Träume können eine intensive nächtliche Erfahrung sein. Doch wie hängen Albträume und die Verarbeitung des am Tag Erlebten zusammen? Was steckt dahinter, wenn wir schweißgebadet aus einem Albtraum aufwachen? Eine Psychologin klärt auf.
Schlaf sollte eigentlich eine Zeit der Ruhe und Erholung sein. Oft geht es dann in eine faszinierende Reise ins Unterbewusstsein: Wir träumen.
Doch während Träume oft voller Fantasie und Sehnsucht sind, birgt die Nacht hin und wieder auch ihre dunklen Seiten. Von plötzlichen Stürzen bis hin zu unerklärlichen Verfolgungsjagden tauchen Albträume unsere Traumlandschaft in dunkle Schatten. Betroffene wachen schweißgebadet und mit Herzrasen auf, die unheimlichen Szenarien verfolgen sie noch tagelang. Was dahinter steckt, verrät Psychologin Dr. Hanne Horvath im Interview mit spot on news.
Wann ist ein Traum ein Albtraum?
Dr. Hanne Horvath: Albträume sind Träume mit bedrohlichen oder unangenehmen Inhalten, an die wir uns nach dem Aufwachen noch gut erinnern können. Sie lösen starke Gefühle wie zum Beispiel Angst, Anspannung oder innere Unruhe in uns aus. Die Inhalte und Geschichten, die wir träumen, folgen oft nicht den Regeln unserer Realität, und so können unsere Träume uns belustigen, verwundern, aber eben auch ängstigen.
Auch wenn wir in allen Schlafphasen träumen, treten Albträume meistens in der zweiten Nachthälfte auf. In dieser Schlafphase befinden wir uns im sogenannten REM-Schlaf (Rapid Eye Movement-Schlaf). Diese Schlafphase ist dadurch gekennzeichnet, dass wir leicht aufwachen und uns gut an das Geträumte erinnern können.
Warum haben wir solche Träume? Gibt es dafür bestimmte Auslöser, verarbeitet unser Gehirn damit etwas aus der Realität?
Im Traum reflektieren wir unsere Erlebnisse, Beobachtungen und Gedanken des Tages. Es kann vorkommen, dass Traumbilder Gefühle repräsentieren, die uns möglicherweise gar nicht bewusst sind. Ein Beispiel dafür wäre, dass ich träume, verfolgt zu werden, wenn ich im realen Leben unter Druck stehe und mich gestresst fühle. Alltagsstress und Nervosität können also Ursachen für unruhigen Schlaf und Albträume sein, aber auch die Persönlichkeit kann hier eine Rolle spielen.
So werden Studien zufolge sensible und kreative Menschen häufiger von Albträumen heimgesucht. Albträume können auch durch psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen verursacht werden. Zusätzlich können die Angst vorm Alleinsein oder vor Dunkelheit die nächtliche Anspannung verstärken. Schlafstörungen, wie nächtliches Erwachen, können ebenfalls dazu beitragen, dass wir uns vermehrt an Albträume erinnern können.
Kreative Menschen anfälliger für Albträume
Gibt es Personen, die besonders anfällig für Albträume sind? Kinder mehr als Erwachsene, Frauen mehr als Männer, bestimmte Berufsgruppen?
Wie gesagt, gelten besonders kreative, aber auch emotional labile Menschen als anfällig für Albträume. Auch Menschen mit Angststörungen und Depressionen erleben häufiger Albträume, da viele von ihnen Medikamente wie Antidepressiva einnehmen, die wiederum Albträume begünstigen können.
Ähnlich ist die Situation bei älteren Menschen, die im Allgemeinen häufiger von unangenehmen Träumen berichten, nicht zuletzt als Nebenwirkung von Arzneimitteln, die beispielsweise gegen Bluthochdruck, Parkinson oder Alzheimer eingesetzt werden.
Es gibt auch posttraumatische Albträume, welche als Konsequenz eines traumatischen Ereignisses auftreten können. Posttraumatische Albträume zeichnen sich dadurch aus, dass die Inhalte des Traumas im Traum wiederholt werden. Dabei spiegeln sie verfremdet Ängste aus dem eigenen Alltagsleben wider.
Solche Ängste können durch persönliche Krisen, übermäßigen Stress, die Angst vor Arbeitsplatzverlust oder Krankheit, Überbelastung in der Familie oder die Pflege eines Angehörigen entstehen. Ebenso können durchlebte Traumata wie Verkehrsunfälle, sexuelle Übergriffe oder schwere Erkrankungen eine Ursache für diese Albträume sein.
