Am 30. Juli ist "Tag der Freundschaft"! Freundschaftsforscher Wolfgang Krüger aus Berlin klärt im Interview auf, was wirklich hinter unseren Freundschaften steckt und was Menschen tun können, die bislang nur weniger oder gar keine Freunde haben.
Herr Krüger, woran erkennt man, dass sich ein Mensch, der einem begegnet, als Freund eignen könnte?
Wolfgang Krüger: Ich beginne eine Freundschaft, wenn mir der andere sympathisch ist. Also wenn er ähnliche Interessen hat und ich mich gut mit ihm unterhalten kann. Dann treffe ich mich meist mit ihm und beginne vorsichtig, ihm etwas mehr von mir zu erzählen. Man testet quasi, ob es eine persönlichere Beziehung werden kann. Nur ein Zehntel dieser Begegnungen werden dann aber zu tieferen Freundschaften.
Welche Art von Menschen suchen wir uns als Freunde aus und warum?
Wir suchen uns herzliche Menschen, bei denen wir spüren, dass wir ihnen vertrauen können und von denen wir denken, dass sie zuverlässig sind. Bei diesen Personen merkt man sofort, dass etwas ins Schwingen kommt – sei es, dass man einen ähnlichen Humor und übereinstimmende Interessen hat.
Studien behaupten, dass die Hälfte unserer Freunde eigentlich gar nicht unsere Freunde sind. Was bedeutet das genau?
Modern ausgedrückt kann man sagen: Aristoteles hat zwischen den Herzensfreundschaften, den Freizeitfreundschaften und den Freundschaften für den Nutzen unterschieden. Nur die Herzensfreundschaften sind die wahren Freundschaften. Diesen Freunden können wir erzählen, dass in der eigenen Liebesbeziehung im Bett nichts mehr läuft, dass unsere Mutterbeziehung schwierig war oder dass wir am liebsten fremdgehen würden.
Wie viele wirklich gute Freunde hat der Mensch denn dann normalerweise?
Wir haben höchstens drei Herzensfreundschaften, die wir oft schon sehr lange pflegen. Solche Freundschaften sind selten. Sie sind wie die Diamanten unseres Lebens.
Sie sagen, diese engen Freunde haben wir meist schon länger. Aber was passiert mit "alten" Freunden, wenn man "neue" Freunde im Leben dazubekommt?
In den Herzensfreundschaften passiert wenig, weil wir dort sehr beständig sind. Schwierig wird es erst bei Konflikten, weil wir den Schwerpunkt unserer Beziehungen hin auf die neuen Freunde verlagern.
Was raten Sie Menschen, die kaum bis gar keine Freunde haben?
Zuerst sollten Sie sich überlegen, welches Ihre fünf positiven Eigenschaften sind. Das eigene Selbstbewusstsein ist der innere Resonanzboden, auf dem Freundschaften entstehen. Ich brauche also erst mal eine Freundschaft mit mir selbst. Im nächsten Schritt sollten Sie reflektieren: Welche Fähigkeiten bringen Sie mit in Freundschaften ein? Inwiefern sind Sie für andere eine Bereicherung, ein Geschenk?
Überlegen Sie außerdem bitte einmal, warum Sie bisher nur wenige Freundschaften hatten. War dies bereits in Ihrer Familie so? Sind Sie sehr zurückhaltend oder wurden Sie in der Vergangenheit von Freunden enttäuscht? Auch wenn Ihre Freundschaften nicht immer einfach waren, sollten Sie neugierig bleiben. So leben Sie erheblich länger und sind glücklicher. Suchen Sie also eine Gruppe, in der Sie Menschen mit ähnlichen Interessen finden. Gehen Sie dann irgendwann auf einen Menschen zu, mit dem Sie sich schließlich verabreden. Wenn Sie bei diesem Treffen etwas mehr über sich berichten, kann dies die Geburtsstunde einer Freundschaft sein.
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