Ist man im Internet unterwegs, wird häufig Werbung für Coachings angezeigt. Diese versprechen wahlweise 100 Prozent Erfolg im Job, ewiges Glück oder einen stressfreien Alltag. Doch Experten warnen vor dubiosen Angeboten.

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Coaching hat Hochkonjunktur. Insbesondere in den sozialen Medien bekommt man immer wieder Werbung für Life- oder Business-Coaching angezeigt. Darunter verstecken sich aber auch viele unseriöse und dubiose Angebote: Im Coaching soll man etwa lernen, wie man es schafft, jeden Tag glücklich zu sein oder in einer Woche 100.000 Euro zu verdienen – mit 110 Prozent Erfolg. Doch wie erkennt man die Maschen unseriöser Coaches? Was ist überhaupt ein Coach? Wie kommt man an einen kompetenten Coach und wie viel bringt Coaching wirklich?

Was ist ein Coach?

"Coach" ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Das bedeutet, jeder oder jede kann sich Coach nennen – egal ob mit oder ohne Ausbildung. Deswegen ist es auch schwierig zu bestimmen, wie viele Coaches es in Deutschland gibt, wie Dr. Alexander Brungs, Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Coaching Verband e.V. (DCV), bestätigt. "Je dynamischer die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, desto mehr 'Coaches' kommen und gehen. Derzeit lässt sich das im Zuge von Digitalisierung, Pandemiefolgen, außen- und innenpolitischen Verwerfungen und so weiter gut beobachten", erklärt Brungs.

Auch eine definitive Aussage zur Anzahl der seriösen Coaches ist "angesichts des stark fragmentierten deutschen Marktes" schwer zu treffen. "Ich würde aber meinen: Wenn Sie auf eine Zahl sehr weit über 16.000 kommen, sind Ihre Seriositätskriterien zu weich", sagt Brungs.

Coaching im beruflichen Kontext gehört schon seit Längerem zur gängigen Praxis. "Verantwortliche in HR-Abteilungen, Personalentwicklerinnen, potentielle Klientinnen und Klienten auf allen Ebenen des Managements et cetera kennen Rahmenbedingungen sinnvollen Coachings und ernstzunehmende Anbieter schon länger", weiß der Coaching-Experte. "Das Format 'Coaching’ als Verfahren zur Persönlichkeits- und Personalentwicklung ist inzwischen gut akzeptiert und etabliert."

Wie viel bringt Coaching wirklich?

Laut Wirtschaftspsychologe Prof. Dr. Uwe Kanning von der Hochschule Osnabrück zeige die Forschung, "dass Coaching eine Methode ist, die wirksam sein kann, im Durchschnitt aber nur eine sehr geringe Wirkung entfaltet".

Weiter erklärt er: "Das liegt nicht unbedingt in der Natur des Coachings, denn grundsätzlich ist es sicherlich kein falscher Ansatz, sich ganz individuell mit den Problemen und Sorgen einzelner Menschen auseinanderzusetzen. Wir wissen bislang aber viel zu wenig darüber, welche spezifischen Methoden innerhalb des Coachings wie wirken beziehungsweise in welchem Fall welche Methode zum Einsatz kommen sollte."

Kanning gibt dazu ein Beispiel: "Das ist ungefähr so, als wüsste man in der Medizin zwar, dass Medikamente wirksam sind, wäre bislang aber noch nicht in der Lage zu erkennen, welches Medikament bei welcher konkreten Störung in welcher Dosierung eingesetzt werden muss."

Woran erkennt man einen seriösen Coach?

Das Image des seriösen Coachings in Deutschlands leidet unter dubiosen Coaching-Angeboten: "In der Wahrnehmung einer breiteren Öffentlichkeit wirken sich spektakuläre Fälle von Coaching-Quacksalberei wahrscheinlich schädlich auf das Image der Coaching-Branche aus – manche fürchten, zu Opfern netzbasierter 'Schneeballsysteme' werden zu können oder von Arbeitgebern unter dem Mäntelchen einer besonders fürsorglichen Personalentwicklung zu sinnlosen, billigen Online-Programmen verdonnert zu werden", sagt Brungs.

