Am Freitag, den 22. Juni 2016, kurz vor 18:00 Uhr schießt eine Person im Münchner Norden in der Nähe des Olympia Einkaufszentrums (OEZ) um sich, mehrere Menschen sterben oder werden verletzt. Erst Stunden später ist klar, dass es sich um den Amoklauf eines Einzeltäters handelt und dieser tot ist. Doch es bleiben Fragen. Was zu der Bluttat in München bisher bekannt ist.

Amoklauf in München: Aktuelle News im Live-Blog

Wie war der Ablauf der Tat?

17:52 Uhr erhielt die Polizei die ersten Notrufe. Demnach hatte eine Person in einem Schnellrestaurant in der Nähe des Olympia Einkaufszentrums (OEZ) in München-Moosach im Norden der Landeshauptstadt mit einer Pistole um sich geschossen.

Der Täter lief anschließend in Richtung OEZ und hatte dort weiter gefeuert. Das Olympia-Einkaufszentrum liegt mitten in einem Wohngebiet, zwei U-Bahn-Stationen vom Olympiastadion entfernt. Mit 135 Geschäften ist es eine der größten Shopping-Meilen in München.

Dann floh der Täter. Auf der Flucht wurde er zunächst von einer Zivilstreife gestellt und beschossen. Die Obduktion zeigt, dass er dabei nicht getroffen worden war. Er konnte weiter fliehen. Gegen 20:30 Uhr wurde er schließlich tot in einer Nebenstraße des OEZ aufgefunden. Er hatte sich selbst mit einem Schuss das Leben genommen.

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Wie viele Opfer sind zu beklagen?

Der Täter hat neun Menschen erschossen und weitere 27 verletzt. Von diesen sind 10 Schwerverletzte. Die getöteten Opfer sind hauptsächlich Jugendliche: drei 14-Jährige, zwei 15-Jährige, ein 17-Jähriger, ein 19-Jähriger, ein 21-Jähriger und eine 45-Jährige. Drei Frauen sind unter den Opfern.

Die Verstorbenen sind offenbar aus München und Umgebung. Ob es Opfer gab, die den Täter kannten, ist bislang noch unklar.

Was wissen wir über den Täter?

Täter ist der 18 Jahre alte David S. Er besitzt neben der deutschen auch die iranische Staatsbürgerschaft. Er ist in München aufgewachsen und war der Polizei im Vorfeld nicht bekannt. Es gibt keine Hinweise auf einen Bezug zum IS, es sei laut Staatsanwalt ein "klassischer Amoktäter ohne politische Motivation".

Bei einer Durchsuchung einer Wohnung in der Maxvorstadt fanden Beamte Zeitungsausschnitte und Bücher, die sich mit der Thematik Amok befassen. Eines davon hieß: "Amok im Kopf. Warum Schüler töten". Da sich am Freitag auch der Amoklauf Breiviks zum fünften Mal jährte, geht die Polizei von einem Zusammenhang mit dem Norweger aus.

David S. führte eine illegale Pistole des Kalibers 9 Millimeter bei sich, die Seriennummer war ausgefräst. Der junge Mann habe über 300 Schuss Munition bei sich gehabt.

Woher der 18-Jährige die Waffe der Marke Glock 17 Kaliber 9mm hat, konnte nicht geklärt werden, da die Seriennummer abgefeilt wurde. Im Rucksack des Amokläufers wurden weitere 300 Schuss Munition gefunden.

Es soll Hinweise geben, wonach der Täter sich wegen einer depressiven Erkrankung in psychiatrischer Behandlung befunden haben soll. Er starb an einem Kopfschuss, den er sich selbst zufügte.

Die Polizei betonte explizit, dass es sich um einen Einzeltäter handelte. Gerüchte, wonach drei Männer mit Langwaffen gesichtet worden seien, wurden dementiert. Ein früh veröffentlichtes Video, welches den Täter auf einem Parkdach zeigen soll, wird von der Polizei als echt eingestuft.

Um mehr Opfer anzulocken hat der Täter einen Facebook-Account gehackt. Er hat sich als ein junges Mädchen haben und kostenloses Essen bei einer McDonalds-Filiale versprochen.

Wie lief der Einsatz in München ab?

Insgesamt war die Polizei mit 2.300 Einsatzkräften in München im Einsatz - unter anderem mit der Spezialeinheit GSG9 sowie den österreichischen Kollegen der "Cobra".

