Nach mehreren teils peinlichen Rückrufen der BMW R 1300 GS im Jahr 2024 geht die Pannenserie im Januar 2025 weiter: Handbremsarmatur und Frontkollisionswarnung bilden dieses Mal die Problemzone, es kann zu seltsamen und potenziell gefährlichen Fahrsituationen kommen.

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Das wichtigste Modell des deutschen Motorradherstellers, die Ende 2023 eingeführte BMW R 1300 GS, ist immer noch von "Kinderkrankheiten" geplagt. Nach dem brandgefährlichen Starter-Relais, der Gurt-Pflicht für die Koffer und den undichten Lenkerschaltern wurde im Januar 2025 eine weitere Schwachstelle der Topseller-BMW bekannt – ausgerechnet im Bremssystem.

BMW R 1300 GS mit zu geringem Schnüffelspiel

In der Handbremsarmatur der BMW R 1300 GS wurde zu geringes Schnüffelspiel festgestellt. Dieses niedlich klingende Wort beschreibt das Druckspiel in der Hydraulik, zwischen Handbremspumpe, Bremskolben und Ausgleichbehälter. Bei hohen Temperaturen – sowohl Außentemperaturen als auch innerhalb des Bremssystems – verschärft sich diese Problemzone.

Riding Assistant samt Frontkollisionswarnung (FCW)

In Verbindung mit der Sonderausstattung Riding Assistant samt Frontkollisionswarnung (FCW) kann es zu irritierenden Fehlfunktionen kommen. Nämlich dann, wenn die sensorgesteuerte FCW wegen eines in Fahrtrichtung detektierten Objekts auslöst und nicht nur per Anzeige im Display warnt, sondern automatisch bremst (abschaltbare Funktion).

BMW R 1300 GS bremst automatisch bis zum Stillstand

Normalerweise würde der Bremseingriff bei gebannter Kollisionsgefahr sofort wieder gelöst, doch bei zu geringem Schnüffelspiel kann die Handbremsarmatur blockieren, und dann bremst die R 1300 GS automatisch weiter – bis zum Stillstand. Insbesondere auf Schnellstraßen oder gar auf der linken Spur der Autobahn kann das zu gefährlichen Situationen führen.

Video: Starter-Relais spackt - R 1300 GS fängt an zu orgeln

Laut BMW nicht sicherheitsrelevant

Bisher ist nach BMW-Angaben kein Unfall in diesem Zusammenhang bekannt, lediglich ein einziger, glimpflich abgelaufener Vorfall in Deutschland sei bislang dokumentiert. Offiziell ordnet BMW dieses "Thema" deshalb als "nicht sicherheitsrelevant" ein und antwortete auf Nachfrage von MOTORRAD, es könne "nicht zu kritischen Fahrsituationen kommen". Das kann man jedoch durchaus anders einschätzen ...

Circa 34.000 BMW R 1300 GS betroffen

Betroffen von den Handbremsarmaturen mit möglicherweise zu geringem Schnüffelspiel sind alle BMW R 1300 GS sowie BMW R 1300 GS Adventure, die bis einschließlich August 2024 produziert wurden. Später produzierte Handbremsarmaturen und Fahrzeuge sind laut BMW in Ordnung ("i.O."), also nicht betroffen. Potenziell problematisch sind laut BMW indes nur jene Fahrzeuge mit Sonderausstattung Riding Assistant samt Frontkollisionswarnung (FCW), und das sind insgesamt circa 34.000 weltweit.

Bisher kein amtlicher Rückruf

Ein amtlicher Rückruf der BMW R 1300 GS (und Adventure) läuft aus diesem Grund bisher nicht, weder beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Deutschland noch bei der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) in den USA. Mitte Januar 2025 hat BMW seine Vertragspartner (Händler und Werkstätten) über die anstehende "Service-Aktion" informiert. Kunden und Fahrzeugbesitzer werden zunächst nicht direkt benachrichtigt, die "Service-Aktion" soll beim nächsten Werkstatt-Termin einfach mit durchgeführt werden.

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Service-Aktion mit Spezial-Werkzeug

Hierfür hat BMW den Werkstätten ein Spezial-Werkzeug zur Verfügung gestellt: einen Lehrdorn, mit dem das Schnüffelspiel in der Handbremsarmatur der BMW R 1300 GS (und Adventure) überprüft werden kann (Dauer: circa 15 Minuten). Sollte das Schnüffelspiel zu gering sein, wird die Handbremsarmatur komplett getauscht (Dauer: circa 30 Minuten). Für die Fahrzeugbesitzer ist die "Service-Aktion" selbstverständlich kostenlos.

Fazit

Die erste "Service-Aktion" im Jahr 2025 für ein technisches Problem der BMW R 1300 GS wurde Mitte Januar bekannt: Zu geringes Schnüffelspiel in der Handbremsarmatur kann – in Verbindung mit der Sonderausstattung Riding Assistant samt Frontkollisionswarnung (FCW) – zu irritierenden Fehlfunktionen führen. Nämlich dann, wenn die R 1300 GS automatisch weiterbremst, grundlos bis zum Stillstand. Insgesamt circa 34.000 BMW R 1300 GS und R 1300 GS Adventure weltweit sind hiervon betroffen, alle bis Produktionsdatum August 2024. Im Rahmen der "Service-Aktion" wird beim nächsten Werkstatt-Termin das Schnüffelspiel überprüft, gegebenenfalls wird die Handbremsarmatur komplett getauscht. Laut BMW ist dieses "Thema" nicht sicherheitsrelevant, doch das kann man durchaus anders einschätzen. Bisher sei in diesem Zusammenhang kein Unfall bekannt, lediglich ein einziger, glimpflich abgelaufener Vorfall. Ein amtlicher Rückruf läuft aus diesem Grund bisher nicht.  © Motorrad-Online

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