- Viele Firmen in Deutschland bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in gewissen Positionen einen Dienstwagen an.
- Das wird vom Steuerzahler finanziert.
- Was ist das Dienstwagenprivileg und gibt's auch Gründe dafür?
Das Auto als Statussymbol - als Dienstwagen ist oftmals ein deutlich größeres Auto finanzierbar als nur vom eigenen Gehalt. Grund dafür ist eine günstige Steuerregelung, das sogenannte Dienstwagenprivileg. Die Regelung kostet den Staat Milliarden. Die Grünen haben vorgeschlagen, das Privileg abzubauen - um Mittel für ein günstiges Nahverkehrsticket zur Verfügung zu haben.
Was ist das Dienstwagenprivileg?
Das Dienstwagenprivileg ist die steuerliche Begünstigung für den privaten Halter und Nutzer eines Dienstwagens. Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer ein Auto zur Verfügung - auch zur privaten Nutzung. Die Anschaffungskosten kann das Unternehmen als Betriebskosten von der Steuer absetzen, gleiches gilt für laufende Kosten wie Reparaturen, Sprit oder Verschleiß für dienstliche Fahrten.
Der Arbeitnehmer muss das Auto als geldwerten Vorteil versteuern. Dies geschieht meist nach der pauschalen Ein-Prozent-Regel: Bei der Berechnung der Einkommensteuer wird ein Prozent des Bruttolistenpreises des Dienstwagens auf das Gehalt aufgeschlagen. Hinzu kommen 0,03 Prozent je Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Alternativ zur Pauschale kann der geldwerte Vorteil auch mit einem Fahrtenbuch ermittelt werden - deutlich attraktiver ist meist jedoch die Ein-Prozent-Regelung.
Im Vergleich zur Anschaffung eines Privatautos ist die Nutzung eines Dienstwagens für viele Arbeitnehmer somit deutlich günstiger. "Sie bekommen für sehr günstiges Geld ein sehr großes Fahrzeug", sagt die Geschäftsführerin des Forums Ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS), Carolin Schenuit. Deswegen fielen Betriebskosten dann weniger ins Gewicht. "Dadurch ist es attraktiv, größere und teurere Neuwagen anzuschaffen, in der Regel mit größerer Motorleistung und höherem CO2-Ausstoß, und diese dann auch sehr ausgiebig zu nutzen."
Was heißt das im Beispiel?
Ein Angestellter bekommt einen VW Passat mit einem Listenpreis von 47.500 Euro zur Verfügung gestellt. Nach der Ein-Prozent-Regel muss er im Monat 475 Euro und damit jährlich 5700 Euro versteuern. Hinzu kommen bei einem Arbeitsweg von zehn Kilometern 1700 Euro - insgesamt sind das 7400 Euro.
Ein privater Kauf wäre deutlich teurer: Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung betragen die jährlichen Kosten für Steuern, Wertverlust, Sprit und Reparaturen rund 12.400 Euro. Der Unterschied beträgt 5000 Euro. Bei einem angenommenen Grenzsteuersatz von 42 Prozent beträgt die Steuerersparnis somit immerhin 2100 Euro im Jahr.
Dass dieses Modell für viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktiv ist, zeigen die Zulassungszahlen. Knapp zwei Drittel aller Neuzulassungen entfielen 2021 auf Unternehmen.
Welche Kritik gibt es am Dienstwagenprivileg?
Die Kritik am Dienstwagenprivileg bezieht sich insbesondere auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Regelung. Zudem brechen Steuereinnahmen weg. Laut Berechnungen des FÖS führte die Steuervergünstigung im Jahr 2019 zu Mindereinnahmen von 4,4 Milliarden Euro für die Staatskasse.
Aus ökologischer Sicht bietet das Dienstwagenprivileg einen Anreiz für die Anschaffung größerer Autos. Weil zur Berechnung des geldwerten Vorteils der Bruttolistenpreis genutzt wird, "ist es so, dass ein größeres, schwereres und emmissionsintensiveres Auto, was teurer ist, steuerlich trotzdem attraktiver sein kann", sagt Schenuit. "Und es führt dazu, dass man die schwereren, emissionsintensiveren Autos sehr intensiv nutzt und dementsprechend überdurchschnittlich zum gesamten Emissionsausstoß beiträgt."
Auch aus sozialer Sicht führt die Regelung zu einer Schieflage: Einen Dienstwagen bekommen meist Arbeitnehmer mit einem ohnehin überdurchschnittlichen Gehalt. "Man kann trefflich fragen, ob und warum diese Personengruppen überhaupt noch eine Steuererleichterung brauchen", sagt Schenuit. Zwei Drittel der Profiteure sind männlich - "das ist also vor allem ein Steuerbonus für besser verdienende Männer", fasst Schenuit zusammen.
Was spricht für das Dienstwagenprivileg?
Für die Automobilhersteller ist der Verkauf von Dienstwagen ein wichtiger Absatzmarkt. "Zum großen Teil werden Fahrzeuge aus deutscher Produktion angeschafft, insofern stützen wir ein Stück weit die deutsche Industrie", sagt der Direktor des Center for Automotive Management (CAM), Stefan Bratzel. Zudem landen viele Dienstwagen nach wenigen Jahren auf dem Gebrauchtwagenmarkt - über die Steuer lässt sich also auch beeinflussen, welche Autos in Zukunft über deutsche Straßen rollen.
Bratzel fordert, die ökologische Komponente bei den Dienstwagen künftig stärker in den Blick zu nehmen. "Sonst haben wir einen Pyrrhussieg erreicht: Dann stützen wir zwar die deutsche Autoindustrie, aber die Klimaziele erreichen wir nicht". (afp/sap) © AFP
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