Das Wirtschaftsministerium beauftragt einen Evaluationsbericht zum 2023 plötzlich eingestellten Umweltbonus. Nun liegen alle Details der ehemaligen E-Auto-Förderung offen. Wie nachhaltig war der Zuschuss? Welche Hersteller profitierten am meisten? Und wird es vielleicht bald wieder eine Prämie geben?
Das Elektroauto steckt in Deutschland in einer Krise – auch oder wegen der plötzlichen Einstellung des einstigen Förderprogramms ("Umweltbonus") Ende 2023. Kein Wunder also, dass eine Neueinführung einer solchen Subvention im politischen Diskurs immer wieder auftaucht. Doch was hat die einstige E-Auto-Prämie eigentlich gebracht? Das soll der vom Bundes-Wirtschaftsministerium beauftragte Abschlussbericht klären.
Video: Lieferzeiten von Elektroautos
Erstellt wurde das 200-seitige Schriftstück übrigens beim Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung und der externen Beratungsfirma Technopolis. Und es beschäftigt sich mit dem gesamten Förderzeitraum von 2016 bis 2023. Wir versuchen, hier die wichtigsten Inhalte kurz zusammenzufassen.
Wie viele Autokäufe wurden gefördert?
Insgesamt wurden in den unterschiedlichen Phasen des Förderprogramms 2,2 Millionen Fahrzeuge vom Staat gefördert. Die große Mehrheit – nämlich 1,4 Millionen Autos – davon waren batterieelektrische Pkw. Aber auch rund 800.000 Plug-in-Hybriden wurden durch den Zuschuss günstiger in den Markt gebracht. Der ursprüngliche Plan der Bundesregierung war es, bis 2030 rund 15 Millionen Elektroautos auf den deutschen Straßen zu haben.
Auch wenn der Anteil der E-Autos von 2020 bis 2023 mehr als verdreifacht wurde – noch gibt es nicht einmal zwei Millionen Elektroautos in Deutschland. Als dritte Fahrzeug-Kategorie wurden auch Wasserstoff-Brennstoffzellen-Autos gefördert. Doch deren Anteil ist mit 475 Exemplaren verschwindend gering. Dabei bezieht sich die Studie allerdings nicht auf konkrete Fahrzeugmodelle. Immerhin listet sie die deutschen Marken auf, die vom Umweltbonus am meisten profitierten (siehe unten).
Hatte der Umweltbonus Einfluss auf das Klima?
Ja. Denn der Verkehr ist mit etwa 145,5 Millionen Tonnen Treibhausgasen (THG) für ungefähr ein Fünftel der gesamten THG-Emissionen der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich. Die zwischen 2016 und 2023 geförderten Elektroautos werden nun über einen durchschnittlichen Nutzungszeitraum von 15 Jahren etwa 44 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Weil die Bundesregierung allerdings von deutlich mehr Elektroautos ausgegangen war, liegt der Effekt klar unter den Erwartungen.
Zudem kann man nicht jede Anschaffung eines Elektroautos in diesem Zeitraum auf den Umweltbonus zurückführen. Viele Firmen, Selbstständige oder Privatkäufer hätten auch ohne staatliche Förderung zugeschlagen. Viele Kaufentscheidungen wurden laut der Studie aber erheblich durch die Kaufprämie beschleunigt.
Was hat der Umweltbonus unseren Staat gekostet?
Laut Abschlussbericht belaufen sich die für die staatliche Förderung von Elektroautos eingesetzten Mittel auf 10.211.150.000 Euro. Das sind also mehr als zehn Milliarden Euro, die in der gesamten Förderperiode zwischen 2016 und 2023 für den Umweltbonus ausgegeben wurden. Diese Kosten setzen sich aus den ausgezahlten Prämien für die Besitzer und aus dem Verwaltungsaufwand (administrative Kosten) zusammen.
Welche Autobauer profitierten am meisten vom Umweltbonus?
Mit der Einführung des Umweltbonus 2016 ist der Anteil deutscher Hersteller am Elektromarkt deutlich gestiegen. Doch ausländische Marken machen laut Evaluationsbericht immer noch die Hälfte der Elektro-Neuwagen aus. Am meisten vom Förderprogramm profitierte der VW-Konzern. Im Jahr 2020 stieg der Anteil auf etwa 20 Prozent. Damals wurde das erste MEB-Modell – der ID.3 – eingeführt.
