Ab welchem Alter bezeichnet man einen Menschen als alt? Die Antwort auf diese Frage scheint davon abzuhängen, ob man sie einem Mann oder einer Frau stellt. Forschende haben dafür mehrere Gründe ausgemacht.
Ab wann ist man alt? Diese Frage beantworten Frauen im Schnitt mit einer höheren Zahl als Männer. Das hat eine Studie unter deutscher Beteiligung ergeben, die am Montag im Fachblatt "Psychology and Aging" veröffentlicht wurde.
"Frauen setzen den Beginn des höheren Alters im Durchschnitt ungefähr zweieinhalb Jahre später an", erklärte Studienautor Markus Wettstein von der Berliner Humboldt-Universität der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das könne damit zusammenhängen, dass Frauen im Schnitt länger leben.
Die Untersuchung von Wissenschaftlern der Humboldt-Uni, der Stanford-Universität, der Universität Luxemburg und der Universität Greifswald basiert auf Daten des Deutschen Alterssurvey.
Über die Umfrage
- Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine bundesweit repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung von Personen, die sich in der zweiten Lebenshälfte befinden (d. h. 40 Jahre und älter). Die Forschenden werteten Daten von rund 14.000 Menschen aus, die zwischen 1911 und 1974 geboren wurden. Die zentrale Frage dabei: "Ab welchem Alter würden Sie jemanden als alt bezeichnen?"
Altsein wird heute anders beurteilt als früher
Wettstein und sein Team fanden auch heraus, dass Altsein für Erwachsene heute gefühlt später beginnt als für Menschen, die in früheren Jahrzehnten geboren wurden. Demnach hatten 65-Jährige, die 1955 zur Welt kamen, das subjektive Empfinden, dass Altsein im Schnitt mit 75 Jahren beginnt. Für 65 Jahre alte Menschen, die bereits 1911 geborenen wurden, begann Altsein dem Modell der Wissenschaftler zufolge gefühlt schon mit 71.
Womit hängt das zusammen? "Ein Punkt ist sicherlich, dass die Lebenserwartung in den letzten Dekaden angestiegen ist", sagte Wettstein. Dem Statistischen Bundesamt zufolge hatten beispielsweise 65-jährige Männer in den Jahren 1901 bis 1910 im Schnitt noch 10,4 Jahre zu leben, gleichaltrige Frauen rund 11 Jahre. 1960 bis 1962 waren es in Westdeutschland für gleichaltrige Männer bereits 12,4 und für Frauen 14,6 weitere Jahre. In den Jahren 2019 bis 2021 waren es bei Männern 17,8 Jahre, bei Frauen rund 21.
Zuletzt hat sich der Anstieg der Lebenserwartung den Angaben zufolge aber verlangsamt. Dementsprechend verlangsamt sich laut Wettstein auch der Trend eines später wahrgenommenen Altersbeginns.
Eine weitere Begründung für die Entwicklung sei, dass der Beginn der Rente typischerweise mit Altsein in Verbindung gebracht werde, das Rentenalter im Laufe der Jahre aber gestiegen sei, erklärte Wettstein. Hinzu käme, dass alte Menschen heute im Schnitt gesünder und fitter seien als früher und dadurch länger jung wirkten.
Eine weitere Erklärung sei, dass Frauen im Alter mehr stigmatisiert würden als Männer, erklärte der Psychologe. Der Beginn des Altseins werde deswegen höher gesetzt, um sich von dem negativen Bild abzugrenzen.
Definition von Altsein ist nicht nur eine Frage der Generation
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Alterssurveys wurden über die Jahre hinweg mehrfach befragt. Wettstein zufolge stellten die Wissenschaftler bei der Auswertung der Daten ein weiteres Phänomen fest: "Wenn eine Person älter wird, schiebt sie den Beginn des höheren Alters immer ein bisschen weiter nach hinten", sagte der Psychologe der dpa.
Ein Beispiel: Eine 60-jährige Frau, für die Altsein eigenen Angaben zufolge mit 74 Jahren beginnt, findet mit 65 Jahren, dass das Alter erst mit 75 losgeht. (dpa/cze)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.