Die Cyclone V-Twin waren schon in ihrer Blütezeit ein Quell an Superlativen. 2025 kommt ein weiteres hinzu: Teuerstes Motorrad der Welt – für 1,32 Millionen US-Dollar kam ein Exemplar unter den Hammer.

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1,32 Millionen US-Dollar oder 1,29 Millionen Euro – das entspricht rund 64 brandneuen BMW R 1300 GS. Doch statt Hightech, Elektronik und modernen Assistenzsystemen bekommt man für diese Summe ein 110 Jahre altes Motorrad, das weder Bremsen im heutigen Sinne noch eine funktionierende Federung hat. Und trotzdem – oder gerade deshalb – ist die Cyclone V-Twin aus dem Jahr 1915 eine der faszinierendsten Maschinen der Motorradgeschichte. Sie war ihrer Zeit weit voraus, dominierte die Rennstrecken, verschwand fast in Vergessenheit – und feiert als wertvollstes versteigertes Motorrad der Welt ein spektakuläres Comeback. Damit löst sie die Strap-Tank-Harley an der Spitze ab.

Die Geschichte der Cyclone V-Twin 1915: Eine Legende entsteht

Die Cyclone V-Twin 1915 wurde von der Joerns Motor Manufacturing Company in St. Paul, Minnesota, produziert. Zwischen 1912 und 1917 fertigte das Unternehmen nur eine kleine Anzahl dieser Motorräder – Schätzungen gehen von weniger als 300 Exemplaren aus. Die Cyclone-Motorräder waren für ihre revolutionäre Technik bekannt und dominierten die Rennstrecken ihrer Zeit. Mit ihrer fortschrittlichen Konstruktion und überragenden Leistung stellten sie selbst etablierte Marken wie Harley-Davidson oder Indian in den Schatten. Dennoch konnte sich die Marke aufgrund hoher Produktionskosten und technischer Herausforderungen nicht langfristig behaupten. Heute gehören die wenigen erhaltenen Exemplare zu den begehrtesten Sammlerstücken der Motorradgeschichte.

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Technik der Cyclone V-Twin 1915: Ihrer Zeit voraus

Mit ihrem 61-Kubikzoll (996 ccm) 45-Grad-ohc-V-Twin-Motor setzte die 1915er Cyclone V-Twin neue Maßstäbe im Motorradbau. Während die meisten Konkurrenten auf einfache Seitenventil-Motoren setzten, verfügte die Cyclone bereits über eine obenliegende Nockenwelle (ohc) – eine Technik, die erst Jahrzehnte später zum Standard wurde. Mit einer Leistung von 45 PS erreichte sie eine Höchstgeschwindigkeit von über 160 km/h, eine atemberaubende Zahl für ein Motorrad der 1910er-Jahre. Die leichte Bauweise, der aerodynamische Rahmen und das minimalistische Design machten sie zu einer der beeindruckendsten Maschinen ihrer Zeit.

Herausforderungen und technische Probleme der Cyclone V-Twin 1915

Trotz ihrer bahnbrechenden Technik hatte die 1915er Cyclone V-Twin auch einige Schwachstellen, die ihre Verbreitung einschränkten. Besonders der hochentwickelte ohc-V-Twin-Motor stellte sich als extrem wartungsintensiv heraus. Die obenliegende Nockenwelle erforderte eine präzise Schmierung, doch die damaligen Ölpumpensysteme waren noch nicht ausgereift, was häufig zu vorzeitigem Verschleiß führte. Zudem waren die dünnwandigen Aluminiumbauteile des Motors anfällig für Risse, insbesondere unter den hohen Belastungen des Rennbetriebs. Viele Rennfahrer schätzten zwar die enorme Leistung der 1915er Cyclone V-Twin, mussten aber mit häufiger Motorüberhitzung und Materialermüdung kämpfen. Diese technischen Probleme sowie die hohen Produktionskosten führten letztlich dazu, dass die Cyclone nur in sehr geringen Stückzahlen gebaut wurde und bald vom Markt verschwand.

