Bei Funden aus der Entstehungszeit der Dinosaurier klaffte bislang eine riesige Lücke. Nun haben Forscher ein fehlendes Bindeglied entdeckt. Der Fund bietet überraschende Einblicke in die Evolution der Tierwelt vor 245 Millionen Jahren.
Eine Entdeckung aus Tansania gibt Einblick in die frühe Entwicklung der Dinosaurier und Vögel. Im Fachblatt "Nature" beschreibt ein internationales Team um Sterling Nesbitt vom Virginia Tech in Blacksburg eine Echse, die vor etwa 245 Millionen Jahren lebte - rund zehn Millionen Jahre vor den frühen Dinosauriern.
Überraschenderweise trägt Teleocrater rhadinus sowohl Merkmale, die bislang als typisch für Dinosaurier galten, als auch Eigenschaften von Krokodilen. "Die Entdeckung von Teleocrater ändert unsere Vorstellungen von der frühesten Geschichte der Dinosaurier-Verwandten fundamental", sagt Nesbitt. Die bisherige Lehrmeinung müsse überdacht werden.
Alle Vögel, Krokodile, Dinosaurier und Flugsaurier gehen auf die Gruppe der Archosauria zurück. Diese Ur-Reptilien spalteten sich vor etwa 250 Millionen Jahren in zwei Linien: die sogenannten Crurotarsi, deren einzige heutige Vertreter die Krokodile sind, und die Avemetatarsalia, den Ahnen von Dinosauriern, Flugsauriern und Vögeln. Von dieser Gruppe - Avemetatarsalia heißt frei übersetzt Vogelfüßige - ist Teleocrater der früheste bekannte Vertreter.
Bisher hatten Forscher kein gutes Bild der Evolution aus dieser Phase, denn gut erhaltene Fossilien gab es kaum. Nun beschreibt das Team eine im Ruhuhu-Becken in Südtansania gefundene Echse, die diese Lücke füllt - und viele Überraschungen bietet.
Fund birgt Überraschungen
Der zwei bis drei Meter lange Teleocrater lebte vor etwa 245 Millionen Jahren, hatte einen langen Hals und Schwanz, fraß Fleisch und lief auf vier Beinen. Schon Letzteres ist überraschend, denn nach bisheriger Lehrmeinung waren die typischen Vorläufer der Dinosaurier, als deren Vertreter etwa Marasuchus oder Lagerpeton gelten, kleine Zweibeiner von der Größe etwa eines Huhns.
Der Fund zeige, dass etliche den Dinosauriern zugeschriebene Eigenschaften schon sehr viel früher entstanden, schreiben die Forscher und nennen als Beispiel die Architektur der Kiefermuskulatur. Zusätzlich hatte die 10 bis 30 Kilo schwere Echse aber noch andere erstaunliche Charakteristika. "Teleocrater hat überraschenderweise Krokodil-artige Merkmale, die uns dazu zwingen, unsere Annahmen über die frühe Phase der Dinosaurier-Entwicklung zu überprüfen", sagt Ko-Autor Ken Angielczyk vom Field Museum in Chicago.
Dazu zählen vor allem die Beine mit besonders beweglichen Fußgelenken. Damit habe sich Teleocrater - obwohl er nach Einschätzung der Forscher zu den "Vogelfüßigen" zählt - eher wie ein Krokodil fortbewegt und nicht wie ein heutiger Laufvogel.
"Der Fund deckt einen Bereich ab, der bisher nicht bekannt war, und er verändert das Gesamtbild stark", sagt Bernd Herkner, Leiter des Senckenberg-Museums in Frankfurt. "Bisher dachte man, dass die Vorfahren und die frühen Vertreter der Dinosaurier kleine flinke Läufer auf zwei Beinen waren." Der Fund zeige nun, dass die Entwicklung sehr viel komplexer verlaufen sei.
Teleocrater-Fossilien waren im Süden von Tansania schon 1933 entdeckt und in den 1950er Jahren untersucht worden, ohne dass Forscher die wenigen Überreste einordnen konnten. Dies gelang erst, nachdem Paläontologen 2015 in dem Gebiet weitere Fossilien der Echse fanden und im Labor analysierten. © dpa
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