Nach Zwischenfällen in Atomkraftwerken stellt sich immer wieder die Frage nach möglichen Sicherheitsrisiken dieser Anlagen. Zu schlimm sind die Erinnerungen an Katastrophen in Tschernobyl oder Fukushima. Doch wie ist es um die Sicherheit in deutschen AKWs tatsächlich bestellt?
Die Explosion im französischen Atomkraftwerk Flamanville rückt mal wieder die Sicherheitsfrage in Bezug auf solche Anlagen in den Blickpunkt. Wir haben die wichtigste Fragen und Antworten hierzu:
Wie werden deutsche Atomkraftwerke intern geschützt?
Hierzu gibt es klare Vorgaben durch das Atomgesetz, die die Betreiber von Kernkraftwerken strikt einhalten müssen. Zuständig für die Aufsicht sind die Länderministerien. "Wir haben strenge Auflagen und legen die Maßnahmen fest", betont eine Sprecherin des Düsseldorfer Wirtschaftsministeriums. Die wichtigste Vorkehrung ist die atomrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfung (AtZüV) der Beschäftigten.
Danach muss sich das Kernkraftwerkspersonal in der Regel alle fünf Jahre einem solchen Sicherheitstest unterziehen. "Dies wird aber dynamisch gehandhabt", sagte eine Sprecherin der Eon Kraftwerk in Hannover. Die Frist könne auf Veranlassung der zuständigen Ministeriums auch kürzer sein.
Erst nach Abschluss der vollständigen Überprüfung werde das Atomkraftwerk von der zuständigen Behörde über das Ergebnis unterrichtet, heißt es ergänzend aus dem Bundesumweltministerium. Besteht kein Zweifel an der Zuverlässigkeit des Beschäftigten, erhält dieser Zutritt zu den für seine jeweilige Tätigkeit notwendigen Bereichen.
Wer führt die Prüfungen durch?
In einem dreistufigen Verfahren prüfen die Länderministerien die betroffenen Beschäftigten bei Betreibern und externen Firmen nach sicherheitsrelevanten Kriterien, je nachdem in welchem Bereich sie in einem AKW beschäftigt sind oder sein werden. Der Sicherheitscheck erfolgt anhand von Daten aus Kriminalakten, des Verfassungsschutzes oder auch des militärischen Abschirmdienstes. Eine Geheimschutz-Überprüfung erfolgt nur bei Mitarbeitern, die Zugang zu vertraulichen Informationen haben.
In Nordrhein-Westfalen werden im Schnitt jährlich rund 1.500 Mitarbeiter aus der Kernforschungsanlage Jülich, dem Atommüll-Zwischenlager Ahaus oder der Urananreicherungsanlage von Urenco in Gronau auf Zuverlässigkeit überprüft. Dabei fallen in der Regel nur wenige Bewerber durch.
Wie schätzen die Kernkraftbetreiber die Sicherheitslage ein?
Die Energieriesen Eon und RWE beurteilen sie positiv: "Kerntechnische Anlagen zählen zu den am besten geschützten Industrieobjekten in Deutschland und verfügen über ein umfassendes Sicherungs- und Schutzkonzept", betont eine Eon-Sprecherin. Die Maßnahmen würden regelmäßig überprüft. Das wird auch im Bundesumweltministerium so gesehen: Die deutschen Atomkraftwerke seien umfassend gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter, zu denen auch Terrorangriffe zählen, geschützt.
Wie sicher sind Atomkraftwerke vor Terrorbedrohungen?
Das ist schwer zu sagen, weil Details zu Sicherheitslagen oft als vertraulich gelten und unter Verschluss gehalten werden. Ein Stresstest der Reaktorsicherheitskommission hatte 2011 in der Folge der Atomkatastrophe von Fukushima ergeben, dass ältere Anlagen bei einem gezielt herbeigeführten Flugzeugabsturz einen geringeren Schutz bieten als neuere.
Nach einer neuen Einschätzung der Umweltorganisation BUND sind die deutschen Atomkraftwerke weiterhin nicht ausreichend gegen Terrorangriffe geschützt. Die vorgesehene Vernebelung der Gebäude, die gezielte Angriffe aus der Luft verhindern soll, schütze die Reaktoren nur minimal.
Können sich islamistische Terroristen getarnt als Mitarbeiter auf ein Kraftwerksgelände schmuggeln?
Das ist eine Frage, die seit den Brüsseler Terroranschlägen stark in den Fokus gerückt ist und Ermittler und Fachleute aufgeschreckt hat. So hat ein Dschihadist als Mitarbeiter einer externen Dienstleistungsfirma im Hochsicherheitsbereich des belgischen Kernkraftwerks Doel gearbeitet, bevor er als IS-Kämpfer nach Syrien reiste und dort starb.
Zudem soll die Brüsseler Terrorzelle belgischen Medienberichten zufolge hinter einem Spionageangriff gegen einen Atomforscher stecken, der im belgischen Nuklearforschungszentrum CEN in Mol arbeitet. Warum der Wissenschaftler ausspioniert wurde ist unklar. Eine Theorie lautet, dass von ihm radioaktives Material für eine sogenannte schmutzigen Bombe erpresst werden sollte. (dpa/fte)
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