Bedingt durch den Menschen und den Klimawandel breiten sich invasive Arten immer weiter aus. Die nicht-heimischen Tiere, Pflanzen und Pilze verursachen wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Wie eine Studie zeigt, sind die Kosten teils höher als jene, die durch Naturkatastrophen entstehen.

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In Zeiten der Globalisierung reisen nicht nur Menschen und Konsumgüter um die Welt, sondern auch Tiere, Pflanzen und Pilze. Manche davon kommen gezielt durch Einfuhr nach Europa, andere nicht: invasive gebietsfremde Arten. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz erklärt dazu: "In einigen Fällen können sich die Neuankömmlinge etablieren, massenhaft vermehren und hier natürlich vorkommende Ökosysteme, Biotope oder Arten schädigen, zum Beispiel durch Verdrängung natürlich vorkommender Arten oder Veränderung der Vegetationsstruktur."

Eben diese invasiven Arten verursachen einen hohen finanziellen Schaden. Sie richten sogar so viel Schaden an wie Naturkatastrophen, fand ein Forschungsteam der Universität Wien laut einer aktuellen Mitteilung heraus.

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"Die Kosten invasiver Arten werden nur von Stürmen übertroffen"

Die Ergebnisse der Studie mit Beteiligung von Franz Essl von der Universität Wien und Phillip Haubrock vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt wurden in der Fachzeitschrift "Perspectives in Ecology and Conservation" veröffentlicht. Das Forschungsteam verglich erstmals die Kosten der Schäden, die durch invasive Arten entstehen, mit jenen von Naturkatastrophen. Dafür nutzte es Daten zu den globalen Kosten invasiver Arten und stellte diese den Kosten von Naturkatastrophen gegenüber.

"Das Ergebnis hat uns selbst überrascht", sagt Phillip Haubrock. "Die Kosten invasiver Arten werden nur von Stürmen übertroffen, aber sie sind höher als die Kosten, die durch die anderen Umweltkatastrophen verursacht werden." Außerdem seien die Schäden invasiver Arten für den Zeitraum seit der Jahrtausendwende im Vergleich zu den Schäden für den Zeitraum 1980 bis 1999 rasant um 700 Prozent gestiegen. "Sie stiegen damit wesentlich schneller als die Kosten von Naturkatastrophen im selben Zeitraum", erklärt der Forscher.

So beobachtet das Forschungsteam in seiner Studie, dass die Auswirkungen einzelner invasiver Arten zwar oft allmählich eintreten würden. Die kollektiven Auswirkungen biologischer Invasionen aber im Laufe der Zeit massiv seien. Weltweit haben sich demnach die Schadenskosten durch invasive Arten zwischen 1980 und 2019 auf 1.208,0 Milliarden US-Dollar belaufen.

Invasive Arten vertreiben heimische

Immer mehr Tiere und Pflanzen gelangen aus ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten in andere. Einige gebietsfremde Arten würden für heimische Arten zum Problem – "als Räuber, Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum oder Überträger von Krankheiten", sagt Franz Essl von der Universität Wien. "Diese sogenannten invasiven Arten können daher hohe Schäden verursachen."

Als Beispiele nennt er etwa den Maiswurzelbohrer, ein Käfer, der im Maisanbau der gefährlichste Schädling ist, oder die Varoa-Milbe, die bei Imkern gefürchtet sei. Als eine invasive Pflanze in Mitteleuropa nennt er den Ragweed mit stark allergenen Pollen. Laut dem Bundesamt für Naturschutz zählen auch Riesen-Bärenklau und die Beifußblättrige Ambrosie zu schädlichen invasiven Arten: Sie enthalten Stoffe, die Verbrennungen oder Allergien beim Menschen verursachen können.

Bislang konnten sich in Deutschland etwa 1.200 gebietsfremde Arten dauerhaft etablieren und ausbreiten. Etwa zehn Prozent davon können Naturschutz-Probleme bereiten und wirtschaftliche Schäden verursachen, etwa indem sie für Ernteausfälle in der Land- und Forstwirtschaft sorgen. Bislang unbekannte Insekten könnten gefährliche Krankheiten verbreiten und neue Blütenpflanzen zu allergischen Reaktionen bei Menschen beitragen.

Mensch und Klimawandel tragen zur Einschleppung bei

Die Aktivitäten des Menschen hätten in den vergangenen Jahrzehnten zu einer rasant steigenden Einschleppung von gebietsfremden Arten in Länder außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets geführt, berichtet das Wiener Forschungsteam. "Tausende Pflanzen und Tiere sind nun in Regionen ansässig, die sie ohne die Hilfe des Menschen nie erreicht hätten." Zwar mache nur ein kleiner Teil dieser Arten Probleme, allerdings zeige die Studie, dass die von ihnen verursachten Schäden enorm seien.

Auch der Klimawandel trägt zur Verbreitung invasiver Arten bei. Durch ihn werde es "wahrscheinlich zu einer deutlichen Verschärfung der Probleme durch invasive Arten kommen", berichtet das Bundesamt für Naturschutz. Denn gebietsfremde Arten würden häufig besser auf veränderte klimatische Bedingungen reagieren, weil sie sich oft leichter anpassen und schneller verbreiten. Hinzu kommt: Viele Arten lieben Wärme. Die Klimaerwärmung spielt ihnen somit in die Karten. Dadurch haben sie heimischen Arten gegenüber einen Konkurrenzvorteil.

Laut dem Forschungsteam ist es deshalb entscheidend, diese Arten noch besser als bisher frühzeitig zu identifizieren und deren Einschleppung zu verhindern. Essl sagt: "Es ist daher wichtig, die seit dem Jahr 2015 gültige EU-Verordnung zu invasiven Arten strikt umzusetzen und durch nationale Gesetze zu ergänzen."

Verwendete Quellen:

  • Pressemitteilung der Universität Wien: "Invasive Arten richten so viel Schaden an wie Naturkatastrophen" (18. April 2023)
  • sciencedirect.com Studie "Biological invasions are as costly as natural hazards"
  • Website des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
  • Website des Bundesamts für Naturschutz
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