"Umso wichtiger ist es, dass die relevanten, seriösen Akteure unter den Anbietern ihre Hausaufgaben machen und für die Bereitstellung leicht zugänglicher und verständlicher, doch umfassender und verbindlicher Information über Coaching sorgen. Dies bleibt eine wichtige Aufgabe gerade für die ernstzunehmenden Berufsverbände."

Um nicht auf ein dubioses Angebot hereinzufallen, sollte man wissen, was einen guten und seriösen Coach ausmacht. "Ganz generell gilt: Nutzen Sie aufmerksam sämtliche Informationen, die Sie über den Coach erhalten können und überprüfen Sie, ob diese Informationen in sich schlüssig und plausibel sind. Kommt Ihnen etwas merkwürdig vor, suchen Sie eine andere Person – der Markt ist groß genug", rät Brungs.

Der Coaching-Experte nennt darüber hinaus vier Punkte:

  • Ein guter Coach wird mit Ihnen vereinbaren, woran gearbeitet werden und wohin der Coachingprozess führen soll, gibt aber keinerlei Versprechen auf konkrete Resultate. Zum Beispiel hieße das: Das Ziel "Klient will eine reflektierte und in der Praxis sinnvoll wirkende Einstellung zu Geld und Einkommen erreichen" ist okay, das Ziel "100.000 Euro netto im nächsten Jahr" ist ein No-Go.
  • Sie werden vertraglich nicht auf die Ableistung (und Zahlung) bestimmter Stundenzahlen und nicht auf die Befolgung von Anweisungen, Techniken et cetera verpflichtet. Generell werden Sie überhaupt nicht direktiv, gewissermaßen aus der Warte der kompetenteren Fachperson heraus, belehrt. Je mehr Belehrung, je mehr "Training", desto weniger Coach. Und Sie haben jederzeit die Freiheit, den Prozess zu beenden.
  • Sie können jederzeit die Frage stellen, was im Coachingprozess weshalb unternommen wird und darauf eine zumindest plausible Antwort erwarten. Wenn Sie etwas zu hören bekommen wie "Da müssen Sie jetzt erstmal durch, und dann …", bedeutet das vielleicht, dass der Coach selbst nicht so sicher ist, was gerade passiert.
  • Schließlich und vor allem anderen: Sie haben einen grundsätzlich guten, intuitiven Eindruck vom Coach. Gibt Ihnen Ihr Bauchgefühl nicht "grünes Licht", heißt das nicht, dass es sich um einen schlechten Coach handelt, aber Sie beide passen vielleicht einfach nicht zueinander, weshalb auch immer. Das könnte sich nach längerem Kennenlernen ändern, aber in dieser Zeit wären Sie vielleicht mit einem anderen Coach schon ein paar Schritte weitergekommen. Wie bereits erwähnt: Das Angebot ist groß genug.

Wirtschaftspsychologe Uwe Kanning weist zudem auf die Bedeutung einer fundierten Ausbildung hin. "Ein guter Coach muss zunächst einmal eine fundierte Ausbildung aufweisen, in der Grundlegendes gelernt wurde und zwar im Hinblick auf etwa menschliches Verhalten, Emotionen, Konflikte und Problemlösestrategien. Diese Ausbildung sollte auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußen und nicht vor dem Hintergrund diverser Schulen oder weltanschaulicher Ideologien laufen."

Darüber hinaus sei es "wichtig, dass der Coach in seiner Ausbildung ein professionelles Verhaltenstraining mit Feedback bekommt, um sein Vorgehen kritisch reflektieren zu können". Ein Coach müsse zudem "die Grenzen seiner eigenen Kompetenzen" kennen: "Ein Coach ist kein Psychotherapeut und auch kein Mediziner. Im Zweifelsfall muss er also auf den eigenen Profit verzichten und seinen Klienten raten, sich an professionellere Berufsgruppen zu wenden", sagt Kanning.

