sondern jemand anderem zu Ruhm verhalf.
Der gebürtige Schotte Alexander Graham Bell war der erste Pionier, der sich seine technische Apparatur im Jahre 1876 patentieren ließ. Eine ganze Reihe von Tüftlern sorgten aber mit ihren Ideen und Apparaten dafür, dass wir heute die Pizza nicht per Morsezeichen bestellen müssen. Darunter war auch Johann Philipp Reis, der am 7. Januar 1834 in Hessen geboren wurde. Wer letztlich der Erfinder des Telefons ist, bleibt umstritten, doch eines ist sicher: Bell stach seine Konkurrenten gekonnt aus.
Mehr als 20 Jahre vor der Patenterteilung für Bell, im Jahre 1854, beschrieb der französische Telegraphenbeamte Charles Boursel seine Idee für die elektrische Leitung von Schall. Er veröffentlichte seine Entwicklung auch, realisierte sie jedoch nie. Da war der Italo-Amerikaner Antonio Meucci schon einen Schritt weiter. Ebenfalls seit 1854 versuchte er, einen entsprechenden Apparat zu bauen, drei Jahre später hatte er Erfolg.
Johann Philipp Reis prägt das Telefon
Für die erste öffentliche Sprach- und Musikübertragung hingegen sorgte ein Deutscher: Der Lehrer für Naturwissenschaften Johann Philipp Reis stellte 1861 in Frankfurt am Main sein "Telefon" vor - bestehend aus einer hölzernen "Ohrmuschel" und einem "Trommelfell" aus Wurstpelle, auf dem Schallwellen über Platinkontakte in Stromstöße umgewandelt wurden. Zwar verkaufte sich Reis' Erfindung auch ins Ausland (auch Bell kannte sie), doch dachte niemand an eine kommerzielle Nutzung.
Unabhängig von Reis arbeitete auch Meucci weiter an seinem Fernsprecher. 1871 schließlich meldete er als Erster seinen Apparat zum Patent an, konnte jedoch die fälligen Patentgebühren nicht entrichten. Zwei Jahre später fielen Alexander Bell - der zeitgleich an einem Mehrfachtelegraphen arbeitete - Meuccis Unterlagen in die Hände. Als der Italiener diese zurückforderte, wurde ihm mitgeteilt, sie seien verloren gegangen. Anschließend dauerte es überraschenderweise nicht mehr lange, bis Bell im Februar 1876 ein Patent auf das Telefon einreichte - und damit einem anderen seiner Konkurrenten, Elisha Gray, um ganze zwei Stunden zuvor kam.
Lesen Sie im Folgenden über weitere Erfinder, die in Vergessenheit gerieten, deren Erfindungen aber weiterleben.
Wer hat die Glühbirne erfunden? Thomas Alva Edison?
Auch hier ist die allgemein bekannte Antwort nicht uneingeschränkt richtig. Zwar entwickelte Edison die Glühbirne zur Marktreife weiter und sorgte mit der richtigen PR-Arbeit dafür, dass sie der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, aber die Erfindung im technischen Sinn kann er sich nicht auf die Fahnen schreiben.
Der aus Deutschland stammende Uhrmacher und Optiker Heinrich Göbel war es, der im Jahr 1854 die erste funktionstüchtige Glühlampe herstellte. Er profitierte dabei von den Erkenntnissen Humphrey Davys, der ein knappes halbes Jahrhundert vorher herausgefunden hatte, dass man Platindraht mit Hilfe von elektrischer Spannung zum Glühen bringen kann. Da Platin jedoch sehr teuer war, begab sich Göbel auf die Suche nach Ersatzmaterialien. Fündig wurde er schließlich in verkohlten Bambusfasern, die er in einer luftleer gepumpten Kölnisch-Wasser-Flasche zum Glühen brachte. Die Glühbirne war erfunden - doch Göbel konnte mit seiner Entdeckung nichts anfangen.
Zwar hatte die Lampe eine Brenndauer von mehreren hundert Stunden, doch musste man sie mit Batterien betreiben - was sie unwirtschaftlich machte. Auch fehlte es Göbel an Einfluss, Marketinggespür und vor allem Geld, um seine Erfindung bekannt zu machen. So beließ er es dabei, die Glühlampe im Schaufenster seines Optikladens einzusetzen und meldete sie auch nicht zum Patent an.
