Wenn sich 70.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen treffen, um etwas gegen den Klimawandel zu tun, dann können die Dinge doch gar nicht so schlecht stehen, oder? Anders sah es, wie im vorliegenden Fall, bei der Klimakonferenz in Dubai aus. Die 70.000 Menschen sind umweltschädlich mit Flugzeugen angereist – und wollen die Dinge gar nicht vorantreiben. Eher sich einen Überblick verschaffen, wie sie doch noch geschickt den Klima-Transformationsprozess stoppen können.
Diesen jährlichen Konferenzwahn hat nun Klimaforscher Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), an den Pranger gestellt. Schließlich kommen jährlich Zehntausende Delegierte aus rund 200 Staaten auf Einladung der Vereinten Nationen zusammen, um irgendwo auf der Welt über die Eindämmung der Klimakrise zu beraten.
Die Klimakonferenz in Dubai ist nicht klimafreundlich
"Die Industrie und andere Interessengruppen kommen, um ihre vermutlich grünen Ambitionen zu zeigen, wollen aber oft vor allem den Status quo schützen und die weitere Förderung und Nutzung fossiler Brennstoffe erreichen", sagte Rockström. "Trotz 27 Klimagipfeln und einer Vielzahl von Zusagen und Versprechen, diese Kluft zu verringern, sind die weltweiten CO₂-Emissionen weiter gestiegen." Zu Recht fordert Rockström eine Reform dieses Konferenzwahnsinns. Aber auch bei den Nachhaltigkeitstagen von Mercedes spricht der in diesem Fall digital zugeschaltete Rockström gegenüber Mercedes-Boss Ola Källenius Klartext: "Es gibt nichts mehr zu verhandeln."
Und doch locken Ola Källenius wenige Wochen später die Versuchungen des klassischen Verbrennermotors. Zu volatil sind für den Konzernlenker die Absatzzahlen der Stromer. Die Frage, wie schnell die Transformation voranschreiten werde, ernennt er zur "Billionen-Dollar-Frage". Er bereite seine Firma auf eine CO₂-neutrale Zukunft vor. "Punkt." Doch wie sieht der Weg dorthin aus? "Schwer zu sagen." Mercedes brauche auf jeden Fall einen "double hedge", also eine doppelte Absicherung aus Verbrennern und Elektroautos. Eine Antwort, die Rockström so nicht passen kann.
Quo vadis Autoindustrie, fragt man sich in diesen Tagen, in denen sich jene Konzernlenker beruhigt zurücklehnen, die sich möglichst lange Zugriff auf Verbrennungsmotoren gesichert haben. Reine E-Auto-Marken wie Polestar beispielsweise kämpfen angesichts enttäuschender Absatzzahlen zunehmend um das nackte Überleben.
Rückschläge durch Corona
Die vor der Corona-Zeit so gefeierte Mobilität der Zukunft ist ins Straucheln geraten. Die hippen Shuttle-Konzepte, die auf den Messen der Welt gerne auch von Zulieferern als die Verkehrsalternative für überfüllte Innenstädte herumgereicht wurden, stocken. ZF zum Beispiel ist aus dem Geschäft komplett ausgestiegen – mangels Geschäftsperspektive.
Dabei hat sich an den Problemen eines viel zu hohen Verkehrsaufkommens in den Megastädten nichts geändert. Auch wenn Menschen vermehrt im Home Office arbeiten: Die Staubilanz des ADAC für das Jahr 2024 beläuft sich auf eine Gesamtlänge von 877.000 Kilometern (2022: 733 000 km). 427.000 Stunden warteten die Menschen auf einer der 123 deutschen Autobahnen, dass es weitergeht. Das ist weniger als vor Corona (2019: 521 000 Staustunden), aber die Tendenz ist wieder steigend. Und die insgesamt 504.000 Staus, die es im Land gab, zeugen auch nicht von einem Erfolg des Deutschland-Tickets, das von über elf Millionen Menschen abonniert wurde. Im Gegenteil: Der Pkw-Verkehr lag um etwa vier Prozent über dem Vorjahreswert.
So einfach lässt sich der Mensch also nicht von seinen Gewohnheiten abbringen. Auch nicht von Starkregen, Überschwemmungskatastrophen, Dürren, Bränden und was sonst noch alles immer häufiger und immer bedrohlicher über die Bildschirme flimmert.
Die eine Lösung gibt’s nicht
Was ist also zu tun? Es gibt keine einfachen Antworten. Es gibt aber unendlich viele Stellschrauben: Lasst uns E-Autos leichter, günstiger und effizienter machen. Gebt uns Kraftstoffalternativen, die Diesel und Benziner ersetzen können, ohne dass ein Auto mit Verbrenner aus dem Verkehr gezogen werden muss, weil es fossile Brennstoffe nutzt.
Und stellt die Entwickler dieser Technologien nicht unter den Generalverdacht, man wolle damit generell Alternativen zum Verbrenner verhindern. Das ist einfach Quatsch. Lasst uns ein Recyclingsystem speziell für Batterien aufbauen, das hilft, kostbare Rohstoffe mehrfach zu verwenden. Setzt auf Regionalisierung bei der Produktion, um Transportwege rund um die Welt zu verhindern. Lasst uns Mobilitätsalternativen schaffen, die zuverlässig, bezahlbar und sicher zu nutzen sind. Länder wie Japan haben gezeigt, dass man Menschen mit maßgeschneiderten Lösungen motivieren kann, mehr ÖPNV und Bahn zu nutzen. Und lasst uns an der Digitalisierung der Städte arbeiten, damit der Verkehr zum Beispiel über intelligente Ampelschaltungen flüssig gehalten werden kann. © auto motor und sport
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