• Unter parkenden Autos auf Straßen und Gehwegen sammeln sich im Sommer Hitzepolster.
  • Kann der Asphalt nachts nicht abkühlen, steigen die Temperaturen immer weiter an.
  • Der ruhende Verkehr führt so zu mehr tropischen Nächten.
  • Durch in Grünflächen umgewandelte Parkplätze können die Städte besser abkühlen.

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Städte sind besonders mobile Orte. Quirlige Geschäftsstraßen, die Wege zur Arbeit in einem anderen Viertel und erholungssuchende Freizeitbummler. Besonders beliebt sind bei Bewohnern und Besuchern Städte, in denen man ungestört flanieren kann und gut vorankommt. Unangenehm sind dagegen Straßen mit viel Autoverkehr, engen Gehwegen neben Parkstreifen und im Sommer auch noch ohne Schatten.

Ein Viertel des CO2-Ausstoßes, gesundheitsschädigende Luftverschmutzung und stressiger Lärm entstehen durch Kraftfahrzeuge. Aber auch mit abgestelltem Motor beeinflussen parkende Autos das Klima in den Städten negativ. Der ruhende Verkehr sorgt besonders im Sommer für eine immer stärker ansteigende Überhitzung.

Tropische Nächte sind gesundheitsschädlich

Nicht nur die Karosserien aus Blech und Kunststoff speichern die Wärme der tagsüber scheinenden Sonne. Auch der Asphalt auf unbeschatteten Straßen und Gehwegen sammelt die Strahlungsenergie und heizt sich bis zu 60 Grad auf.

Werden abends auf dem überhitzten Asphalt Autos über Nacht abgestellt, kann das Wärmepolster darunter nicht entweichen. Eine Hitzeblase bleibt bis zum nächsten heißen Sonnentag erhalten und treibt schon am Morgen die Temperaturen hoch.

Kommt es so zu "Tropischen Nächten" mit über 20 Grad, finden viele Menschen keinen erholsamen Schlaf und leiden umso mehr unter den belastenden Temperaturen.

Eine Studie über die vergangenen drei Jahre verzeichnet in Deutschland eine Übersterblichkeit von 20.000 Toten, die durch die übergroße Hitze zu erklären ist. 2018 allein gab es 8.700 sogenannte Hitzetote, besonders verletzlich ist dabei die Gruppe der über 65-Jährigen.

Garagen werden zu oft zweckentfremdet

"Parkende Autos müssen raus aus den Straßen," fordert Matthias Schuster von der Architektenkammer Baden-Württemberg. "Unsere Städte bekommen für alle mehr Qualität, wenn statt Parkplätzen mehr Grünflächen oder Sitzmöglichkeiten angeboten werden." Als Alternativen zu den Abstellflächen im öffentlichen Raum nennt der Architekt und Stadtplaner Parkhäuser oder auch Parkregale. Mit einer Fassadenbegrünung, einer Fotovoltaikanlage oder einer Sportfläche auf dem Dach bekommen die funktionalen Gebäude für Autos sogar einen zusätzlichen Nutzen.

Um Parkhäuser für Autobesitzer attraktiv zu machen, dürfen Parkplätze auf der Straße nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden: "Wer ein Auto oder auch mehrere haben will, kann das natürlich. Er muss sie aber auch selbst unterhalten. Das gilt auch für die Unterbringung," argumentiert Schuster.

Auch im ländlichen Raum und in stadtnahen Einfamilienhaussiedlungen, wo öffentliche Grünflächen und Gehwege bislang ohnehin auf das Nötige reduziert sind, wäre dann auf den Straßen mehr Platz für Grünflächen und Bäume: Schätzungsweise ein Fünftel der vorhandenen Garagen wird nicht für Autos, sondern als Lagerraum oder für Hobbys genutzt.

So stehen in Tiefgaragen ganze Oldtimersammlungen oder in der Doppelhausgarage das Outdoor-Equipment aus Fahrrädern, Mountainbikes, Tischtennisplatte und Surfbrettern der gesamten Familie, während das Auto draußen auf der Straße parkt.

Mehr abkühlende Grünflächen statt Parkplätze

Wäre jeder fünfte Parkplatz in einer Straße frei für einen schattenspendenden Baum oder eine blühende und wasserspeichernde Grünfläche, könnten sich im Sommer die Straßen über Nacht besser abkühlen. "Früher hat man Mittel und Wege für mehr Stellplätze gefunden. Jetzt müssen wir Mittel und Wege für mehr begrünte Flächen finden. Wir wollen doch alle lieber in einer Umgebung wohnen, die lebenswert und gesund ist," macht Matthias Schuster deutlich.

Über den Experten: Matthias Schuster ist Freier Architekt und Stadtplaner. Im Landesvorstand der Architektenkammer Baden-Württemberg vertritt er die Fachrichtung Stadtplanung. Er ist Mitglied im Städtebauausschuss der Landeshauptstadt Stuttgart. Für ihn ist die Stellplatzfrage ein wichtiges Thema: "Die vielen Stellplätze im öffentlichen Raum blockieren die klimaresiliente Entwicklung unserer Städte."

Hitzewellen: Ausmaß der Auswirkungen des Klimawandels wohl größer als erwartet

In einer neuen Studie kritisieren Forscherinnen und Forscher, dass der Klimawandel als Treiber von Hitzewellen wohl unterschätzt wird. Hitzewellen würden häufiger und intensiver auftreten. Sie seien direkt für Zehntausende Todesfälle weltweit verantwortlich, heißt es. (Bildquelle: picture alliance / NurPhoto | Mayank Makhija)

Verwendete Quellen:

  • Pressemitteilung Verkehrsclub Österreich (VCÖ): Straßen in Städten müssen rascher an Erderhitzung angepasst werden (28. Juni 2022)
  • Deutsches Ärzteblatt 26/2022: "Hitzebedingte Mortalität in Deutschland zwischen 1992 und 2021" (13. April 2022)
  • Umfrage Immobilienscout24 (Februar 2016): In jeder fünften Garage befindet sich kein Auto
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