Wie seriös sind Ausbildungen und Zertifikate von Coaches?

Zwar kann sich jeder und jede Coach nennen – es gibt aber dennoch Ausbildungen und Zertifikate für Coaches. "Hilfreiche Orientierung liefern Zertifikate seriöser Berufsverbände wie diejenigen des Deutschen Coaching Verbands e.V., für den ich hier spreche", erklärt Alexander Brungs. "Formal kommt es dabei auf Folgendes an: Es gibt eine das Zertifikat verleihende Prüfungsinstanz, die weder von einem bestimmten Ausbildungsanbieter noch von einem bestimmten Coaching-Dienstleistungsanbieter abhängig ist. Zertifiziert werden zum einen die Coaches selbst, zum anderen auch Ausbildungsgänge durch unabhängige Dritte. Die Kriterien für diese Zertifizierungen sind nachvollziehbar hinterlegt und auf aktuellem Sachstand."

Der Experte hat zudem eine Checkliste mit Fragen parat: Ist die Antwort auf eine oder mehrere dieser Fragen eindeutig 'Ja', habe man gute Gründe, an der Qualität der Ausbildung zu zweifeln.

  • Ist die Coaching-Ausbildung erkennbar kurz, also deutlich unter 180 Stunden und/oder als "Kompaktkurs" ohne längere Erprobungs- und Reflexionsphasen zwischen den Ausbildungseinheiten?
  • Bezieht sich die Ausbildung überwiegend auf eine sogenannte "Methode", gar eine markenrechtlich geschützte?
  • Sind die unterrichteten Theorien, Methoden und Techniken eher im Marketing und schnelllebigen Medien als in der Fachliteratur präsent?
  • Findet die Ausbildung ausschließlich online statt?
  • Gibt es nur sehr wenige Ausbilderinnen und Ausbilder? Ist deren Qualifikation so "exklusiv", dass deren eigene Ausbildung kaum eine Rolle spielt?
  • Bestätigen sich Vertreterinnen und Vertreter der Ausbildung auffällig gegenseitig in ihrer Kompetenz?
  • Bescheinigt das Zertifikat Menschen mit kaum Lebens- und/oder Berufserfahrung, gute Coaches zu sein?

Ist Coaching als Massenveranstaltung zielführend?

Immer wieder gibt es Coaching-Angebote, die für die breite Masse gedacht sind, zum Beispiel ein Vortrag oder eine Präsentation, die man sich online anschauen kann. "Es ist sicherlich nicht zielführend, Coaching in einer Massenveranstaltung durchzuführen", sagt Wirtschaftspsychologe Kanning.

"Coaching ist sinnvollerweise eine Methode, bei der man sich ganz individuell mit der Situation eines Coachees (Person, die gecoacht wird, Anm.d.Red.) auseinandersetzt und spezifisch für diese Person Problemlösungen entwickelt. Massenveranstaltungen dienen eher dem Entertainment und dem Anwerben neuer Kunden. Ganz ähnlich verhält es sich mit Coaching-Vorträgen, die im Internet zu finden sind. Mit einem professionellen Coaching haben sie nichts zu tun", sagt Kanning.

Eine persönliche Beziehung zwischen Coach und Coachee kann sehr wichtig sein. Kanning zufolge zeigen Studien, "dass der Beziehung zwischen Coach und Coachee eine wichtige Bedeutung im Hinblick auf den Erfolg des Coachings zukommt". Dies habe "nicht zuletzt damit zu tun, dass der Coach das Vertrauen seines Klienten erwerben beziehungsweise der Coachee sich seinem Coach öffnen muss. Das wird er nur dann machen, wenn er seinem Gegenüber vertraut."

Was sind typische Formulierungen und Versprechen von unseriösen Coaching-Angeboten?

