Vor 50 Jahren wird Neil Armstrongs "kleiner Schritt" auf dem Mond zum "gewaltigen Sprung für die Menschheit". Doch so pathetisch und historisch geht es nicht immer zu in den neun Tagen der Apollo-Mission. Ein Protokoll.

Mehr Wissensthemen finden Sie hier

13,5 Tonnen Treibstoff verbrennen pro Sekunde kontrolliert hinter den Rücken von Michael Collins, Buzz Aldrin und Neil Armstrong. Tausende Zuschauer jubeln am 16. Juli 1969 um 9:32 Uhr Ortszeit rund ums Cape Kennedy in Florida, als sich die 110 Meter hohe Saturn-V-Rakete mitsamt den drei US-Astronauten und dem Raumschiff "Columbia" dröhnend in den Himmel schiebt.

Ein Bilderbuch-Start für die Mission "Apollo 11", die erstmals Menschen auf den Mond bringt. Doch bis zu Armstrongs berühmtem kleinem Schritt ist es noch ein weiter Weg.

16. Juli

Nach knapp zwölf Minuten erreicht das Raumschiff den Erdorbit. Die Crew kümmert sich nach dem erfolgreichen Start um kleinere Projekte ("Wie ging das noch mal mit dem Zoom von der Kamera?").

Mit einer letzten Zündstufe schießt die Saturn V das Raumschiff aus dem Orbit in Richtung Mond. Die Reste der Rakete werden abgesprengt, nur das Raumschiff und die Landesonde "Eagle" fliegen weiter. Damit es dabei nicht einseitig von der Sonne erhitzt wird, dreht es sich mit drei Umdrehungen pro Stunde um die eigene Achse wie ein Brathähnchen - die US-Raumfahrtagentur Nasa spricht von "Barbeque technique".

17./18. Juli

Gut gelaunt, so klingt es jedenfalls im Funkverkehr, bereiten die drei Astronauten die Annäherung an den Mond vor. Nennenswerte Probleme gibt es nicht, die Crew kann bis zu 10 Stunden pro Nacht schlafen.

Nicht alles, was das Team in Houston und die "Columbia"-Mannschaft in dieser Phase besprechen, ist hohe Wissenschaft. Es geht auch um profanere Fragen wie die Temperatur des morgendlichen Kaffees ("nicht brühend heiß, aber warm") oder - aus heutiger Sicht recht unspektakuläre - Beobachtungen zum Wetter auf der Erde. So gibt etwa Aldrin zu Protokoll, dass Großbritannien deutlich grüner sei als Spanien.

19. Juli

Der Mond rückt näher. Die "Columbia" fliegt aus dem Bereich der Anziehungskraft der Erde in den, in dem die Anziehungskraft des Mondes auf sie einwirkt. Hinter dem Mond schwenkt das Raumschiff mit einem Bremsmanöver auf eine Umlaufbahn um den Mond ein.

20. Juli

Armstrong und Aldrin stellen sich - denn es gibt keine Sitze - in die Landefähre "Eagle" (deutsch: Adler). Von Kabeln werden sie gehalten. Die Landefähre wird vom Mutterschiff abgekoppelt. Sie sei "der am komischsten aussehende Apparat, den ich je am Himmel sah", sagt Collins später. Nasa-intern wird die Fähre auch "fliegendes Bettgestell" genannt. Collins wird auf einer Umlaufbahn etwa 111 Kilometer über dem Mond auf seine Kollegen warten.

Im Landeanflug gibt der Bordcomputer mehrfach Alarm - später stellt sich Überlastung als Ursache heraus. Houston gibt nach fieberhaften Beratungen Anweisung, die Fehlermeldungen zu ignorieren. Während des gut 12-minütigen Landemanövers funkt Armstrong zudem: "ziemlich felsige Gegend". Der Autopilot fliegt die "Eagle" auf einen Platz voller Geröll zu, Armstrong korrigiert den Kurs und steuert einen ebenen Landeplatz an.

Um 15:17 Uhr Ortszeit empfängt die Nasa in Houston die ersten Worte eines Menschen von der Oberfläche eines fremden Himmelskörpers: "Maschinen aus. Houston, hier ist Tranquility Base. Der Adler ist gelandet". Jubel auf der Erde. "Ihr habt ein paar Leute fast blau anlaufen lassen, wir atmen wieder", funkt Mission Control zurück. Die Astronauten melden sich fortan als Tranquility Basis, benannt nach dem Landeplatz im Mare Tranquillitatis.

In den ersten Stunden nach der Landung bereiten Armstrong und Aldrin zunächst die Rückkehr zum Mutterschiff vor, essen etwas und ruhen sich kurz aus. Sechseinhalb Stunden nach der Landung auf dem Mond und fast 110 Stunden nach dem Abflug von der Erde öffnet Armstrong die Luke der "Eagle". Die Oberfläche sei von einem feinen, geradezu puderhaften Material bedeckt, berichtet er von der Leiter aus.

Schließlich setzt er an, von der letzten Stufe zu hopsen. Ein kleiner Schritt sei das für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit, sagt Armstrong. Geschätzt mehr als eine halbe Milliarde Menschen schauen am Fernseher zu. Aldrin beobachtet die Szene aus der "Eagle". Knapp 20 Minuten später steigt auch er herunter. "Schöne Aussicht", ist sein erster Eindruck. "Ist das nicht was? Herrliche Sicht hier", stimmt Armstrong ihm zu. Schließlich hat auch Aldrin seinen poetischen Moment: "Herrliche Trostlosigkeit".

Houston schaltet US-Präsident Richard Nixon auf den Mond durch. "Das muss der historischste Anruf sein, der je aus dem Weißen Haus getätigt wurde", sagt er und gratuliert den beiden. Auch für den Fall eines Scheiterns von "Apollo 11" hatte Nixon eine Rede vorbereitet. Die Astronauten führen ein paar eher simple Experimente durch, rammen die US-Fahne in den Mondboden, hinterlassen eine Plakette und sammeln Gesteinsproben. Zweieinhalb Stunden nach Armstrongs Schritt auf den Mond sind beide Astronauten wieder in der Landefähre. Sie verstauen die Proben, werfen unnötig gewordene Ausrüstung aus der Kabine und versuchen schließlich etwas zu schlafen.

21. bis 23. Juli

Gut 21,5 Stunden nach ihrer Landung zünden die beiden die Aufstiegsstufe der "Eagle" und verlassen den Mond. Zweieinhalb Stunden später dockt die Fähre wieder an der "Columbia" an. Aldrin und Armstrong kommen mit den Proben an Bord. Danach wird die "Eagle" abgedockt und zurückgelassen. Weitere rund sieben Stunden später zündet die "Columbia" den Antrieb für den Rückflug zur Erde.

24. Juli

Das Raumschiff erreicht eine Erdumlaufbahn. Kurz darauf dockt die Crew das hintere, größere Service-Modul der "Columbia" vom Kommando-Modul ab. Von der 110 Meter hohen Rakete, mit der "Apollo 11" startete, ist etwa 195 Stunden und 1,5 Millionen Kilometer später nur noch das gut drei Meter hohe und knapp vier Meter breite, konisch geformte Kommando-Modul übrig. Darin dringen die Astronauten wieder in die Erdatmosphäre ein und landen im Pazifik. Wieder jubelt Houston, als Armstrong sich aus der gelandeten Kapsel meldet - mindestens so laut wie bei der Landung auf dem Mond.  © dpa

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.