Die US-Behörden sorgen sich vor der ansteckenden Hirnkrankheit CWD bei Elchen und anderem Wild. Laut Studien gilt es es als unwahrscheinlich, dass sich die "Zombie-Krankheit" auf den Menschen übertragen kann. Trotzdem schlägt ein Experte für Infektionskrankheiten nun Alarm - und nimmt bei einem Vergleich drei böse Buchstaben in den Mund: BSE.
Die sogenannte Chronic Wasting Disease (CWD), oft "Zombie-Krankheit" genannt, hat nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC mittlerweile in 24 US-Staaten sowie in zwei kanadischen Provinzen Hirsche oder Elche befallen.
Der hochrangige Forscher Michael Osterholm warnte, dass eine Übertragung auf den Menschen nicht ausgeschlossen werden könne. Während Norwegen mit verschiedenen Maßnahmen gegen CWD vorgeht, geraten deutsche Experten derzeit nicht aus der Ruhe.
CWD ist eine ansteckende Prionenerkrankung, ähnlich wie Rinderwahn (BSE) und Scrapie bei Schafen. Sie greift das zentrale Nervensystem an und sorgt dafür, dass infizierte Tiere immer ausgezehrter und schlapper werden - deshalb der Beiname Zombie-Krankheit. Fälle, in denen CWD auf Menschen oder Haustiere übertragen wurden, sind bislang nicht bekannt.
Osterholm: "Sollten wir infiziertes Wild essen?"
Im April 2016 wurde CWD erstmals außerhalb Nordamerikas und Südkoreas bei einem Rentier in Norwegen festgestellt. Später folgten weitere positive Befunde. In Finnland sind seit Januar 2018, als die Erkrankung bei einem toten Elch und damit erstmals innerhalb der EU festgestellt worden war, keine neuen Fälle hinzukommen.
Nun hat Forscher Osterholm die Diskussion über eine Übertragung auf den Menschen ins Rollen gebracht. Diese wurde bisher als unwahrscheinlich betrachtet. Auch die US-Behörde CDC schreibt weiterhin: "Bislang hat es keine Fälle einer CWD-Infektion bei Menschen gegeben." Allerdings deuteten Studien darauf hin, dass ein Risiko für manche nicht-menschlichen Primatenarten bestehe.
Osterholms Warnung fiel dennoch drastisch aus. "Es ist wahrscheinlich, dass Fälle von CWD beim Menschen in den kommenden Jahren dokumentiert werden, die mit dem Verzehr von kontaminiertem Fleisch in Verbindung stehen", sagte er in diesem Monat im Parlament des US-Staates Minnesota. Es sei möglich, dass sich menschliche Fälle häuften und keine isolierten Ereignisse darstellten, ergänzte der Direktor des Zentrums für Infektionskrankheiten an der Universität von Minnesota.
"Sollten wir infiziertes Wild essen? Was ist das Risiko? Wir haben keine Beweise für menschliche Fälle. Aber das Problem damit ist das verzögerte Auftreten", sagte der Wissenschaftler und verwies dabei auf seine jahrelange Forschung zu BSE. Ob sich jemand infiziert habe, könne man erst später feststellen. "Wir können nicht auf die ersten Fälle warten."
Keine Hinweise auf CWD-Übertragungen auf Menschen
Ist das Panikmache oder berechtigte Sorge? Das Friedrich-Loeffler-Institut teilt mit, dass laut Studien eine erhebliche Speziesbarriere bei der Übertragung von CWD auf den Menschen zu bestehen scheine.
Es gebe auch keine Hinweise auf CWD-Übertragungen auf den Menschen. "Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand kann eine Übertragung von CWD auf den Menschen zwar nicht mit allerletzter Sicherheit ausgeschlossen werden, das Risiko dafür kann aber als äußerst gering angenommen werden", so das Institut.
Beim Deutschen Jagdverband glaubt man nicht daran, dass CWD nach Deutschland gelangen könnte. "Es ist unwahrscheinlich, dass das über den natürlichen Weg, über Tiere, eingeschleppt wird. Es ist auch unwahrscheinlich, dass Skandinavien- oder Nordamerikaurlauber oder Jäger diese Prionen über verunreinigte Klamotten einschleppen", sagt Sprecher Torsten Reinwald. Und die häufigste Prionenkrankheit beim Menschen bleibe die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, CWD sei nicht übertragbar.
In Norwegen beobachtet man die Erkrankung ganz genau. Vor einem Jahr wurden dort in der Region Nordfjella mehr als 1.400 wildlebende Rentiere erschossen, nachdem bei 17 der Tiere CWD festgestellt worden war. Bis heute wurden mehr als 70.000 Tiere untersucht.
"Norwegen hat große Anstrengungen unternommen, um CWD auszumerzen, aber wir wissen nicht, ob wir es schon geschafft haben", erklärt das Landwirtschaftsministerium heute. Und auch Karen Lone von der norwegischen Umweltbehörde sagt: "Wir kämpfen gegen diese Krankheit." Jahrelang müsse konkret gegen die Krankheit angegangen und zu ihr geforscht werden.
Die Erkrankung sei bis heute bei 19 Rentieren, vier Elchen und einem Rothirsch festgestellt worden. Der Typ von CWD bei den Elchen und dem Hirsch sei jedoch nicht derselbe gewesen wie der klassische bei den Rentieren. "Das ist eine wichtige Unterscheidung. Es gibt keine Verbindung zwischen den Rentieren und den anderen Tieren."
Und der Mensch? "Ein Expertengremium hat das Risiko für Menschen geprüft. Das Risiko ist sehr gering, kann aber nicht ausgeschlossen werden", sagt Lone. Norwegen wisse, dass die Zombie-Krankheit in der Umwelt sei. "Wir wissen aber nicht, wie sehr. Es wird Jahre dauern, bis wir sicher wissen, ob wir die Krankheit losgeworden sind." (kad/dpa)
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