Wer hört, dass es am Südpol immer wärmer wird, ist versucht dies schnell mit dem menschlich verursachten Klimawandel in Verbindung zu bringen. Forscher fanden nun aber heraus, dass der Trend viel mehr an einer Veränderung im Pazifik liegt.

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Der extreme Temperaturanstieg am Südpol während der letzten 30 Jahre geht einer Studie zufolge vor allem auf regionale Klimaschwankungen zurück und lässt sich nicht allein mit dem Klimawandel begründen.

Ein internationales Forscherteam führt die dortige Erwärmung seit 1989 um 0,6 Grad Celsius pro Jahrzehnt im Fachblatt "Nature Climate Change" auf natürliche Schwankungen zurück. Auslöser der Wärmewelle war demnach vor allem eine jahrzehntelange Phase hoher Wassertemperaturen im Tausende Kilometer entfernten tropischen Pazifik.

Drastischer Anstieg seit Ende der 1980er Jahre

Der Südpol verzeichnete seit Ende der 1980er Jahre einen drastischen Temperaturanstieg. Während die Erwärmung von 1989 bis 2018 global im Mittel etwa 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt betrug, stieg die Temperatur dort um das Dreifache: um 0,61 Grad pro Dekade - also um insgesamt 1,83 Grad.

Im Jahr 2018 registrierte die Amundsen-Scott-Südpolstation das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in den 1950er Jahren: Die Mitteltemperatur lag um 2,4 Grad Celsius über dem Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010. Besonders hohe Abweichungen verzeichneten Meteorologen im Sommer und Herbst.

Tiefdruckgebiete spielen entscheidende Rolle

Um die Ursache zu klären, untersuchte das Team um Kyle Clem von der neuseeländischen Universität Wellington die großräumigen Zusammenhänge über die drei Jahrzehnte.

Demnach resultierte die Erwärmung am Südpol vor allem durch besonders ausgeprägte Tiefdruckgebiete über dem Weddell-Meer bei der Antarktischen Halbinsel. Diese ließen über drei Dekaden auf ihrer Ostseite milde und feuchte Luftmassen aus dem Südatlantik zum Polarplateau im Inneren der Antarktis strömen.

Die Entwicklung über dem Weddell-Meer führt das Team wiederum auf erhöhte Temperaturen des Oberflächenwassers im tropischen Westpazifik zurück - in einem Bereich, der sich grob von Neuguinea bis südlich von Hawaii erstreckt.

Dies erklären die Forscher mit der sogenannten Pazifischen Interdekaden-Oszillation (ISO; Interdekadal Pacific Oscillation) - einem natürlichen Phänomen, dessen Phasen sich über 20 bis 30 Jahre erstrecken.

Der Studie zufolge korrelierten die hohen Temperaturen im tropischen Westpazifik mit den erhöhten Lufttemperaturen am Südpol.

Zudem bestätigen Klimamodelle, dass die Erwärmung im Westpazifik die Zirkulation von Luftmassen in der Südhemisphäre derart verändern kann. Einen solchen Zusammenhang hatten Studien zuvor bereits beschrieben.

Temperaturschwankungen liegen im natürlichen Bereich

Klimamodelle belegen ferner, dass die hohen Temperaturen am Südpol durchaus im Bereich der natürlichen Schwankungsbreite lagen. "Deshalb vermuten wir, dass die zyklonische Anomalie im Weddell-Meer von fern durch die ungewöhnlich hohen Temperaturen des Oberflächenwassers im äquatornahen Westpazifik verursacht wurde", schreiben die Autoren.

Diese Anomalie war im Sommer und Herbst am stärksten ausgeprägt - was ebenfalls zu den besonders hohen Temperaturen am Südpol während dieser Jahreszeiten passt.

Die Resultate belegen demnach, wie stark Veränderungen in den Tropen das Wetter im Inneren der Antarktis beeinflussen können. Der Treibhauseffekt habe die Erwärmung am Südpol wohl intensiviert, könne sie aber allein nicht erklären.

In einem Kommentar betonen Sharon Stammerjohn und Ted Scambos von der University of Colorado in Boulder, dass das antarktische Klima extreme Schwankungen aufweise.

"Auch wenn wohlbekannt ist, dass das Südliche Eismeer und die Küstenregionen der Antarktis empfindlich auf Klimaschwankungen in den Tropen reagieren, zeigt diese Studie, dass die entlegenste Region des Planeten die Verlagerungen tropischer Hitze ebenfalls fühlt."

Menschlich bedingter Klimawandel spielt trotzdem eine Rolle

Derart starke Klimaschwankungen in der Region erschwerten es, dort den Einfluss des Klimawandels zu bestimmen. "Das bedeutet nicht, dass der menschlich bedingte Klimawandel in der Antarktis keine Rolle spielt, aber diese Rolle wird oft von der hohen Variabilität verdeckt."

Die Botschaft der Studie sei, dass kein Ort vor dem Klimawandel sicher sei, so die Kommentatoren. Während die Temperaturen am Südpol noch weit unter dem Gefrierpunkt lägen, sei dies an den Küsten der Antarktis und am Westantarktischen Eisschild nicht der Fall.

"Ohne Zweifel leben wir in beispiellosen Zeiten, sowohl für die Gesundheit unseres Planeten als auch für die seiner Bewohner", betonen sie mit Blick auf die Corona-Pandemie. Wichtig sei, "die Kurve der globalen Kohlenstoff-Emissionen" abzuflachen. (awa/dpa)

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