Unseriöse Coaching-Angebote fallen oft durch bestimmte Versprechen ins Auge. "Ziemlich sicher werden Sie Aussagen finden, dass Sie dieses oder jenes Wunsch-Traumziel – Geld, Macht, Erfolg, Lebenspartner und so weiter – garantiert erreichen, wenn Sie genau dieses und kein anderes Coaching buchen", sagt Brungs.

"Sie werden schneller Verhaltensanweisungen als ein Bild von Ihrer persönlichen Situation und den damit verbundenen Optionen bekommen. Sie werden womöglich stufenweise immer mehr Geld für weitere 'Schritte' im Programm zahlen müssen – natürlich im Voraus. Wenn Sie etwas über das Programm selbst, seine Grundlagen und Methodik erfahren wollen, wird man Sie vielleicht auf die absolute Neuartigkeit – manchmal auch uralte, aber unbekannte, vielleicht vergessene Tradition – und vor allem Exklusivität des Gebotenen verweisen mit der versteckten Botschaft: Du kannst froh sein, dass Du hier teilhaben darfst", erklärt Brungs.

Fragen, die man sich dabei stellen kann, sind: "Interessiere ich mich für dieses Coaching, weil ich glaube, dass die Anbieterin über die Qualifikation verfügt, mich in einem persönlichen Entwicklungsprozess zu unterstützen? Oder habe ich womöglich eher ein wenig das Gefühl, dass der Anbieter in irgendeiner Weise das verkörpert, was ich gern wäre? In diesem Falle würde ich eher zu Abstand raten", sagt Brungs. "Ein ganz einfacher Praxistipp: Denken Sie zum Beispiel an Ihre Zahnärztin. Die suchen Sie in der Regel nicht auf, weil auch Sie so schnell wie möglich Zahnarzt werden wollen, sondern wahrscheinlich, weil Sie annehmen, dass diese Person über wichtige Qualifikationen verfügt, sie bei der Erhaltung eines gut funktionierenden und schmerzfreien Kauapparats zu unterstützen."

Der Teufelskreis bei unseriösem Coaching

Coachings, die Unmögliches versprechen, könnten kurzfristig zwar das Gefühl erzeugen, auf dem richtigen Weg zu sein und endlich eine Lösung für die eigenen Probleme gefunden zu haben.

"Erst später, vielleicht einige Wochen nach dem Besuch einer Massenveranstaltung, wird man merken, dass sich im eigenen Leben rein gar nichts geändert hat", sagt Wirtschaftspsychologe Kanning. "Das ist ungefähr so, als würde man ein Konzert besuchen und glauben, dass die emotionale Stimmung, die hier erzeugt wurde, dauerhaft anhalten wird und das Leben verändert. Am Ende bleibt nichts übrig als eine schöne Erinnerung, für die man mitunter viel Geld ausgegeben hat. Wer jetzt angefixt ist und immer weiter Geld investiert, um das schöne Gefühl aufrechtzuerhalten, begibt sich auf einen unguten Weg."

Immer wieder ist in Erfahrungsberichten bei unseriösem Coaching zu lesen, dass mit den Selbstzweifeln des Coachees gespielt wird. So wird etwa argumentiert, dass die Klientin oder der Klient etwas falsch gemacht hat, wenn das Coaching nicht hilft.

"Wenn Klienten erst einmal auf diese Argumentation reingefallen sind, begeben sie sich in eine Art Teufelskreis", warnt Kanning. "Wenn sie erkennen, dass die Methode keine Wirkung hat, geben sie sich selbst die Schuld und nicht etwa der wirkungslosen Methode eines unqualifizierten Coaches. In der Konsequenz werden sie noch mehr Geld und Zeit investieren, vielleicht auch, weil der Coach ihnen suggeriert, dass ihr Problem so tiefgreifend ist, dass sie eine längere Behandlung anstreben müssen."

