Sie war schon immer pferdeverrückt. Doch im Alter von 15 Jahren hatte Faye O’Hara einen schweren Unfall, seitdem sitzt sie im Rollstuhl. Lange Zeit war sie todunglücklich, weil sie nie wieder reiten wird – bis sie sich entschloss zu kämpfen. Und zu züchten. Heraus kam Majestic, ein bildschöner Friese. Heute sagt sie: Er hat mein Leben gerettet.
Pferde? Hat die Britin Faye O-Hara schon immer geliebt. Kein Wunder: Der Pferde-Virus wurde ihr in die Wiege gelegt. Auch ihre Mutter ritt und mit fünf Jahren bekam Faye ihr erstes Pony. "Ich habe es absolut geliebt", sagte sie. Vor allem Springen liebte sie, nahm an Turnieren teil. "Mit 13 bekam ich dann mein eigenes junges Pferd zum Reiten", erzählt sie.
Faye war 15, als ihr Leben von einer Sekunde zur anderen aus den Fugen geriet. Sie brach sich bei einem Autiunfall Rippen, Becken, Oberschenkelknochen und Schlüsselbein. Dazu wurden die die Nerven in ihrem rechten Arm durchtrennt. Und auch das Rückenmark von zwei Brustwirbeln wurde geschädigt. Die Folge: Faye ist seitdem gelähmt.
Nach einem Unfall sitzt Faye im Rollstuhl
An den Unfall selbst hat sie kaum Erinnerungen. Aber an den Moment danach: "Ich wachte drei Wochen später im Krankenhaus auf", so Faye sie. "Ich weiß noch, wie ich aufwachte und die Quadrate an der Decke sah. Ich konnte weder meine Arme noch meine Beine bewegen." Die Ärzte kamen zu ihr und "sagten mehr oder weniger, dass ich nie wieder laufen könne". Später erfährt sie, dass sie in den Wochen mehrmals um ihr Leben gekämpft hatte. "Meine Familie war drei oder vier Mal dort, um sich zu verabschieden."
Drei Monate blieb sie auf der Intensivstation, es folgten acht weitere Monate mit mehreren OPs in der Klinik, dann eine Reha. Danach wurde sie entlassen – als Rollstuhlfahrerin, die nur ihren linken Arm bewegen kann. "Es war eine schreckliche Zeit", berichtet Faye in einem Interview. "In den ersten vier Monaten ging es mir so schlecht." Dazu hatte sie Wahnvorstellungen, weil sie hohe Dosen Schmerzmittel bekam. "Ich verstand nicht wirklich, was eigentlich los war. Es war, als wäre es nicht mein Leben."
Nie mehr reiten? "Das hat mir das Herz gebrochen"
Auch die Reha war für sie ein Schock: "Als ich so viele Menschen im Rollstuhl sah, wurde mir klar, worum es jetzt in meinem Leben geht. Ich brauchte Hilfe beim Aufstehen und Hinlegen. Als ich nach Hause kam, wurde mir klar: ‚Das ist jetzt mein Leben und es wird nicht besser werden.‘"
Was für sie besonders schlimm war? "Zu hören, dass ich nie wieder reiten würde – das hat mir das Herz gebrochen", sagte sie. Ihre Stute Savannah wurde verkauft. "Ich habe sie nie wieder gesehen. Am Tag des Unfalls war ich mit ihr gesprungen. Alles war normal und ich war so stolz auf sie, und dann mussten sie sie verkaufen." Danach wollte Faye mit Pferden nichts mehr zu tun haben. "Ich habe diese Welt völlig ausgeblendet, weil ich damit nicht klarkam. Und ich wollte damit auch nicht klarkommen."
"Ich fühlte mich noch behinderter"
In der Zeit danach begann Faye ihr neues Leben langsam zu akzeptieren. "Aber immer fehlte mir etwas." Andere hätten sie ermutigt, sich wieder mit Pferden zu beschäftigen – und Kutsche zu fahren. "Aber ich dachte, das bedeutet, nur mit einer Kutsche auf der Straße zu fahren." Und die Idee konnte sie nicht begeistern.
Dafür nahm sie eine Reitstunde bei der "Riding for the Disabled Association". Noch heute schwärmt sie von der Wohltätigkeitsorganisation. Doch die Stunde brachte ihr keinen Spaß. Sie, die früher so gerne sprang und mit ihrem Pferd spielte, saß jetzt hilflos auf dem Pferderücken. "Das war nicht ich", so Faye. "Ich fühlte mich dadurch eher noch behinderter."
Plötzlich hatte sie ihr eigenes Fohlen: Majestic
Ihre Sandkastenfreundin Janet kam dann auf eine Idee: Sie wollte ihr Pony Isaac verkaufen – und überredete Faye, es als Kutsch-Pony zu nehmen. Dazu fand Faye einen Wagen, auf den sie ihren Rollstuhl über eine Rampe rauf fahren konnte. Es war der Beginn ihrer Kutschen-Liebe. Doch nach ein paar Jahren fragte sie sich, ob es nicht noch mehr geben würde…
"Etwa zu dieser Zeit bot Janet mir ihre Friesen-Stute, die sie in den Niederlanden gekauft hatte, als Kutschpferd an", erinnert sie Faye. "Und sie fragte auch, ob ich die Stute nicht von ihrem Hengst Hessel decken lassen wollte." Faye lacht. "Da ich nicht viel über Fahrwettbewerbe wusste, war ich mir überhaupt nicht sicher, ob ich in der Lage wäre, so ein großes Pferd zu lenken. Aber die Wettbewerbe haben mich einfach fasziniert." Und so kam sie nicht nur zu einem großen Kutschpferd, sondern auch zu ihrem eigenen Fohlen – Majestic.
