Es ist das Fest der Liebe, aber auch des Konsums und der schlechten Ökobilanz. Müssen wir Weihnachten, wie wir es kennen, neu denken?

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Elena Matera (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es sind nur noch wenige Tage bis Heiligabend und noch immer habe ich nicht alle Weihnachtsgeschenke beisammen. Zum einen aus Zeitgründen, aber auch, weil ich mir zunehmend die Frage stelle: Ist das gegenseitige Beschenken noch vereinbar mit der Nachhaltigkeit?

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Dass Weihnachten nicht nur das Fest der Liebe, sondern auch ein Fest des Konsums ist, ist nicht neu. Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat für dieses Jahr Umsätze in Höhe von 120,8 Milliarden Euro in den Monaten November und Dezember prognostiziert – und das trotz Inflation. Wir kaufen jedes Jahr wieder massenhaft Geschenke, Geschenkpapier, Adventskalender, Weihnachtsdeko und Lichterketten. Und das wirkt sich auf die Ökobilanz aus: Während der Feiertage entstehen 20 Prozent mehr Abfall.

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Das Weihnachtsfest ist alles andere als nachhaltig

Hinzu kommen die Weihnachtsbäume aus Monokulturen, die wir uns in die Wohnzimmer stellen und die meist stark mit Pestiziden belastet sind. Beim Weihnachtsessen landet meist Fleisch auf den Tellern – vor allem Gänse. Diese stammen laut Nabu dabei selten aus Deutschland, sondern werden zur Wintersaison massenweise importiert. Und nicht zuletzt verbraucht die Weihnachtsbeleuchtung deutschlandweit so viel Strom wie eine mittelgroße Stadt im gesamten Jahr, hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) berechnet.

Kurzum: Das Weihnachtsfest ist alles andere als nachhaltig. Sollten wir in Hinblick auf die voranschreitende Klimakrise nicht besser auf das Weihnachtsfest, wie wir es kennen, verzichten? Sind Konsum und Nachhaltigkeit vereinbar?

Die Antwort darauf: Es ist kompliziert. Zuallererst: Ich selbst bin großer Weihnachtsfan und liebe die gesamte Adventszeit. Ich liebe Adventskalender, Kerzen, Weihnachtsgeschenke, Weihnachtsfilme, Plätzchenbacken. Ich liebe es, den Weihnachtsbaum zu schmücken, mit Freundinnen und Freunden auf dem Weihnachtsmarkt Glühwein zu trinken und mir macht Schenken großen Spaß – auch wenn die Geschenkesuche jedes Jahr wieder stressig wird. Ich selbst bin damit Teil des Problems des alljährlichen Weihnachtskonsums, dessen bin ich mir bewusst.

Geschenkpapier aus alten Zeitungen

Auch deshalb mache ich mir immer mehr Gedanken darüber, wie man das gesamte Weihnachtsfest nachhaltiger gestalten könnte. Vor drei Jahren haben mein Partner und ich zum Beispiel ein kleines Bäumchen, eine Zuckerhutfichte, gekauft. Seitdem wächst sie in einem Topf auf unserem Balkon. Jedes Jahr zu Weihnachten holen wir sie rein und schmücken sie. Allerdings überleben nicht alle Bäume im Topf den wiederholten Aufenthalt im warmen Wohnzimmer. Und irgendwann wird auch unser Baum so groß sein, dass man ihn auspflanzen muss. Für Menschen wie mich, die keinen Garten besitzen, stellt sich dann die Frage: Wohin mit dem Baum?

Wer nicht auf die herkömmliche große Tanne verzichten will, sollte laut BUND zertifizierte Bioweihnachtsbäume aus der Region kaufen. Die sind garantiert frei von Schadstoffen. Alternativ kann man auch die Zimmerpflanzen schmücken oder auf einen sogenannten Keinachtsbaum setzen – einen modularen Ständer aus Holz, in den echte Tannenzweige gesteckt werden.

Ich benutze außerdem fast nur noch Zeitungs- oder Magazinpapier, um Geschenke einzuwickeln. Auch alte Kalender eignen sich dafür. Und dieses Jahr konnte ich meine Familie zu einem vegetarischen Weihnachtsessen überzeugen. Wer an Weihnachten nicht auf Fleisch verzichten will, sollte laut Verbraucherzentrale am besten auf Wild aus der Region oder auf die Bio-Gans setzen. Auch mit einem Weihnachtskarpfen aus regionaler, ökologischer Teichwirtschaft kann man das Weihnachtsessen umweltfreundlicher gestalten.

