Berlin nimmt von ursprünglichen Plänen Abstand, Scancars gegen Falschparker einzusetzen. Die Kamera-Autos können Parkverstöße im Vorbeifahren registrieren. In dicht besiedelten Gegenden sollen so pro Tag bis zu 3.000 Autos kontrolliert werden können. In Hamburg dagegen plant man weiterhin mit den Kamera-Autos.

Mehr zum Thema Mobilität

Der Berliner Bezirk Mitte hat bekannt gegeben, dass die Geschäftsstelle des Projekts "Digitale Parkraumbewirtschaftung" ihre Arbeit einstellen wird. Heißt: In der Hauptstadt soll es keine Scancars geben, die Falschparker am Straßenrand automatisch erfassen. Bezirksstadtrat Christopher Schriner (Grüne) kritisiert das mit Blick auf 120 unbesetzte Stellen in der Parkraumüberwachung allein in seinem Bezirk: "Eine digitale Parkraumüberwachung würde die betroffenen Ordnungsämter personell und finanziell enorm entlasten und Personal für andere Aufgaben freimachen." Dass die politische Unterstützung fehle, sei "sehr bedauerlich."


Möglicherweise hat das Ende mit dem Regierungswechsel im Land Berlin zu tun. Der alte rot-rot-grüne Senat aus SPD, Linken und Grünen hatte im Dezember 2021 Scancars erstmalig auf den Straßen der Hauptstadt getestet. In vielen europäischen Metropolen sind diese schon lange im Einsatz, können pro Minute bis zu 25 parkende Autos überprüfen. Dafür muss vorher beim Parkscheinkauf am Automaten oder per Smartphone-App das Kennzeichen eingegeben werden. Die Kameraautos gleichen dann im Nachhinein ab, ob für das gescannte Kennzeichen eine Parkberechtigung vorliegt. Der neue schwarz-rote Senat begründet das Projekt-Ende jetzt mit fehlenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen.

Viele Vorteile mit ams+
Erhalten Sie werbereduzierten Zugang zu allen Inhalten von auto-motor-und-sport.de inkl. der digitalen Zeitschrift als E-Paper. Monatlich kündbar.

Juristen monieren Rechtsverletzung

Tatsächlich kritisieren Juristen das Vorhaben, alle Kennzeichen verdachtsunabhängig aufzunehmen – also auch von ordnungsgemäß parkenden Autos. "Verfassungsgemäß wäre die Parkraumüberwachung per Scancars dann, wenn das System vor Fotoauslösung oder Datenspeicherung überprüft, dass keine Parkberechtigung besteht", sagt der Frankfurter Verkehrsrechtler Uwe Lenhart. Der Jurist verweist auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Abstandsmessungen auf Brücken aus dem Jahr 2009 (Az. 2 BvR 941/08). Die Richter hatten damals einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 angenommen, weil alle Fahrer und Kennzeichen aufgenommen wurden und die Auswertung der Bilder erst im Nachhinein erfolgte.

Hamburg will weitermachen

Anders als Berlin will das rot-grün regierte Hamburg an seinen Scancar-Plänen festhalten. Eine Sprecherin der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende verweist auf einen aktuellen Beschluss des noch amtierenden Bundeskabinetts aus dem Februar. Dieser ermögliche "eine digitale Kontrolle von Parkberechtigungen unter Einsatz von ScanCars mit neuen und datenschutzgerechten Rechtsgrundlagen." Die Hansestadt setze sich "für die schnelle gesetzliche Umsetzung dieses Vorschlags auf Bundesebene ein" und bereite "parallel die notwendigen gesetzlichen Regelungen auf Landesebene vor." Mit der Umsetzung einer digitalen Kontrolle von Parkberechtigungen könnten sich Überwachungskräfte stärker auf das Falschparken konzentrieren, argumentiert Hamburg. Ob eine neue Bundesregierung an dem Kabinetts-Beschluss der Regierung Scholz festhalten wird und ob dieser am Ende mit dem Grundgesetz im Einklang stehen wird, bleibt abzuwarten.  © auto motor und sport