Für den Coach sei dies ein lukratives Geschäft, "denn er hat jetzt einen Menschen in eine Abhängigkeit zu sich gebracht und damit eine dankbare Einnahmequelle erschlossen", erklärt der Wirtschaftspsychologe. "Je mehr der Klient dem Coach vertraut und nicht merkt, dass er an einen Scharlatan geraten ist, desto leichter lässt sich der Klient vom Coach ausnehmen."

Auch bei der Festlegung des Coaching-Ziels ist Vorsicht geboten. "Wenn ein Coach seinen Klienten einredet, dass der Weg das eigentliche Ziel sei, ist dies ein Freifahrtschein für endlose Coachings, die der Coachee teuer bezahlen muss", führt Kanning aus.

"Selbstverständlich sollte es am Anfang eines Coachings eine klare Zielvereinbarung geben: Was ist die Problemlage? In welche Richtung möchte sich der Coachee weiter entwickeln? Was ist realistisch zu schaffen?", führt Kanning aus. "Es ist daher auch sinnvoll, von vornherein die Anzahl der Sitzungen zu begrenzen, also beispielsweise nur fünf oder zehn Sitzungen zu vereinbaren und danach ein Fazit zu ziehen: Wurde das gesetzte Ziel erreicht oder hat sich der Weg als nicht gangbar erwiesen?"

Warum fallen Menschen auf unseriöse Coachings herein?

Immer wieder fallen Menschen auf unseriöse Coachings herein. Doch woran liegt das? "Zum einen spielt das unseriöse Coaching mit den Wünschen und Träumen vieler Menschen. Jeder findet in seinem Leben irgendetwas, mit dem er oder sie nicht zufrieden ist und das man gerne verändern möchte", sagt Kanning. "Zum anderen suggeriert das Tausendfache Angebot im Internet, dass man einen Coach benötigt, um ein zufriedenes Leben führen zu können. Viele kennen vielleicht auch in ihrem Bekanntenkreis Menschen, die einen solchen Weg gegangen sind."

"Je mehr man darüber liest und hört, je selbstverständlicher Coaching wird, desto größer ist die Gefahr, dass immer mehr Menschen glauben, von einem Coaching profitieren zu können oder es vielleicht sogar zu benötigen", erklärt der Wirtschaftspsychologe. "Hier wird ein sozialer Druck aufgebaut, der durch nichts gerechtfertigt ist. Selbstverständlich benötigt man ganz grundsätzlich erst mal kein Coaching."

Life-Coaching vs. Therapie: Wann sollte man sich professionelle Hilfe holen?

Kanning warnt zudem vor unseriösem Life-Coaching, das – unter Umständen – sogar eine Gefahr darstellen kann. Beim Life-Coaching steht die persönliche Weiterentwicklung im Vordergrund. Unseriöse Angebote dieses Coachings dienen "in erster Linie dem finanziellen Vorteil der Anbieter, die in der Regel über keine ernstzunehmende Ausbildung verfügen", sagt Kanning. "Für viele Menschen, die professionelle Hilfe benötigen, kann das Life-Coaching daher sogar eine Gefahr darstellen, weil sie sich eben nicht professionelle Hilfe suchen, sondern auf irgendwelche zwielichtigen Angebote hereinfallen."

Statt eines Coachings ist in bestimmten Fällen professionelle Hilfe besser: "Einen Psychotherapeuten sollte man vor allem dann aufsuchen, wenn die eigenen Probleme das Leben schwer machen, wenn man immer wieder in seinen Gedanken um ein bestimmtes Thema kreist, am Sinn des Lebens zweifelt, sich beständig unwohl fühlt, sich vor anderen Menschen zurückzieht, starke Ängste entwickelt oder ähnliches", erklärt Kanning.

Dubiose Online-Coaching-Verträge: Was tun, wenn man auf unseriöses Coaching hereingefallen ist?