Albträume: Wann sollte man sich Sorgen machen?
Viele Menschen haben im Schlaf ständig Albträume. Ist das normal, wann sollte man sich Sorgen machen?
Träumen ist ein natürlicher Teil des menschlichen Erlebens und dementsprechend gehören Albträume zum Schlaf dazu. Gelegentliche Albträume können sogar eine positive Wirkung auf unsere Psyche haben, da sie uns ermöglichen, negative Erlebnisse des Tages während der Nacht zu verarbeiten.
Albträume können uns zwar ängstigen und wir können uns am Morgen erschöpft und unsicher fühlen, aber sie können uns keinen Schaden zufügen. Es ist vergleichbar damit, einen Film anzuschauen. Filme können uns ebenfalls ängstigen, aber wir wissen, dass sie nicht real sind.
Der Unterschied ist, dass wir entscheiden können, ob wir uns einen Horrorfilm anschauen oder nicht. Albträume hingegen überfallen uns nachts und wir können zunächst nichts dagegen tun. Die quälende Angst vor Albträumen kann auch mit der Angst vor Kontrollverlust und dem Gefühl der Hilflosigkeit zusammenhängen. Wer jedoch ständig unter Albträumen leidet und deshalb nachts gar keine Ruhe mehr findet, sollte Maßnahmen treffen, die einen ruhigen und erholsamen Schlaf begünstigen.
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Bewusster Umgang mit Emotionen
Kann man vor dem Schlafengehen oder im Alltag irgendetwas tun, um zu verhindern, dass einen nachts ein Albtraum heimsucht?
Untersuchungen legen nahe, dass es möglich ist, Albträume zu reduzieren, indem wir uns im Laufe des Tages mit ihnen befassen und die damit verbundenen unangenehmen Gefühle zulassen.
Konkret heißt das, dass wir den Inhalt der Albträume Schritt für Schritt analysieren, aufschreiben und uns den Verlauf des Traums noch einmal intensiv vorstellen. Dies kann dazu führen, dass der beängstigende Traum nach und nach seinen Schrecken verliert und wir uns emotional mit den Themen des Traums auseinandersetzen.
Besonders traumatische Albträume belasten uns oft auch noch am nächsten Tag oder sogar mehrere Tage lang. Wie kann man damit umgehen?
Grundsätzlich sollten wir uns daran erinnern, dass Albträume etwas ganz Normales sind und keine Gefahr für unsere Gesundheit darstellen. Die sogenannte Imagery Rehearsal Technique (IRT) kann dazu beitragen, die Angst vor unseren Albträumen zu mindern. Dafür schreiben wir den letzten Albtraum zunächst mit all seinen Details auf. Wenn es sich um einen besonders beunruhigenden Albtraum handelt, empfiehlt es sich, mit einem weniger intensiven Albtraum zu beginnen, um die Technik zunächst kennenzulernen.
Für diesen Albtraum erstellen wir ein neues Drehbuch und denken uns eine alternative Handlung mit einem angenehmeren Ende aus. Dieser Schritt bietet auch die Möglichkeit, das Gefühl der Kontrolle zurückzugewinnen. Es ist ratsam, sich jeden Tag einige Minuten Zeit zu nehmen und das neue Drehbuch immer wieder durchzulesen. Wenn wir versuchen, uns dabei alles so bildhaft und lebendig wie möglich vorzustellen, kann der Albtraum im Laufe der Zeit seinen emotionalen Schrecken verlieren.
Therapie gegen Albträume
Gibt es Therapiemöglichkeiten, die bei Albträumen helfen?
Wer immer wieder unter Albträumen leidet, kann zunächst damit starten, Stress abzubauen, und dazu können Entspannungsübungen, Meditationen und Achtsamkeitsübungen beitragen.
Eine weitere Möglichkeit, Albträume zu verringern, ist eine gute Schlafhygiene. Untersuchungen zeigen, dass einige Menschen vermehrt Albträume haben, wenn sie spät abends noch etwas essen, da dies den Stoffwechsel anregt und negative Auswirkungen auf den Schlaf haben kann.
Andere wiederum reagieren mit Albträumen auf aufwühlende Fernsehinhalte. Daher ist es wichtig, sich bewusst zu machen, welche Aktivitäten vor dem Schlafengehen zu einem besseren Schlaf führen und welche eher störend sind.
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