Keim-Salat im Bordrestaurant, Statistik-Tricks, Kundentäuschung und Tempolimit: Zu diesen Ergebnissen kommt "Der Deutsche Bahn-Check" (8. September, 20:15 Uhr, ARD). Neu ist das nicht, Bahnkunden beschweren sich seit Jahren. Wer also im "Marktcheck" der ARD neue Fakten erwartet, wird enttäuscht. Wer boulevardisiertes Montagabend-Bashing sehen will, darf gespannt sein.

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Mehr als vier Milliarden Menschen reisen jährlich mit der Deutschen Bahn. Dass es dabei nicht unbedingt reibungslos zugeht, das wissen auch die Programmverantwortlichen der ARD. Und sie wissen, wo den Kunden der Schuh am meisten drückt: zu teuer, zu unpünktlich, zu langsam, zu unsauber. Ein Leichtes also, um in der Sendung "Der Deutsche Bahn-Check" dem Milliarden-Unternehmen Fehler und Unzulänglichkeiten nachzuweisen.

Fahrplan von der ARD vorgegeben

Und dafür hat sich der WDR einiges einfallen lassen: Mitmachaktion von Zeitungslesern, Umfragen auf Bahnhöfen, ein Blick hinter die Kulissen der DB und ein großer Hygienecheck. Ein Querschnitt durch die Republik vom Pendler über den ICE-Fahrer bis hin zum Massen- und Labortest gepackt in 45 Minuten.

Das Überraschungsmoment ist allerdings nicht allzu groß. Gleich zu Beginn erscheint die Einblendung: "Aufgrund von Störungen im Betriebsablauf verzögert sich dieser Film um wenige Sekunden." Danach folgt ein kurzer Anriss mit den meisten Aufregern bei der Deutschen Bahn, einem Sammelsurium des Unmutes von Reisenden. Schon jetzt ist klar: Die Bahn kann in diesem Check höchstens mit einem blauen Auge davonkommen. Der Fahrplan ist vorgegeben.

Der Film nimmt die Preise, Pünktlichkeit, Sauberkeit und Reisegeschwindigkeit unter die Lupe. Die Ergebnisse in gleicher Folge: undurchschaubar, geschönt, ausbaufähig, übertrieben.

Die Ergebnisse

Das WDR-Team kann vor allem mit gut recherchierten Informationen, Tests und Tipps punkten. So zeigen die Reporter, dass Fahrkartenautomaten und Internet in den wenigsten Fällen den günstigsten Fahrpreis ausspucken. Und selbst am Schalter gibt es nur die teuren Fahrkarten. Im Check fanden die Reporter heraus, warum die Preise erheblich schwanken. Sie erklären, wie Reisende an Billigtickets kommen und so bis zu 40 Prozent sparen. So lohnt es etwa, eine Strecke zu splitten, also Einzeltickets zu kaufen. Im Falle einer Fahrt von Wuppertal nach Bayreuth (hin- und zurück) können 80 Euro gespart werden, wenn die Fahrt von Wuppertal nach Würzburg und dann nach Bayreuth gebucht wird.

Der Pünktlichkeits-Check kommt zu folgendem Ergebnis: Die Behauptung der Bahn, die Pünktlichkeit läge bei etwa 95 Prozent, ist glatt gelogen. 14 Tage Test mit etwa 100 Versuchspersonen ergaben lediglich eine Quote von 76 Prozent. Im Anschluss daran erfährt der Zuschauer, warum es so viele Verspätungen gibt und weshalb viele davon nicht in der Statistik des Unternehmens auftauchen. So werden Wartezeiten aufgrund von Verspätungen verpasster Anschlusszüge nicht in den Berechnungen berücksichtigt. Zugausfälle werden gleich ganz unter den Tisch gekehrt. Das "passt nicht in die Systematik einer Pünktlichkeitsstatistik", erklärt ein Bahnsprecher im Film.

Auch beim Tempo-Versprechen trägt das Unternehmen zu dick auf: An 533 Stellen werden Züge aufgrund von "Langsamfahrstellen" ausgebremst. Der ICE 3 von Frankfurt nach Köln etwa kommt den WDR-Informationen zufolge auf 150 Stundenkilometer. Möglich wären auf der Strecke 300.

Im Hygiene-Check kommt die Bahn auch nicht gut weg. Zwar sind den Ergebnissen zufolge die Toiletten recht sauber. Allerdings fanden die Tester ausgerechnet im Bordrestaurant ein Haar in der Suppe: Mit Hilfe von Labortest konnten Darmkeime im Salat und auf den Tischen nachgewiesen werden.

Kritik an den Testern selbst

Schade ist, dass die Sendung zwischendurch den Eindruck erweckt, als wäre man einem reißerischen Beitrag der Privaten aufgesessen: WDR-Reporter versuchen, mögliche Testpersonen mit 100 Euro zu ködern, um Widerwillen mit dem Zug zur Arbeit zu fahren. Sie geben schmunzelnd süffisante Kommentare zur Reisegeschwindigkeit eines Regionalzuges ab. Und sie machen Sitze mit "Kaugummi" und Krümeln dreckig – mit dem Hinweis, dies gegebenenfalls wieder zu entfernen, falls es die Deutsche Bahn nicht schafft.

Am Ende muss ein Luftschiff das Wettrennen gegen die Bahn aufnehmen – und gewinnt "überraschend". Man hätte sich gewünscht, dass ein Format der Öffentlich-Rechtlichen weniger boulevardisiert und mehr durch objektive Berichterstattung glänzt.

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