Die neue "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus" der Bundespolizei, kurz BFE+, war nach Angaben der Polizei in München nicht im Einsatz. Die schwer bewaffnete Einheit der Bundespolizei wurde im Dezember 2015 nach den Terroranschlägen von Paris gegründet.

Kurz nach dem Notruf rasten Dutzende Polizeiautos Richtung Norden. Später wurde auch der Hauptbahnhof evakuiert. Der Bahn- sowie der öffentliche Nahverkehr wurden ebenfalls eingestellt. Erst seit 1:00 Uhr fahren die öffentlichen Verkehrsmittel wieder. Taxis wurden zeitweise angewiesen, keine Personen mehr zu befördern.

Die Polizei kontrollierte mit schwer bewaffneten Einsatzkräften auch Autobahn-Zufahrten. Über der gesamten Stadt kreisten mehrere Stunden lang Hubschrauber. Zudem wurden Ärzte und Krankenschwestern zum Dienst gerufen.

Die Bürger wurden angewiesen, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. Wer noch unterwegs war, suchte sich zumeist schnell einen sicheren Ort. Hier zeigten sich die Münchner Hilfsbereit. Unter dem Hashtag #OffeneTuer luden viele Twitter-User Schutzsuchende zu sich nach Hause ein.

Auch Moscheen und der Landtag hatten ihre Tore geöffnet.

Sowohl für den Abend als auch die nächsten Tage wurden mehrere Veranstaltungen in München beendet oder abgesagt. Auch Gasthäuser in der Innenstadt blieben geschlossen.

Gegen 01:30 Uhr gab die Polizei schließlich eine vorsichtige Entwarnung:



Gab es weitere Schießereien im Stadtgebiet?

Kurz nach den Ereignissen in Moosach wurden der Polizei auch weitere Schussabgaben und sogar mögliche Geiselnahmen aus dem Stadtbereich gemeldet, die sich aber nicht bestätigten. Die Fehlalarme wurden auch durch Halbwissen, das in sozialen Netzwerken geteilt wurde, hervorgerufen.


Am Odeonsplatz im Zentrum der Stadt riegelten Polizisten die Straßen in die Innenstadt ab. Niemand kam mehr rein, wer drin war, musste raus. Die Menschen rannten nicht, aber sie bewegten sich alle in eine Richtung - weg vom Zentrum.

Am Stachus kam es zu panikartigen Szenen. Menschen flüchteten plötzlich aus der Fußgängerzone. Was diese Unruhe ausgelöst hatte, ist bisher unklar.

Auch vom Flughafen München wurde ein Einsatz gemeldet. Ein Zusammenhang mit den Ereignissen im Stadtgebiet hat sich aber nicht bestätigt.


Wie laufen die weiteren Ermittlungen?


Aktuell laufen die Ermittlungen der Kriminalpolizei. Die Wohnung des mutmaßlichen Täters wurde bereits durchsucht. Zudem wurde der Tatort weiträumig abgesperrt und die Geschäfte in der Nähe bleiben nach wie vor geschlossen.

Wie sind die Reaktionen auf die Bluttat?

Weltweit war die Anteilnahme groß. So bekundete beispielsweise US-Präsident Barack Obama sein Beileid. In Bayern wehen am Samstag auf Anweisung von Ministerpräsident Horst Seehofer die Fahnen auf Halbmast. Auch Thüringen gedenkt so der Toten.

In einer Pressekonferenz am Samstagmittag zeigte sich Horst Seehofer tief erschüttert. Sichtlich betroffen sprach er den Angehörigen sein tiefstes Beileid aus, konstruierte die Zusammenarbeit mit der Polizei erneut und betonte: "Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit".

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) unterbrach seinen Urlaub, um am Samstag nach Deutschland zu kommen. Er tagte mit dem Bundessicherheitskabinett in Berlin. In einer Pressekonferenz bestätigte er den bislang bekannten Verlauf des Verbrechens und bedankte sich ausdrücklich bei der bayerischen Polizei und dem Bundeskriminalamt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich um 14:30 bestürzt. Sie sprach von tiefer Anteilnahme mit den Angehörigen: "Wir teilen ihren Schmerz."

Was wir noch nicht wissen

  • Es ist noch unklar, woher die Pistole stammt, mit der David S. seine Taten verübte.
  • Unter den Opfern sind viele Jugendliche. Ob der Amokläufer sie gezielt ins Visier nahm, konnte die Polizei zunächst weder bestätigen noch dementieren.
  • Das Motiv des Täters ist weiterhin unklar.
Mit Material der dpa
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