Edison: Ein Meister der Eigen-PR
Da erwies sich Thomas Edison ein knappes Vierteljahrhundert später als geschäftstüchtiger. Allerdings hatte er auch den immensen Vorteil, dass Werner von Siemens 1866 den elektrischen Generator erfunden hatte, der eine Stromversorgung unabhängig von Batterien möglich machte. Also konnte Edison für seine neu entwickelte Lampe eine komplette "Infrastruktur" bauen - ein Stromnetz inklusive Kraftwerk, Kabel, Schalter und Lampenfassung. Auch in Sachen Eigen-PR erwies er sich als sehr talentiert: Am Neujahrsabend 1879 präsentierte er seine "Erfindung" in Menlo-Park in New Jersey der Öffentlichkeit und ließ sich feiern.
Natürlich war Edison ein brillanter Tüftler, der nicht nur die Glühlampe entscheidend weiterentwickelte - er hatte statt Bambus Kohlefäden verwendet. Zeit seines Lebens machte er knapp 2.000 Erfindungen und ließ sich ungefähr die Hälfte davon patentieren. Nur die Glühbirne hatte er nicht erfunden, sondern eben Heinrich Göbel, wie 1893 auch in einem Patentprozess offiziell festgestellt wurde. Göbel hatte von dieser späten Genugtuung leider nichts - er starb wenige Monate später.
Die tragische Geschichte des Smiley-Erfinders
Harvey Balls Erfindung – der Smiley – brachte die ganze Welt zum Lachen. Doch die Geschichte hinter dem lachenden Gesicht ist fast schon tragisch, denn andere wurden steinreich mit Balls Idee.
Die Geschichte des Smileys beginnt im Jahr 1963. Designer Harvey Ball, der 1959 seine eigene Firma gegründet hatte, erhielt einen Auftrag der Versicherungsgesellschaft "State Mutual Life Assurance Cos. of America". Balls Aufgabe: Einen Ansteckbutton entwerfen, der die Angestellten während der Arbeit zum Lächeln motivieren. Sein Entwurf war einfach, aber effektiv: Binnen zehn Minuten zeichnete er einen gelben Kreis, setzte darin zwei Punkte und einen weiteren "lächelnden" Halbkreis. Der Smiley war geboren. Balls Honorar: 45 Dollar. Ein Hungerlohn angesichts des riesigen Erfolgs des kleinen Buttons. Aus den ursprünglich 100 Exemplaren für die Versicherungsangestellten wurden bis 1971 50 Millionen Buttons.
Doch die Sache hat einen Haken: Ball hatte sich kein Patent für den Smiley gesichert. Außer den 45 Dollar für den ursprünglichen Entwurf floss kein weiteres Geld auf das Konto des Designers, reich wurde er durch seine Erfindung nicht. Stattdessen meldete der französische Journalist Franklin Loufrani 1996 in Frankreich ein Geschmacksmuster auf das stilisierte Lächeln an und wurde dadurch zum Millionär. Sein Entwurf unterscheidet sich hauptsächlich in den geänderten Proportionen vom Original.
Smiley-Erfinder verliert nicht den Humor
1999 gründete Ball deswegen die "World Smile Foundation" und kämpfte um die Anerkennung als wahrer Vater des Smileys. Die Organisation verkauft auch heute noch lizenzierte Smiley-Produkte und stiftet das Geld an wohltätige Organisationen. Bereut hat er den finanziellen Verlust allerdings nie, wie sein Sohn, Charles Ball, in mehreren Interviews verriet. Sein Vater sei kein geldgetriebener Mann gewesen. Er habe immer gesagt: "Man kann immer nur ein Steak essen und immer nur ein Auto fahren." Harvey Ball starb am 12. April 2001 im Alter von 79 Jahren. Doch sein ewig lächelnder Smiley und das Lächeln der Kinder, denen seine Organisation hilft, haben seinen Tod bei weitem überdauert.
Wem glückte der erste Motorflug?
Gemeinhin gelten die Brüder Wilbur und Orville Wright als die ersten Menschen, denen ein Flug in einem motorbetriebenen Fluggerät gelang. Sie gelten als die Erfinder des Motor-Flugzeugs. Sicher ist das aber keineswegs.
Am 17. Dezember 1903 sorgten die beiden Amerikaner für einen großen Presse-Wirbel. Mit ihrem Doppeldecker-Motorflugzeug "Flyer" gelang ihnen in den Sanddünen von Kitty Hawk, North Carolina, jeweils zwei Flüge. Der längste dauerte 59 Sekunden. Wilbur steuerte den Apparat dabei 260 Meter weit. An diesen Fakten rüttelt keiner. Denn sie hatten Zeugen vor Ort und es gibt Fotografien des Ereignisses. In der ganzen Welt verbreitete sich die Nachricht über den Erfolg der Flugpioniere rasch und unbestritten verhalfen die Brüder dem Motorflug zum Durchbruch. Denn sie schafften es als Erste, ihre Erfindung so zu verbessern, so dass schließlich ein kommerzielles Produkt daraus entstand.
