Von Blutschnee haben Sie vielleicht schon einmal gehört. Eine Analyse hat nun ermittelt, wieso, wo und wann wir Blutschnee in den Alpen haben. Aus ihren Forschungsergebnissen konnten die Wissenschaftler auch schließen, warum wir das Phänomen künftig seltener sehen könnten.

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Grönland, Alaska, Antarktis: Der sogenannte Blutschnee ist bislang für einige Weltregionen nachgewiesen – nun hat ein Forschungsteam das Vorkommen in den Alpen ergründet. Dabei fand die Gruppe um Léon Roussel von der Universität Grenoble nicht nur die vorwiegend betroffenen Areale, sondern ermittelte auch die Voraussetzungen für die Algenblüte, die den Schnee rot färbt.

Denn Algen gedeihen nicht nur in Seen, sondern auch in Schnee, wie die Gruppe in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS") schreibt. Die Blüten können je nach Algenart verschiedene Farben bilden, etwa rot, braun oder grün. In den Alpen geht das Phänomen demnach auf die Grünalge Sanguina nivaloides zurück, die im Frühjahr und Sommer rote Pigmente bildet.

Wo und wann in den Alpen Blutschnee zu finden ist

Die Gruppe um Roussel ermittelte anhand von Satellitenbildern aus den fünf Jahren von 2018 bis 2022, wo Blutschnee in den Alpen hauptsächlich vorkommt. "Algenblüten sind in den Alpen ungleichmäßig verteilt", schreibt sie. Häufig war das Phänomen demnach in den nördlichen französischen Alpen, im Berner Oberland und im Wallis sowie – in geringerem Ausmaß – in Österreich im Ötztal und in den Hohen Tauern.

Überwiegend trat die Algenblüte in Höhen zwischen 1.800 und 3.000 Metern auf, tendenziell an nicht sehr steilen Süd- und Osthängen und jahreszeitlich im Juni häufiger als im Mai, Juli und August. Nur ein geringer Anteil - 5,5 Prozent – entfiel auf Gletscher. Zwar gab es deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Jahren, insgesamt scheinen die Algen aber relativ standorttreu zu sein.

Einige Voraussetzungen nötig

Durch den Abgleich der Satellitenbilder mit meteorologischen Daten ermittelte das Team die Voraussetzungen für die Algenblüten: Wichtigste Bedingung ist demnach zum einen eine lange Dauer der Schneeschmelze von mindestens 25 Tagen, zum anderen das Vorhandensein von Wasser in der gesamten Schneesäule. Im Durchschnitt hatte die Schneeschmelze beim Beginn der registrierten Blüten 54 Tage angedauert, Wasser durchsickerte den Schnee im Mittel seit 49 Tagen.

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"Flüssiges Wasser im Schnee ist für die Algen aus zwei Gründen nötig", erläutert die Gruppe in "PNAS". "Erstens werden beim Schmelzen von Schnee Nährstoffe frei. Zweitens wird davon ausgegangen, dass Schneealgen-Arten, darunter S. nivaloides, während eines beweglichen Geißel-Zellstadiums in dem Wasser migrieren." Wichtig scheint auch zu sein, dass der Boden nicht permanent gefroren ist – das passt zu der Beobachtung, dass Blutschnee in den Alpen oberhalb von 3.000 Metern Höhe nur selten vorkommt.

Wieso das Phänomen seltener wird

Und es gibt einen weiteren Faktor: Staub aus der Sahara. Dieser Staub, der Nährstoffe wie Phosphor und Kalium enthält, sollte nicht zu wenig, aber auch nicht im Übermaß vorhanden sein, mutmaßt die Gruppe unter Verweis auf ihre Fünf-Jahres-Daten. Denn zu viel Staub beschleunige die Schneeschmelze.

Dass der Klimawandel in den Alpen die Algenblüte verstärkt und dadurch vermehrt Schnee schmelzen könnte, glauben die Forscher nicht. Bei zunehmender Erderwärmung verlagere sich das Phänomen eher in größere Höhen – wo aber wesentlich weniger Fläche zur Verfügung stehe. Steige die Temperatur deutlich an, könnte Blutschnee in den Alpen demnach in Zukunft deutlich seltener werden. (dpa/bearbeitet von mak)

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