Die Natur kann ganz schön grausam sein: Sollte eines der beiden Eisbär-Jungen im Berliner Tierpark sterben, fräße die Mutter es auf. Noch heißt es: Hoffen auf ein glückliches Ende.
Eisbär-Papa Wolodja sitzt allein in seinem Gehege und weiß von nichts. Doch um ihn herum, im Berliner Tierpark, dauert das Hoffen und Bangen um seine rund eine Woche alten Zwillinge an. "Es wird jeden Tag wahrscheinlicher, dass sie durchkommen", sagte Säugetier-Kurator Florian Sicks der Deutschen Presse-Agentur.
Sterblichkeit bei Jungtieren sehr hoch
Doch die Sterblichkeit bei den Jungtieren ist in den ersten 10 bis 14 Tagen besonders hoch - sie liegt bei 50 Prozent. Über dem Berg seien die Kleinen selbst nach dem Ablauf dieser Zeit noch nicht, betonte Sicks. Eine Lungenentzündung zum Beispiel könne tödlich sein.
Am 3. November brachte Eisbärin Tonja die noch namenlosen zweieiigen Zwillinge in ihrer Wurfbox auf die Welt. Völlig abgeschirmt von Pflegern und Besuchern kümmert sich die Sechsjährige um ihren ersten Wurf. Eine Überwachungskamera liefert unscharfe Bilder der noch fast völlig unbehaarten, zunächst etwa meerschweinchengroßen Jungen.
Inzwischen sind die Babys gewachsen: Etwa 30 bis 35 Zentimeter messen sie inzwischen, wie Sicks sagte. Tierpfleger Detlef Balkow, der schon den vorherigen Eisbären-Nachwuchs im Tierpark vor 22 Jahren miterlebte, zieht den Vergleich zu einer weißen Ratte, gemessen ohne den Schwanz. Kein Wunder, dass die Kleinen so schnell wachsen: Tonjas Milch ist mit rund 30 Prozent Fettgehalt extrem nahrhaft.
Füttern und Ausmisten nicht nötig
Aber wie gelingt es im Alltag, die Eisbärenfamilie nicht zu stören? Wasser laufe in eine Tränke, erläutern Sicks und Balkow. Füttern und damit auch Ausmisten seien nicht nötig, da Eisbärinnen dank großer Fettreserven über den Winter kommen. Tonja hatte kräftig zugelegt - auf bis zu 300 Kilogramm, bevor sie sich in die Wurfbox zurückzog und schließlich die nur etwa 700 Gramm leichten Jungen gebar.
Die um ein vielfaches schwerere Mutter kann den Kleinen zur Gefahr werden, wenn sie gestört wird. Darauf weist der Tierpark von Beginn an hin und hat einen Wachschutz organisiert. Falls eines der Babys sterben sollte, ist für den Biologen Sicks klar, was passiert: "Dann würde Tonja es auffressen." Ein Eingreifen der Pfleger ist nicht denkbar, wie Sicks betont.
Auch der vier Jahre alte Wolodja fräße die Jungen, befände er sich im Frühjahr mit ihnen in einem Gehege, erklärt der Kurator. Sollten sie durchkommen, hieße es Abschied nehmen von Wolodja. In einen anderen Zoo würde man ihn wohl erst einmal geben, sagt Sicks. Selbst der Tod der beiden Jungtiere wäre zu verschmerzen. "Wenn es jetzt nicht klappt, dann eben nächstes Jahr." © dpa
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