Wie roch der Balsam, mit dem Mumien im alten Ägypten mumifiziert wurden? Dieser Frage ist ein Forschungsteam nachgegangen. Es bildete einen Duft nach, der bei der Mumifizierung einer bedeutenden ägyptischen Frau vor mehr als 3.500 Jahren verwendet wurde.

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"Duft der Ewigkeit" nennt ein Forschungsteam des Max-Planck-Institut (MPI) für Geoanthropologie in Jena ein Parfüm, das einem altägyptischen Mumifizierungsbalsam nachempfunden wurde. Der Duft basiert auf den physikalisch-chemischen Analysen eines fast 3.500 Jahre alten Balsams. Darüber berichtet das Team um Nicole Boivin vom MPI für Geoanthropologie im Fachmagazin "Scientific Reports".

Bedeutung der Personen zeigt sich in Inhaltsstoffen des Balsams

Es war Howard Carter, der berühmte Entdecker des Grabes von Tutanchamun, der im Jahr 1900 das Grab mit der späteren Bezeichnung KV42 fand. Bestattet war hier auch eine adelige Dame namens Senetnay, die früheren Forschungserkenntnissen zufolge die Amme des Sohns von Thutmosis III., dem sechsten Pharao der 18. Dynastie im Neuen Reich, war. Sie wurde ungefähr 1450 vor Christus einbalsamiert.

"Die Anzahl der importierten Inhaltsstoffe für ihren Balsam unterstreicht auch die Bedeutung Senetnays als wichtiges Mitglied des inneren Kreises des Pharaos", wird Archäologin Boivin in einer Mitteilung ihres Instituts zitiert.

Zur Vorbereitung der Mumifizierung wurden den Verstorbenen viele innere Organe entnommen. Oftmals wurden diese ebenfalls mumifiziert und in speziellen Gefäßen, Kanopenkrüge genannt, aufbewahrt. Die Kanopenkrüge, die ursprünglich die Lunge und die Leber von Senetnay enthielten, befinden sich heute im Hannoveraner Museum August Kestner. Die Forschenden nahmen Proben vom Inneren der Gefäße – von den Wänden wie vom Boden –, wo Reste des Mumifizierungsbalsams zu finden waren. Mit drei hochentwickelten Chromatographie-Massenspektrometrie-Verfahren untersuchten sie die Balsamreste auf ihre Inhaltsstoffe.

Forschende entschlüsseln, aus welchen Inhaltsstoffen der Balsam bestand

Das Forschungsteam fand vielerlei organische Säuren, die überwiegend bestimmten organischen Substanzen zugeordnet werden konnten: Bienenwachs, Pflanzenöl, Fette und Bitumen. Weitere Säuren stammten aus Nadelbaumharz, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten Lärchenharz. Weil Nadelbäume in Ägypten nicht vorkommen, muss das Harz importiert worden sein. Zwei organische Säuren – die Dammarenolsäure und Oleanolsäure – kommen sowohl im Harz von Pistazienbäumen als auch im Dammarharz vor; Dammarharz wird aus Flügelfruchtgewächsen gewonnen, die in Indien und auf südostasiatischen Inseln wachsen.

"Diese komplexen und vielfältigen Inhaltsstoffe, die für diese frühe Zeitperiode einzigartig sind, bieten ein neues Verständnis für die differenzierten Mumifizierungspraktiken der damaligen Zeit."

Christian Loeben, Ägyptologe

Beide Harze sind nachweislich bei anderen Mumien für den Mumifizierungsbalsam verwendet worden. Falls sich die Verwendung von Dammarharz bestätigen sollte, wäre dies ein Hinweis darauf, dass die Ägypter bereits knapp ein Jahrtausend früher als bisher bekannt Zugang zu Handelsrouten aus Südostasien hatten.

"Diese komplexen und vielfältigen Inhaltsstoffe, die für diese frühe Zeitperiode einzigartig sind, bieten ein neues Verständnis für die differenzierten Mumifizierungspraktiken der damaligen Zeit", sagt Mitautor Christian Loeben, Ägyptologe und Kurator am Museum August Kestner.

Parfum auf Basis der Balsam-Analysen entwickelt

Unter der Leitung von Barbara Huber vom MPI für Geoanthropologie entwickelte das Forschungsteam zusammen mit der französischen Parfümeurin Carole Calvez und der sensorischen Museologin Sofia Collette Ehrich ein Parfüm auf der Basis der Balsamanalyse, das eine zeitliche Kluft von fast 3.500 Jahren überbrücken soll. Besucher des Moesgaard Museums in der Nähe von Aarhus (Dänemark) werden es demnächst riechen können.

Mumienduft
Nachbildung des historischen Duftes durch Parfümeurin Carole Calvez. © dpa / Max-Planck-Institut für Geoanthropologie/ Barbara Huber

Zum Parfüm erklärt Huber: "Der 'Duft der Ewigkeit' steht für mehr als nur das Aroma des Mumifizierungsprozesses; er verkörpert die reiche kulturelle, historische und spirituelle Bedeutung der altägyptischen Begräbnispraktiken." (Stefan Parsch, dpa/sbi)

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