- Der Klimawandel lässt die Gletscher weltweit schrumpfen.
- Zuletzt hat der Schwund des Eises Fahrt aufgenommen.
Die weltweiten Gletscher schrumpfen mit wachsendem Tempo: Insgesamt verloren die Gletscher der Erde - ohne die Eisschilde Grönlands und der Antarktis - zwischen 2000 und 2019 jährlich etwa 267 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Eis, berichten Wissenschaftler im Fachblatt "Nature". In den ersten fünf Jahren dieses Zeitraums seien es 227 Gigatonnen gewesen, in den letzten fünf Jahren 298 Gigatonnen. Das weltweit schmelzende Gletschereis habe etwa 21 Prozent oder 0,74 Millimeter pro Jahr zum beobachteten Anstieg des globalen Meeresspiegels beigetragen.
Folgen des Klimawandels werden für die Erdbevölkerung dramatisch sein
Die voraussichtlichen Folgen des Klimawandels werden für die Erdbevölkerung dramatisch sein: "Ungefähr 200 Millionen Menschen leben auf Land, das bis Ende des Jahrhunderts voraussichtlich unter die Flutlinien des steigenden Meeresspiegels fallen wird", schreiben die Forscher um Romain Hugonnet von der Universität Toulouse (Frankreich) und der ETH Zürich (Schweiz) mit Verweis auf frühere Studien. Im letzten Bericht des Weltklimarates (IPCC) sind die Massenveränderungen beim Gletschereis als "kritische Forschungslücke" bezeichnet worden, weil die statistischen Unsicherheiten in den Schätzungen zuletzt noch sehr groß waren.
Hugonnet und seine Mitarbeiter betrieben nun einen großen Aufwand, um die bisher genaueste und umfassendste Untersuchung zur Gletscherschmelze vorzulegen. Grundlage für ihre Berechnungen lieferten Satellitendaten, vor allem des Messinstruments Aster auf dem Erdbeobachtungssatelliten Terra sowie Messreihen vor Ort von mehreren hundert Gletschern. Die Forscher erstellten mit diesen Daten räumlich und zeitlich hoch aufgelöste digitale Höhenmodelle der Gletscher, anhand derer sie die Veränderungen der Eismasse im Laufe der Zeit berechnen konnten. Am Ende deckten die Modelle der Wissenschaftler 97,4 Prozent der Oberfläche der 217 175 verzeichneten Gletscher ab. Die Forscher konnten das Ergebnis auf 99,9 Prozent aller Gletscherflächen hochrechnen.
Sie bezogen auch die Gletscher in den Küstenregionen von Grönland und der Antarktis in ihre Untersuchung ein, sofern sie sich klar von den dortigen Eisschilden unterscheiden ließen. Diese Gletscher trugen 13 Prozent (Grönland) und acht Prozent (Antarktis und Subantarktis) zur weltweiten Gletscherschmelze bei. Große Gletschereismassen gingen auch in Alaska (25 Prozent), im arktischen Kanada (20 Prozent), in den asiatischen Hochgebirgen und den südlichen Anden (jeweils acht Prozent) verloren. An der Ostküste Grönlands, in Island und Skandinavien habe sich die Schmelzrate im 21. Jahrhundert verlangsamt. Vermutlich liege das an einer Wetteranomalie im Nordatlantik, die zwischen 2010 und 2019 zu mehr Niederschlägen und tieferen Temperaturen geführt habe.
Gletscherschwund könnte in Zukunft zu Wassermangel führen
Außer zu einem steigenden Meeresspiegel dürfte der Gletscherschwund auch zu Wassermangel führen, denn Gletscher speisen viele bedeutende Flüsse. Mehr als eine Milliarde Menschen könnte in den nächsten drei Jahrzehnten unter Wassermangel und Ernährungsunsicherheit leiden, schreiben die Forscher. Besonders dramatisch könnte es südlich des Himalayas werden: "Zurzeit wirkt die Zunahme des Schmelzwassers für die Menschen der Region wie ein Puffer. Schrumpfen die Himalaya-Gletscher jedoch weiterhin mit steigendem Tempo, könnten bevölkerungsreichen Staaten wie Indien oder Bangladesch in wenigen Jahrzehnten Wassernot oder Nahrungsmittelengpässe drohen", wird Hugonnet in einer Mitteilung der ETH Zürich zitiert.
Gebirgsgletscher enthalten nur etwa ein Prozent des weltweiten Eises. Aber weil sie schneller schmelzen, tragen sie derzeit mehr zum Meeresspiegelanstieg bei als der Eisschild in der Antarktis oder der Eisschild auf Grönland. Einer im Januar erschienenen Studie der Universität Leeds (Großbritannien) zufolge trägt die wärmere Atmosphäre hauptsächlich zur Eisschmelze bei: Weltweit ist die Lufttemperatur seit 1980 um 0,26 Grad Celsius pro Jahrzehnt gestiegen. Die Ozeane sind im selben Zeitraum um 0,12 Grad pro Jahrzehnt wärmer geworden. (dpa/mgb)
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