Audi, Porsche, BMW, Mercedes, Mini, Opel und Smart teilten sich bis einschließlich 2020 gleichermaßen deutlich kleinere Kuchenstücke. Welche Marken in den letzten Jahren des Bonus-Programms mehr oder weniger profitierten, zeigt die Studie leider nicht. Was die ausländischen Marken angeht, zeigt die Statistik, dass bis einschließlich 2020 vor allem europäische Marken vom Förderprogramm profitierten. Aber auch der Anteil der US-Marken ist nicht unerheblich (siehe Bildergalerie). Hier dürfte hauptsächlich Tesla gemeint sein.
Welche Fahrzeugsegmente wurden am häufigsten gefördert?
Bei der Einteilung der Segmente liefert die Studie dann wieder ein aktuelleres Bild ab. Und hier wird gerade seit 2021 die Dominanz elektrischer SUV-Modelle (auch Geländewagen und Utilitys) deutlich. Sowohl bei den rein-elektrischen als auch bei den Plug-in-Hybriden liegt der Anteil der geförderten SUV bei rund 40 Prozent. Aber auch Kleinwagen und Minis haben erheblich vom Förderprogramm profitiert.
In welche Bundesländer floss das meiste Geld?
Über die drei Förderperioden hinweg floss etwa ein Viertel des Umweltbonus nach Nordrhein-Westfalen. Rund 20 Prozent landeten in Bayern, etwa 15 Prozent in Baden-Württemberg. Das entspricht allerdings genau der Rangliste nach Einwohnerzahl. Relativ zur Bevölkerung sieht die Sache etwas anders aus.
Je 1.000 Einwohner kamen in Bayern, Hessen, Baden-Württemberg oder auch Hamburg die meisten Neuwagenkäufer in den Genuss der Kaufprämie. Dagegen gab es in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt oder Thüringen verhältnismäßig wenig Käufer von neuen Elektroautos. Die Studie schiebt an dieser Stelle gleich eine Auflistung nach Brutto-Inlands-Produkt (BIP) hinterher, die ein ähnliches Bild abliefert. Die Bundesländer mit höherem BIP verzeichnen auch mehr geförderte Elektroautokäufe.
War der Umweltbonus sozial gerecht verteilt?
Nein. An vielen Stellen macht der Abschlussbericht klare Aussagen zur Einkommens-Situation der Elektroauto-Käufer. Und die gehören fast durchweg zu den Besserverdienenden. "Angesichts der Tatsache, dass das durchschnittliche monatliche Haushaltsnettoeinkommen im Jahr 2021 bundesweit bei 3.813 Euro lag, zeigt sich, dass die meisten Haushalte, die eine Förderung erhalten haben, ein überdurchschnittliches monatliches Nettoeinkommen hatten," heißt es in dem Bericht.
"Etwa 60 Prozent der Fördernehmenden verfügen über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 4.500 Euro und rund 30 Prozent sogar von mehr als 6.000 Euro. Das deutet darauf hin, dass das Förderprogramm eine Umverteilungswirkung zugunsten von Haushalten mit höherem Einkommen hat."
Hat der Umweltbonus Deutschland vorangebracht?
Jein. Zum einen habe der gewaltige Fördertopf laut Abschlussgutachten die Elektromobilität in Deutschland sehr stark vorangetrieben. Das ließe sich nicht nur an den gewachsenen Elektro-Anteilen der Neuzulassungen ablesen, sondern auch an den ausgelösten Investitionskosten etwa auf Seiten der Auto-Hersteller, der Lade-Infrastruktur oder privater Photovoltaik-Anlagen.
Zum anderen aber hat der Industrie-Standort Deutschland seine Position im weltweiten Vergleich diesbezüglich nicht stärken können. Aus der Bundesrepublik ist weder eine Vorzeige-Region für die Elektromobilität geworden, noch der Global Player der E-Mobilität. Für diese Ziele wäre der Fördertopf allerdings auch etwas klein gewesen.
Wird es einen neuen Umweltbonus geben?
Angesichts der ambitionierten politischen Ziele aus dem Klimaschutzprogramm und den aktuellen Verkaufszahlen von Elektroautos, ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung die E-Mobilität attraktiver machen muss. Ob dies allerdings erneut über eine direkte Neuwagenkauf-Bezuschussung passiert, bleibt abzuwarten. © auto motor und sport
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