Wer auf unseriöses Coaching hereingefallen ist und sogar einen kostspieligen Vertrag abgeschlossen hat, sieht oft keinen Ausweg aus der verfahrenen Situation. Wie die Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Mönchengladbach mitteilt, können sehr hohe Preise allerdings zur Nichtigkeit des Vertrages führen. Die Kanzlei ist unter anderem auf die Beratung geschädigter Verbraucher durch Online-Coaching-Anbieter spezialisiert.

Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung erklärt: "Preise zwischen 5.000 und 50.000 Euro für die Beratung sind nicht selten, oftmals operieren die Anbieter mit teuren Abonnement-Modellen. Das müssen sich Betroffene aber nicht gefallen lassen. Denn sehr hohe Preise führen häufig zur Nichtigkeit des Vertrages aufgrund von Sittenwidrigkeit gemäß dem Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB."

Weiter führt er aus: "Regelmäßig sind die Verträge auch unter Anwendung der Spezialvorschrift des § 627 BGB wegen der Vertrauensstellung des Coaches wirksam fristlos kündbar. Zudem können Betroffene im Falle der Schlechtleistung unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen."

Wegweisende Gerichtsurteile

Das Landgericht Stade habe dies bereits bestätigt, heißt es in der Mitteilung weiter. Eine Verbraucherin hatte geklagt, nachdem sie ein Online-Coaching über zwölf Monate Laufzeit für 30.000 Euro gebucht hatte. Sie widerrief den Vertrag, weil die Leistung nicht zufriedenstellend gewesen sei, und weigerte sich, die monatliche Vergütung zu zahlen. Das Landgericht gab ihr recht: Der Preis des Online-Coachings sei maßlos überzogen, die Vereinbarung darum von Anfang an unwirksam gewesen. Der Coaching-Anbieter legte Berufung ein.

Das Oberlandesgericht Celle hat Anfang März daraufhin ein wegweisendes Urteil gefällt, das die Kündigung von dubiosen Online-Coaching-Verträgen einmal mehr erleichtert. Das Urteil bezog sich nicht auf die Sittenwidrigkeit wie das Landgericht Stade, sondern auf das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Online-Coaching fällt in bestimmten Fällen unter dieses Gesetz, das unter anderem bestimmt, dass Fernlehrgänge staatlich zugelassen sein müssen. In vielen Fällen ist dies bei Online-Coaching-Verträgen nicht der Fall – damit sind diese nichtig. Um das FernUSG anzuwenden, muss der Vertrag zudem die "notwendige Voraussetzung der Überwachung des Lernerfolgs" beinhalten, sagt Rechtsexperte Gerrit Hartung unserer Redaktion.

Das OLG Celle stellte darüber hinaus fest, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz nicht nur auf Verbraucher angewendet werden kann, sondern auch auf Unternehmer. Und wie kann man als Verbraucher herausfinden, ob ein Online-Coaching staatlich zugelassen ist? "Grundsätzlich kann die staatliche Zentralstelle für Fernunterricht um Auskunft gebeten werden", sagt Hartung.

Zu den Personen:
Dr. Alexander Brungs ist Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Coaching Verband e.V. (DCV). Seit 2010 ist er zudem selbst als zertifizierter Coach für Persönlichkeitsentwicklung und Karriereplanung tätig.
Prof. Dr. Uwe Kanning ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen etwa soziale Kompetenzen, Arbeitszufriedenheit und unseriöse Methoden der Personalarbeit. In seiner wissenschaftlichen Arbeit setzt er sich unter anderem mit Methoden wie Coaching und Sprachanalyse auseinander.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Dr. Alexander Brungs
  • Gespräch mit Prof. Dr. Uwe Kanning
  • Statement von Dr. Gerrit W. Hartung
  • Presseportal.de: Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH: Online-Coaching-Verträge: Kunden können sich unter Berufung auf den Wuchertatbestand gegen Abzocke wehren
  • voris.wolterskluwer-online.de: Niedersächsisches Vorschrifteninformationssystem (NI-VORIS), Oberlandesgericht Celle Urt. v. 01.03.2023, Az.: 3 U 85/22
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