Ein mysteriöser Klang, aufgenommen nahe dem Marianengraben, gab jahrelang Rätsel auf. Einem Forschungsteam ist es jetzt wohl gelungen, den Ursprung herauszufinden. Es ist wahrscheinlich, dass die Laute von Brydewalen stammen.

Mehr zum Thema Natur & Umwelt

Zuerst hört es sich an wie ein tiefes Stöhnen oder Brummen, dann folgt ein hoher, metallischer Klang: Im Herbst 2014 und Frühjahr 2015 hatten Forschende im Marianen-Archipel mysteriöse Geräusche aufgenommen.

In einer Studie, die im "Journal of the Acoustical Society of America" veröffentlicht wurde, beschrieben sie die Laute als "recht ungewöhnlich". Das tiefe Brummen erinnerte am ehesten an die Rufe von Zwergwalen, die dem Kampflärm aus "Star Wars" ähneln. Die hohen, metallischen Geräusche allerdings verwunderten – etwas Derartiges oder Ähnliches war noch keiner Walart zugeordnet worden.

Das mysteriöse Geräusch nannten die Forschenden Biotwang. Was aber war der Ursprung der unheimlichen Geräusche nahe der Tiefseerinne im westlichen Pazifischen Ozean?

Mysteriöses Geräusch im Marianengraben aufgezeichnet

Im Herbst 2014 und Frühjahr 2015 hatten Forschende im Marianen-Archipel mysteriöse Geräusche aufgenommen. © YouTube

Die Entdecker vermuteten damals, dass sie von Bartenwalen stammen könnten. Eine genaue Walart ließ sich aber nicht bestimmen. Die Laute nahe dem rund 11.000 Meter tiefen Marianengraben ließen Forschende seit der Entdeckung rätseln. Jetzt will ein Forschungsteam sie zugeordnet haben.

Forschungsteam: Geräusche stammen von Brydewalen

Wissenschaftler des NOAA Pacific Islands Fisheries Science Center brachten 13 akustische Langzeitrekorder im Marianen-Archipel an, die über mehrere Jahre die Geräusche in den Tiefen des Ozeans aufzeichneten. Außerdem nahmen sie von Schiffen aus in den Jahren 2018 und 2021 weitere Geräusche mithilfe von Horchbojen, sogenannten Sonobojen, auf. Im selben Zeitraum beobachteten sie Wale, die in der Gegend unterwegs waren.

Lesen Sie auch

In ihrer Studie, die in "Frontiers in Marine Science" publiziert wurde, berichten die Forschenden von auffallenden Übereinstimmungen. So seien im Jahr 2018 13 Wale gesichtet und zur selben Zeit Biotwangs aufgezeichnet worden. "Davon waren 10 bestätigte Sichtungen von Brydewalen, darunter 4 Sichtungen mit einem Mutter-Kalb-Paar. Bei 9 der bestätigten Brydewal-Sichtungen wurden Biotwangs auf einer ausgebrachten Sonoboje aufgezeichnet", schreibt das Team. Damit sei das Rätsel um die Quelle des einzigartigen Rufs gelöst.

Biotwangs sind wohl spezifisch für eine Population von Brydewalen

Bei den Aufzeichnungen wurden fast 200.000 Stunden erfasst, schreibt das Forschungsteam in einer Mitteilung zur Studie. Bei der Frage, wo in diesen Aufzeichnungen der Biotwang zu hören ist, kamen Google und künstliche Intelligenz ins Spiel.

Brydewale

  • Brydewale gehören zur Art der Bartenwale und der Familie der Furchenwale. Sie besitzen die charakteristischen Furchen, sogenannte Kehlfalten, die von der Kehle bis zu Bauch verlaufen.
  • Mithilfe ihrer Barten ernähren sich Brydewale von Krebstieren und Fischen wie Sardellen und Sardinen.
  • Die Wale sind dunkel, graublau und können bis zu 16 Meter lang und rund 26 Tonnen schwer werden. Eine kleinere Form wird rund 11 Meter lang und etwa 20 Tonnen schwer.
  • Sie kommen ausschließlich in tropischen und warmgemäßigten Meeren vor. Laut dem WWF ist eine Population in den Küstengewässern im östlichen Indischen Ozean und Westpazifik beheimatet, eine weitere weltweit in den küstenfernen Hochseegebieten der tropischen und warmen gemäßigten Meere.
  • Man geht davon aus, dass es zwischen 40.000 und 80.000 Brydewale weltweit gibt.

"Mithilfe von KI und maschinellem Lernen konnten wir feststellen, wo und wann Biotwangs in früheren akustischen Daten aufgezeichnet wurden. Dank der künstlichen Intelligenz gelang uns dies in wenigen Stunden und nicht in Jahren", berichten die Wissenschaftler. Der Gesang von Buckelwalen wurde in Zusammenarbeit mit Google in einem akustischen Datensatz identifiziert.

"Dies deutet darauf hin, dass der Biotwang ein spezifischer Ruf für eine Population von Brydewalen im westlichen Nordpazifik ist."

Forschungsteam in der Studie

Durch die Auswertung stellte das Team fest, dass die einzigartigen Geräusche nur im Marianen-Archipel und östlich des Atolls Wake saisonal vorkommen. "Dies deutet darauf hin, dass der Biotwang ein spezifischer Ruf für eine Population von Brydewalen im westlichen Nordpazifik ist", so die Schlussfolgerung.

Einsatz von KI hilft, Wege der Brydewale nachzuverfolgen

Das Wissen über die Laute dieser Population helfe nun bei der Überwachung der Verbreitung. So konnten die Forschenden bereits feststellen, wann die Tiere an den Aufzeichnungsorten vorbeiziehen – und entsprechend deren Wanderungen nachvollziehen. Das war zwischen Februar und April sowie zwischen August und November. Allerdings gab es von Jahr zu Jahr Unterschiede: Abweichungen gab es vor allem 2016, einem starken El-Niño-Jahr, und 2021, einem La-Niña-Jahr.

Diese Ereignisse könnten durch den Klimawandel häufiger und extremer werden, schreibt das Forschungsteam. "Das bedeutet, dass die Wale weiter reisen und härter arbeiten müssen, um ihre Nahrung zu finden, was sich auf die Gesundheit der Population auswirken kann."

Das Forschungsteam möchte auch weiterhin mit Auswertungen der Wal-Rufe arbeiten. Man wisse jetzt, dass Brydewale Biotwangs erzeugen, und kenne die geografischen und saisonalen Muster dieser Rufe. "Dies gibt unseren Wissenschaftlern eine bessere Vorstellung von der Verteilung der Population und den Bewegungsmustern und wird uns helfen, diese Art besser zu schützen."

Verwendete Quellen

Wal

Bootskapitän filmt springenden Wal im richtigen Moment

Magischer Moment vor der Küste von New South Wales in Australien: Ein Bootskapitän filmte einen Sonnenuntergang – da sprang ein Wal aus dem Wasser.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.

Teaserbild: © Getty Images/iStockphoto/ratpack223