Faktenchecks kommen gegen die Flut von Falschnachrichten zur Klimakrise kaum noch an. Doch was wäre, wenn wir gegen Fake News immun sein könnten?

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Elena Matera (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Immer wieder lese ich Beiträge und Kommentare in sozialen Medien, in denen der menschengemachte Klimawandel bestritten wird. Stattdessen wird betont, dass es globale Temperaturschwankungen schon immer gegeben habe. Es sind Fake News, die gerade von rechtspopulistischen Gruppen nur zu gerne gestreut werden.

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Die Wissenschaft ist sich einig: Der Klimawandel ist menschengemacht

Ja, dass es natürliche Temperaturschwankungen gibt, wissen auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Deshalb rechnen sie diese Schwankungen auch in ihren Klimaprojektionen mit ein. Und daher sehen sie auch deutlich, dass die natürliche Erwärmung eben nicht ausreicht, um zu erklären, warum die Erdtemperatur in den vergangenen 150 Jahren so stark und schnell gestiegen ist.

Allein im vergangenen Jahrhundert hat sich die globale Mitteltemperatur um mehr als 1,2 Grad Celsius erhöht. In den vergangenen Jahrtausenden hat sich das Klima der Erde noch nie an so vielen Orten gleichzeitig erwärmt, wie wir es derzeit beobachten können. Dieser starke Anstieg ist nur durch die menschengemachte Erwärmung erklärbar. Und darüber ist sich die Wissenschaft weltweit zu 99 Prozent einig – ein extrem hoher Wert.

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Fake News widerlegen

Die gezielte Desinformation in Sachen Klimakrise wird genutzt, um Unsicherheiten in der Bevölkerung zu schüren, verzerrte Weltbilder zu kreieren, die Gesellschaft zu spalten. Lügen werden in der Gesellschaft verbreitet und damit auch die Skepsis gegenüber Klimaschutzmaßnahmen, die so dringend umgesetzt werden müssen.

Bislang geht man gegen Fake News vor allem mithilfe von Faktenchecks vor. Das nennt man auch Debunking, also das Widerlegen beziehungsweise Entlarven von Falschnachrichten. Es gibt viele empfehlenswerte Faktenchecks, wie der des Recherchenetzwerks CORRECTV oder der #Faktenfuchs von BR24. Das Problem: Trotz dieser Angebote verbreiten sich Fake News zum Klimawandel weiter. Wir scrollen und teilen unüberlegt Nachrichten, Videos, Fotos. Und so verbreiten sich auch Fake News rasant. Faktenchecks kommen dagegen kaum an.

Helfen soll daher das sogenannten Prebunking, eine präventive Maßnahme, damit es gar nicht erst zu viralen Verbreitungen von Fake News kommt. Man könnte Prebunking als eine Art psychologische "Impfung" der Gesellschaft bezeichnen. Das Ziel: Die Bevölkerung soll mentale Antikörper bilden, um sich gegen Falschinformationen zu immunisieren.

Prebunking: Eine gesellschaftliche Impfung

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Cambridge haben die Methode des Prebunking in einer Studie auf ihre Praxistauglichkeit überprüft. Rund 23.000 Menschen sahen sich dafür fünf verschiedene Videos auf YouTube an, die in kurzen Clips über die Hauptmethoden von Fake News aufklärten.

So wurde zum Beispiel in den Videos erläutert, dass bei Falschnachrichten oft mit emotionalisierender Sprache gearbeitet wird, um bei den Menschen starke Gefühle zu wecken. Bestimmte Gruppen werden pauschal für Missstände verantwortlich gemacht. Auch Panikmache und die Ablenkungstaktik Whataboutism – also zum Beispiel auf eine schwierige Frage mit einer Gegenfrage abzulenken – sind ebenso beliebte Methoden bei Fake News. Und dann gibt es schließlich die Suche nach dem Sündenbock, um von den Ursachen für Probleme abzulenken.

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Google sensibilisiert für Falschinformationen im Internet

Tatsächlich zeigte die Studie, dass das Prebunking wirkt. Den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern ist es dank der Videos leichter gefallen, anschließend vertrauenswürdige von nicht vertrauenswürdigen Informationen zu unterscheiden.

Im Herbst und Winter 2022 hat Google eben solche Aufklärungsvideos erstmals in Polen, Tschechien und der Slowakei ausgespielt. Die Videos wurden laut Google mehr als 37 Millionen Mal aufgerufen. Auch in Deutschland startete die Prebunking-Kampagne von Google im Juni dieses Jahres. In den Videos geht es nicht um bestimmte Themen, sondern eben um die gängigsten Manipulationstechniken.

Googles Kampagne ist ein erster Schritt, aber wir bräuchten dringend groß angelegte Prebunking-Maßnahmen. Auch im aktuellen Nahostkonflikt sehen wir: Fake News verbreiten sich unkontrolliert weiter. Viel zu viele Menschen fallen darauf rein – mit schwerwiegenden Konsequenzen. Ob Kriege, Migration oder eben der Klimawandel, mit Prebunking könnten wir Falschnachrichten in großem Umfang eindämmen. Also: Her mit der "Impfung" gegen Fake News!

Verwendete Quellen:

Alarmierende Entwicklung: Schelfeis in der Antarktis schrumpft rasant

Fast 44 Prozent des Schelfeises in der Antarktis sind in den vergangenen 25 Jahren geschrumpft, so eine neue Studie. Forschende der Universität Leeds haben dafür 100.000 Satellitenbilder ausgewertet. Grund für die alarmierende Entwicklung ist nach Ansicht der Wissenschaftler die Klimaerwärmung.

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