Mit dem Pony startet Faye wieder auf Turnieren
"Den ersten Monat seines Lebens verbrachte ich damit, mit ihm auf der Weide zu spielen und eine Bindung zu ihm aufzubauen." Gleichzeitig suchte sie nach einem Trainer – und fand Pat Cooper von "North Eastern Driving Trials". Und auch eine Kutsche brauchte sie. So rief sie bei Cumbria Carriages an. "Ich habe ihnen gesagt: ‚Ich habe einen Arm und bin gelähmt. Sie müssen mir einen Wagen anpassen‘", erzählt Faye. "Er sagte: ‚Was?‘ Aber er baute für mich eine Autowinde und einen Rahmen, der über den Wagen ging, um mich hochzuheben und hineinzusetzen." Sie lacht: "Und Pat sagte: ‚Lass uns starten.‘"
Mit ihrem Pony Isaac nahm sie an den ersten Fahrwettbewerben teil. "Es war absolut fantastisch, wieder auf Turnieren zu sein", sagt sie. Pat half ihr auch, ihren verletzten Arm einzusetzen. Seit 14 Jahren hatte sie ihn da nicht mehr benutzt. Doch mit Pats Hilfe zog sie eine Socke über die rechte Hand. Und mit einem Gummiband an ihrem Handgelenk kann sie jetzt die Zügel auf dieser Seite benutzen.
Friese Majestic ist "wie ein Hund"
"Mein erster Wettkampf war im November vor vier Jahren und ich war echt schlecht!", sagte Faye. "Ich wusste nicht, wohin ich wollte und es gab so viel, was ich verstehen musste. Aber es gab mir ein Ziel, auf das ich hinarbeiten konnte – und das liebte ich." Zu diesem Zeitpunkt hatte auch ihr Majestic bereits die ersten Stunden vor der Kutsche absolviert.
Und Faye wollte mit ihm fahren. "Er ist wie ein Hund. Ich kann ihm das Halfter anlegen, ich kann alles mit ihm machen", sagte sie. Doch ihre Idee sorgte bei anderen Menschen für Zweifel. "Alle sagten: ‚Fang noch nicht an, ihn zu fahren, er ist schwierig im Verkehr‘. Aber nachdem meine Mutter und meine Tante ihn ein paar Mal mitgenommen hatten, nahm ich ihn mit. Wir hatten ein paar Probleme, aber er hört auf mich und ich vertraue ihm."
"Ich habe viele Pläne"
Als sie das erste Mal mit Majestic zum Turnier wollte, meldeten sich die Zweifler wieder. "Dann sagten alle, ich solle ihn nicht zu seinem ersten Wettkampf mitnehmen. Aber ich sagte: ‚Ich nehme ihn mit‘ – und es war fantastisch. Seitdem nehme ich mit ihm an Wettkämpfen teil." Mittlerweile ist sie nur noch mit Majestic unterwegs. "Es ist sehr hart, aber er gibt mir das Gefühl, wieder ich selbst zu sein. Er ist forsch, jung, ein großes Pferd – aber durch ihn fühle ich mich wieder körperlich fit."
Doch der Weg von Faye und Majestic hatte auch seine Tiefen. Im vergangenen Jahr fiel sie aus der Kutsche und brach sich das Bein. Danach wurde bei Majestic eine Bänderverletzung festgestellt. Doch davon ließ sie sich nicht aufhalten. Seitdem fährt sie das Pony Frankie und hofft, sowohl mit ihm als auch mit Majestic bei Wettbewerben starten zu können. "Ich habe viele Pläne und ich denke, so gehe ich mit dem um, was mir passiert ist: Ich bleibe konzentriert und mache weiter", sagte sie.
"Er hat mir das Gefühl gegeben, wieder ich selbst zu sein"
Für sie steht fest: "Majestic hat mein Leben gerettet. Er hat mich aus einem Loch gezogen und mir das Gefühl gegeben, wieder ich selbst zu sein." Mit ihm hat sie einen Teil ihres alten Lebens zurückbekommen. "Viele Leute sind in einer Situation wie meiner vorsichtig. Aber ich sage: ‚Ich bin früher jeden Tag geritten, ich bin auf gefährlichen Pferden geritten und habe gefährliche Dinge getan. Ich werde nicht aufhören, das zu tun, was ich tue, nur weil etwas passieren könnte."
Mit ihrer Geschichte und auf ihrer Homepage will sie anderen Menschen Mut machen. "Nicht nur für Menschen in meiner Situation, sondern auch für körperlich gesunde Menschen, die mit Pferden oder anderen Dingen Probleme haben", sagte sie. "Wenn Du etwas willst, egal was, kannst Du es schaffen. Es mag schwierig sein. Aber es geht darum, Probleme zu lösen. Lass Dir von niemandem sagen, dass Du es nicht kannst. Arbeite auf etwas hin und mache es möglich. Nur Du kannst es schaffen. Das ist meine wichtigste Botschaft." © Pferde.de
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