Seit mehr als einem Jahr wurden Bußgelder aus Italien nicht mehr in Deutschland, Österreich und den Niederlanden vollstreckt. Die drei Länder haben Italien den Zugang zum European Car and Driving Licence Information System (EUCARIS) verweigert. Hintergrund war eine rechtswidrige Nutzung der Daten aus Italien.

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Mit dem EUCARIS-System tauschen die einzelnen Mitgliedsländer Daten der Fahrzeughalter bei bestimmten Verkehrsvergehen aus (Tempoverstöße, Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes, Rotlichtverstoß, Falschparken). Ohne diese Daten der Fahrzeughalter konnten die italienischen Behörden die Verkehrssünder nicht mehr verfolgen.

Sperrung aufgehoben – Italien hat Daten rechtswidrig abgefragt

Der italienische Verkehrsminister Matteo Salvini erklärte kürzlich in einer Fragestunde im Senat, dass die Sperrung der Plattform lediglich auf ein technisches Problem zurückzuführen sei. Ganz anders stellt es das Kraftfahrtbundesamt (KBA) in Flensburg auf Nachfrage von auto-motor-und-sport.de dar.

So erteilt Deutschland seit Juni 2023 keine Auskünfte mehr über Verkehrsverstöße von Deutschen. Hintergrund war, dass "dem KBA bekannt geworden ist, dass durch rechtswidrige Nutzung dieses EU-Austauschverfahrens Halterdaten auch für andere Verstöße aus dem Ausland abgerufen worden sind. Dies geschah unter Nutzung der italienischen Kontaktstelle des EU-Austauschverfahrens", so das KBA.

Abfragen wieder möglich

Das KBA habe sich daraufhin an die italienische Kontaktstelle gewandt und um Klärung und Beseitigung der Unregelmäßigkeiten gebeten. In diesem Zusammenhang war das o.g. Halterauskunftsverfahren gegenüber dieser italienischen Kontaktstelle vorübergehend eingestellt worden. Mittlerweile seien von italienischer Seite Maßnahmen zur Abhilfe ergriffen worden, so dass Auskünfte aus dem Zentrale Fahrzeugregister an italienische Stellen wieder erteilt werden. Die italienischen Behörden haben allerdings nur 365 Tage Zeit, um entsprechende Bußgeldbescheide zuzustellen.

Der umgekehrte Weg, also die Übermittlung von Halter- und Fahrzeugdaten aus Italien an Deutschland, war dagegen nicht von einer Aussetzung betroffen. Der Austausch Deutschlands von Fahrzeug- und Halterdaten mit anderen Mitgliedstaaten war ebenfalls nicht betroffen.

Für italienische Gemeinden bedeutete die angebliche "Blockade" eine hohe finanzielle Einbuße. Wie die italienische Parlaments-Nachrichtenagentur berichtet, hatte die Südtiroler Politikerin und Rechtsanwältin Julia Unterberger während einer Fragestunde im Parlament die Auswirkungen auf die Tourismusregion erklärt: "Allein die Gemeinde Meran hat in den letzten Monaten 4.000 nicht zustellbare Bußgeldbescheide angehäuft, die sich insgesamt auf über 230.000 Euro belaufen". Dies sei nicht nur eine Diskriminierung der italienischen Autofahrer, denen jedes Vergehen sofort angelastet wird, sondern auch ein Verlust an Geldmitteln für die Gemeinden.

"Darüber hinaus gibt es das Problem mit den Mietfahrzeugen, die von ausländischen BürgerInnen genutzt werden", so die Politikerin weiter. Die Vermieter würden den Gemeinden nur sehr ungenaue Daten über diejenigen, die Verkehrsübertretungen begangen haben, übermitteln. Hintergrund sei die derzeitige gesetzliche Regelung, die Vermieter von jeglicher Haftung für Bußgelder befreit. Die Gemeinden seien deshalb nicht in der Lage, Übertretungsdekrete zuzustellen und Bußgelder zu kassieren. Ein entsprechender Antrag zur Änderung der Straßenverkehrsordnung sei gestellt worden.

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EU-Vollstreckung seit 2016 möglich

Seit 2016 ist die grenzüberschreitende Vollstreckung von Verkehrsstrafen in der EU möglich, nachdem das entsprechende EU-Rahmenabkommen in nationales Recht umgesetzt wurde. Italien hat dies in seine nationale Gesetzgebung übernommen, wodurch ausländische Verkehrsverstöße nach den jeweiligen nationalen Bußgeldvorschriften verfolgt und vollstreckt werden können. Dies gilt sowohl für Geschwindigkeitsüberschreitungen, Parkverstöße als auch andere Verkehrsdelikte.

Welche Autos sich in Italien am häufigsten verkaufen, sehen Sie in der Fotoshow.  © auto motor und sport

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