Menschen gibt es auf der Weihnachtsinsel kaum, aber Millionen leuchtend rote Krabben. Derzeit krabbeln die Tiere in Scharen über die Straßen und Wege der abgelegenen Insel. Sie sind auf ihrem alljährlichen Paarungsmarsch vom Regenwald zur Küste. Normalerweise sind die seltenen Krabben schon viel früher unterwegs - doch in diesem Jahr hat das Wetter nicht mitgespielt.
Millionen Roter Landkrabben überqueren jedes Jahr zu Beginn der Regenzeit im November in einem einzigartigen Spektakel die abgelegene Weihnachtsinsel im Indischen Ozean für ihren Paarungsmarsch. Doch weil der Regen in diesem November auf der von Australien verwalteten Insel ausblieb, liefen auch die Krabben lange Zeit nicht los. Mit dem verspäteten ersten Regen haben die blutroten Tierchen erst im Dezember den langen Weg vom Regenwald zur Küste auf sich genommen - zum Entzücken von Einheimischen, Wissenschaftlern und zahlreichen anreisenden Touristen.
Woher die Krabben wissen, wann sie ihren Marsch zum Paaren und Eierlegen beginnen sollen, ist für Wissenschaftler noch immer ein Rätsel. Der kollektive Aufbruch beruhe einzig auf dem Instinkt der Tierchen, sagt Peter Green, Chef des Ökologie-Fachbereichs an Australiens La Trobe Universität. Bekannt ist, dass es Regen geben und der Boden ausreichend nass sein muss. In diesem Dezember reichten ein paar Millimeter Regen aus, um die Krabben in Bewegung zu setzen.
Die seltenen, rund zwölf Zentimeter breiten Krabben (Gecarcoidea natalis) gibt es nur auf der Weihnachtsinsel und den nahe gelegenen Kokosinseln. Sie leben dort in Erdhöhlen und Felsspalten im dichten Regenwald, mehr als 1.500 Kilometer vom australischen Festland entfernt. Auf der etwa 135 Quadratkilometer großen Weihnachtsinsel gibt es nach Angaben von Wissenschaftlern und Parkwächtern zwischen 60 und 80 Millionen Rote Landkrabben. Menschen leben dort nur rund 1.300.
Ältere, männliche Krabbe führt Marsch an
Die Landkrabben haben auf der Insel keine ernstzunehmenden natürlichen Feinde. In den vergangenen Jahrzehnten sind die eingeschleppten Gelben Spinnerameisen (Anoplolepis gracilipes) aber zu einer Bedrohung geworden. Sie kapern die Krabben mit Hilfe ihrer starken Ameisensäure und verspeisen sie. Die staatliche Behörde Parks Australia versucht deshalb seit Jahren, die Ameisen zu vernichten. Da giftige Köder nicht langfristig halfen, setzt die Behörde nun auf biologische Bekämpfung. Sie will mit Hilfe eingeführter Wespen die Zahl der Schildläuse reduzieren, von deren Honigtau sich die invasiven Spinnerameisen ernähren.
Das Lauf-Spektakel der Krabben wird normalerweise von einer älteren, männlichen Krabbe angeführt. Obwohl die Tiere Eigenbrötler sind, marschieren sie zur Regenzeit gemeinschaftlich. An der Küste angekommen, graben die Männchen Höhlen und warten auf Weibchen zur Paarung. Nach der Paarung kehren die männlichen Krabben in den Regenwald zurück, die Weibchen bleiben etwa zwei Wochen lang in den Höhlen, bis sie bei Flut zu Sonnenaufgang laichen - also jeweils mehrere Zehntausend Eier in den Ozean geben. Dieses Jahr dürfte der Moment auf den 23. oder 24. Dezember fallen. Danach machen sich auch die weiblichen Krabben auf den Heimweg.
Sobald die Eier mit dem Salzwasser in Berührung kommen, schlüpfen die Larven heraus. Nach etwa drei Wochen kehren sie als Babykrabben zur Weihnachtsinsel zurück und laufen Richtung Regenwald. Dieser Marsch der Jungtiere wird in dieser Saison Mitte Januar erwartet. "Irgendwie wissen sie einfach, wie sie von der Küste zurück zum Dschungel kommen. Sie graben sich dann für ein paar Jahre in die Erde, bis sie ausgewachsene Krabben sind", erklärt Jahna Luke vom örtlichen Tourismusverband. Den Marsch nennt Luke ein "Naturwunder". "Egal wie oft man ihn schon gesehen hat, es ist immer wieder überwältigend." (dpa/kad)
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