Gustav Weißkopf: Flugpionier aus Franken
Unsicher ist jedoch, ob die Wights auch tatsächlich den Anspruch auf den ersten Motorflug erheben können. Es mehren sich die Hinweise, dass einem deutscher Einwanderer in die USA genau das schon am 14. August 1901 gelang. Der Franke Gustav Weißkopf - in den USA nannte es sich Gustave Whitehead - soll damals mit seinem "Modell Nr. 21" in Connecticut abgehoben sein. Eine halbe Meile (800 Meter) soll er in dem Flugapparat mit den von ihm konstruierten und gebauten Motoren zurückgelegt haben. Der Haken: Es gibt keine Fotos und die mediale Aufmerksamkeit war nicht annähernd so groß wie zweieinhalb Jahre später bei den Wright-Flügen.
Lange wurden die Geschichten um Weißkopf als Legenden abgetan. Doch nun will der Luftfahrthistoriker John Brown nach 14-monatiger Recherche neue Beweise gefunden haben: Angeblich gibt es doch ein Foto und einige Zeitungsberichte. Jedenfalls erkennt seit März 2013 auch das Kompendium "Jane's All the World's Aircraft" Weißkopfs Flug an. Dabei handelt es sich um ein angesehenes Luftfahrt-Nachschlagewerk.
Johannes Gutenberg - der Erfinder des Buchdruckes?
Vielleicht muss man sich nicht vollständig von dem Gedanken verabschieden, Johannes Gutenberg habe den Buchdruck "erfunden". Zumindest aber muss man ihn geographisch einschränken: In unseren Breiten war Gutenberg derjenige, der Mitte des 15. Jahrhunderts die Verbreitung von Büchern und sonstigen Schriften durch Verwendung einzelner beweglicher Lettern ermöglichte. Doch in China war dieses System schon Jahrhunderte vorher bekannt.
Bereits im zweiten Jahrhundert nach Christus wurden im Reich der Mitte bedeutende Schriften in Steinplatten geschnitten, so dass man sie bei Bedarf reproduzieren konnte. Im siebten Jahrhundert begannen die Asiaten, einzelne Schriftzeichen aus Holz zu fertigen, mittels derer man über mehrere hundert Jahre lang neben Büchern auch Spielkarten, Kalender oder Geldscheine drucken konnte.
Mitte des elften Jahrhunderts experimentierte Bi Sheng mit beweglichen, einzeln hergestellten Druckstempeln aus Keramik, die er mit Wachs und Harz auf Eisenplatten anordnete. Neben Keramik wurden bald auch wieder Lettern aus Holz verwendet, aber auch Kupfer, Blei oder Messing kamen erfolgreich zum Einsatz. Das Drucken mit Einzellettern war somit erfunden, konnte sich in China aber nicht durchsetzen, und zwar aus einem einfachen Grund: In der chinesischen Schrift gab es schlicht und ergreifend zu viele Zeichen.
Gutenberg macht Buchdruck massentauglich
Da hatte es Johannes Gutenberg mit dem gerade einmal 26 Buchstaben umfassenden deutschen Alphabet und einigen wenigen Satzzeichen natürlich bedeutend einfacher. Genau genommen hat Gutenberg jedoch nicht einmal den Buchdruck erfunden, sondern "lediglich" den Druck mit beweglichen Lettern. Denn gedruckt wurde vorher auch schon, und zwar per Holzdruck, was jedoch ziemlich zeit- und materialaufwändig war. Daher war Gutenbergs Idee, die Texte in ihre Einzelelemente zu zerlegen, der entscheidende Fortschritt. Der bedeutendste Teil der Erfindung war ein Handgießinstrument, mit dem es möglich war, schnell und unkompliziert immer wieder neue und - was sehr wichtig war - identische Lettern herzustellen.
Die Lettern entstanden folgendermaßen: Das gewünschte Zeichen schnitten die Schriftgießer seitenverkehrt in hartes Metall, um eine so genannte Patrize herzustellen - quasi das Negativ des Zeichens. Diese Patrize schlugen sie dann in einen Block weicheren Metalls, so dass sich eine Matrize des Zeichens entstand. Diese konnten die Schriftgießer mit Hilfe des Handgießinstruments beliebig oft reproduzieren.
(cze/mgb/ah)
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