Politik muss Klimaschutzmaßnahmen umsetzen

Ich will hier keine Ökotipps für nachhaltige Weihnachten geben. Ich selbst bin kein Fan davon, die Verantwortung für die Klimakrise auf Einzelpersonen zu schieben. Sie lenkt von den großen, nötigen strukturellen Veränderungen ab. Es ist in erster Linie die Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu setzen, notwendige Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen.

Dazu zählt unter anderem eine Kreislaufwirtschaft mit dem Ziel, Dinge und Materialien so lange wie möglich im Umlauf zu halten. Und das fängt beim Design an. Gerade im Bereich der Qualität und der Langlebigkeit von Produkten besteht in der EU großer Aufholbedarf.

Dennoch trägt jeder und jede Einzelne mit seinen oder ihren Emissionen individuell zur Klimakrise bei. Mit unseren Konsumentscheidungen senden wir der Wirtschaft eine klare Botschaft. Und die muss sich entsprechend anpassen.

Nachhaltiger konsumieren

Konsum und Nachhaltigkeit schließen sich nicht per se aus. Doch dafür müssen wir generell unsere Einstellung zum Thema Konsum hinterfragen – und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Das bedeutet: sparsamer mit Ressourcen umgehen, Produkte länger nutzen, Dinge recyceln, weniger wegwerfen und umweltfreundliche Unternehmen unterstützen. Ein Bäumchen auf dem Balkon, ein vegetarisches Essen und Geschenkpapier aus Zeitungen sind zwar nur kleine Schritte – aber auch die zählen.

Und ja, es führt nichts daran vorbei, insgesamt weniger zu konsumieren. Das bedeutet aber nicht, dass es uns dadurch schlechter geht oder dass es ein Verzicht ist. Ganz im Gegenteil. Bewusster und nachhaltiger einzukaufen, macht uns sogar glücklicher, schreibt Trendforscher und Autor Carl Tillessen in seinem Buch "Konsum – Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen". Sein Tipp: Vor jedem Kauf soll man sich die Frage stellen: Kann ich die Sache auch wirklich gebrauchen? Bringt die Sache mir oder der beschenkten Person Freude?

Die zentrale Frage: Kann ich das wirklich gebrauchen?

Also: Wird mein Partner die Drohne oder den Entsafter auch in zwei Monaten noch nutzen? Freut sich meine beste Freundin wirklich über die 1-Euro-Weihnachtsmütze, den lustigen Becher aus dem Geschenkeladen oder über die Weihnachtsbaum-Ohrringe? Brauche ich wirklich ein neues Smartphone? Und gibt es das Modell, das ich mir wünsche, vielleicht auch gebraucht?

Achtsamer zu kaufen, ist nicht nur gut für die Umwelt und für den Kontostand, sondern auch für unsere Psyche, haben Forschende der Cornell University herausgefunden. Demnach macht uns Kaufen vor allem zufrieden, wenn wir die Dinge auch tatsächlich benutzen oder wenn wir damit bleibende Erinnerungen schaffen, etwa durch Erlebnisse.

Gebrauchtes verschenken

Ich freue mich persönlich auch mehr über einen Gutschein für die Sauna oder einen Tag mit der besten Freundin in Berlin als über den 100. Becher im Küchenschrank. Und materielle Geschenke müssen auch nicht immer neu sein. Ich selbst habe zu meinem letzten Geburtstag unter anderem ein gebrauchtes Buch, eine alte Messinglampe und Weingläser aus einer Wohnungsauflösung bekommen.

Ja, wir können Weihnachten neu denken, das gesamte Fest nachhaltiger gestalten – und das ohne Verzicht. Je mehr wir unseren Konsumrausch zu Weihnachten hinterfragen und unser eigenes Verhalten wie impulsive und unüberlegte Käufe ändern, desto mehr inspirieren wir auch andere Menschen, es uns gleichzutun.

Was ich jetzt zu Weihnachten verschenken werde? Die ersten Ideen stehen fest: Meine Eltern werde ich zum Abendessen zu uns nach Hause einladen, mein Partner bekommt einen Konzertgutschein, meinem Patenkind schreibe ich eine Kurzgeschichte, die ich persönlich vorlesen werde, und mit meiner besten Freundin werde ich Keramik bemalen. So kitschig es auch klingen mag: Am Ende ist das Verschenken von gemeinsamer Zeit doch am schönsten.

Verwendete Quellen:

Geschenke nachhaltig verpacken: Diese Möglichkeiten gibt es

Schön eingepackt und mit einer Schleife versehen. So verschenken die meisten von uns Gegenstände zu Geburtstagen und Weihnachten. Ist das Geschenk allerdings einmal ausgepackt, landet das Verpackungspapier oft im Hausmüll. Wie Sie Geschenkpapier nachhaltiger verwenden können und welche Alternativen es gibt, erfahren Sie in diesem Video!

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