Neueste Messungen der Weltorganisation für Meteorologie sorgten jüngst für einen Schock: Jahrelang hielt sich die internationale Gemeinschaft eisern an das FCKW-Verbot. Irgendwo in Ostasien jedoch wird das klimaschädigende Gas wieder in riesigen Mengen freigesetzt. Ein Klima- und Atmosphärenforscher erklärt, was das für uns bedeutet.

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Die Entdeckung des Ozonlochs über der Antarktis Mitte der 1980er Jahre rüttelte die internationale Staatengemeinschaft auf - und sie reagierte: Mit dem Montrealer Protokoll wurde 1987 schnell ein weltweites Verbot für die ozonzerstörenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) eingeläutet.

Industrienationen dürfen FCKW seit 1995 nicht mehr verwenden, seit 2010 gilt ein internationales Produktionsverbot für alle Länder.

Die messbaren Folgen in der Atmosphäre gaben Wissenschaftlern Anlass zur Hoffnung: In dem alle vier Jahre veröffentlichten Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ging man 2014 davon aus, dass sich das Ozonloch bis zum Jahr 2050 weitgehend schließen könnte.

Neue Messergebnisse für den im September 2018 folgenden WMO-Bericht stellen jedoch alles in Frage.

"Denn seit 2012 geht der Chlorgehalt in der Atmosphäre nur noch um die Hälfte zurück im Vergleich zu den Vorjahren", erklärt Professor Martin Dameris, Klima- und Atmosphärenforscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Weßling.

"Das hat nichts mit alten Kühlschränken zu tun"

Als er dies von seinen amerikanischen Kollegen erfahren habe, sei er erschrocken, geschockt und total verärgert gewesen, sagt Dameris. Denn: Irgendwo auf der Welt wird FCKW offenbar wieder in großen Mengen produziert und freigesetzt. Modellrechnungen weisen auf die Region Ostasien hin.

"Das hat nichts mit alten Kühlschränken zu tun, das ist im großen Stil und muss von einer chemischen Industrie kommen", schimpft der Klimaforscher.

Seit vielen Jahren schon gebe es keinerlei Produkte mehr mit FCKW, das früher in Spraydosen, als Kältemittel für Kühl- und Gefrierschränke sowie für Klimaanlagen, für die Herstellung von Isoliermaterial und Feuerlöschern verwendet wurde.

Einzige Ausnahme sei die Medizin- und Pharmaindustrie, "doch das ist so gering, dass es zu vernachlässigen ist".

Sind teure Ersatzstoffe der Grund?

Für den Atmosphärenforscher ist es unverständlich, warum Unbekannte gegen das internationale FCKW-Verbot verstoßen - "denn bis 2012 hat das super geklappt".

Mittlerweile gebe es für alle Einsatzbereiche Ersatzstoffe, die im Prinzip für die Atmosphäre unschädlich seien. Allerdings seien diese Ersatzstoffe teurer als FCKW.

Profitmaximierung könnte also ein Grund sein. Martin Dameris hofft, "dass diese Verbrecher sofort gefunden und bestraft werden, denn sie wissen genau, dass sie die Atmosphäre schädigen und damit uns und unsere Umwelt negativ beeinflussen."

Mehr Sonnenbrände und Hautkrebs

Die Folgen der neuerlichen FCKW-Freisetzung erklärt der Wissenschaftler so: Die Ozonschicht erhole sich trotzdem weiter, allerdings könne der anvisierte Termin Mitte des 21. Jahrhunderts nach hinten verschoben werden.

Das heißt für uns Menschen: Die Gefahr von Sonnenbränden, Hautkrebs und Augenerkrankungen durch erhöhte UV-Strahlung nimmt nicht so schnell ab.

"Alles hängt nun davon ab, wie viel produziert wird und wann es gestoppt werden kann", meint Martin Dameris.

Das dürfte jedoch ein schwieriges Unterfangen werden. Wissenschaftler könnten zwar die Region eingrenzen, wo der FCKW-Ausstoß herkomme.

"Doch einen Beweis können wir nicht erbringen. Dafür braucht es einen Mitarbeiter, der etwas verrät, oder man bekommt heraus, wo die Substanzen auf dem Markt angeboten werden."

Erschwerend kommt hinzu, dass FCKW für den Menschen unsichtbar und ungiftig ist.

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