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Die Ventilsteuerung und der Ölkreislauf der Cyclone V-Twin 1915

Die 1915er Cyclone V-Twin verfügte über eine fortschrittliche Ventilsteuerung mit einer obenliegenden Nockenwelle (ohc). Diese Nockenwelle wurde über eine vertikale Welle und Kegelräder angetrieben, was eine präzise Steuerung der Ventilöffnungszeiten ermöglichte. Die Zylinderköpfe waren mit halbkugelförmigen Brennräumen ausgestattet, die zu einer effizienteren Verbrennung beitrugen.

Trotz dieser innovativen Konstruktion wies der Motor Schwächen im Ölkreislauf auf. Es gab kein aktives Schmiersystem für die obenliegende Nockenwelle; stattdessen wurde eine kleine Ölwanne verwendet, aus der das Öl in die Nockenwellenkammer tropfte. Diese passive Schmierung war für kurze Rennen ausreichend, führte jedoch bei längeren Wettbewerben zu Überhitzung und erhöhtem Verschleiß an Nockenwelle und Ventilen. Diese technischen Herausforderungen beeinträchtigten die Zuverlässigkeit der 1915er Cyclone V-Twin und trugen dazu bei, dass sie trotz ihrer beeindruckenden Leistung nur in begrenzter Stückzahl produziert wurde.

Die Cyclone V-Twin 1915 als Sammlerstück

Die extreme Seltenheit macht die 1915er Cyclone V-Twin zu einem der wertvollsten Motorräder. Bereits 2015, nach 100 Jahren, erzielte ein anderes Exemplar, das einst Steve McQueen gehörte, bei einer Auktion 852.000 US-Dollar. Nun hat die jüngste Versteigerung bei Mecum Auctions diese Marke weit übertroffen und unterstreicht die anhaltende Faszination für dieses einzigartige Motorrad. Dank der aufwendigen Restaurierung durch Stephen Wright ist dieses Exemplar in einem Zustand, der den Mythos der Cyclone lebendig hält.

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Eine neue Marke mit historischem Erbe: Cyclone lebt weiter

Mehr als 100 Jahre nach dem Verschwinden der Joerns Motor Manufacturing Company taucht der Name Cyclone wieder in der Motorradwelt auf – diesmal aus China. Die Marke Cyclone, ein Sublabel des Herstellers Zongshen/Zonsen, scheint bewusst an die legendäre US-Marke anzuknüpfen. Besonders auffällig ist die Farbwahl der neuen Modelle: Die Cyclone RC 600, ein modernes Sportmotorrad, wurde in leuchtendem Gelb vorgestellt – genau wie die historische 1915er Cyclone V-Twin. Auch der Beiname "Yellow Speed Demon", den Zongshen der Maschine gab, erinnert an den Spitznamen, den das US-Rennmotorrad einst trug. Obwohl es technisch und historisch kaum eine direkte Verbindung gibt, zeigt sich, dass die Faszination für den Namen Cyclone und die Geschichte der legendären Rennmaschine bis heute weiterlebt. Ob die 1,3 Millionen Dollar für die alte Cyclone irgendetwas mit der neuen Marke aus China zu tun haben, ist nicht bekannt.

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Fazit

Die Cyclone V-Twin aus dem Jahr 1915 ist mehr als nur ein Motorrad – sie ist ein Symbol für Innovation, Mut und die Anfänge des Hochgeschwindigkeits-Rennsports. Ihr jüngster Auktionsrekord bestätigt ihren Status als eines der legendärsten Motorräder. Mit ihrer fortschrittlichen Technik und ihrer aufregenden Historie bleibt die Cyclone ein Meilenstein, der noch lange in Erinnerung bleiben wird. Eines der seltenen 1915er-Exemplare kam in perfekt restauriertem Zustand für sagenhafte 1,3 Millionen US-Dollar unter den Hammer. Damit ist sie derzeit das teuerste Motorrad aus einer Auktion. Die Fachwelt rätselt, ob es derzeit noch 6 oder 12 existente Modelle aus der Cyclone-Fabrik gibt.  © Motorrad-Online

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