• In den höheren Management-Etagen ist der Dienstwagen noch immer ein wichtiges Statussymbol.
  • Meist sind die Nutznießer mit Modellen aus dem Premiumsegment unterwegs, die nicht gerade durch Sparsamkeit punkten.
  • Die Kritik daran wird lauter.

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Glücklich ist, wer einen Dienstwagen zur privaten Nutzung gestellt bekommt. Denn er kann damit Steuern sparen - genauso wie der Chef, der ihn zur Verfügung stellt. Schätzungen gehen davon aus, dass dem Staat dadurch jährlich mindestens 3 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren gehen.

Ab einer bestimmten Hierarchie-Stufe wird der Dienstwagen gern als Incentive mitgenommen, also als motivierendes Angebot, um seinen gesellschaftlichen Status hervorheben zu können.

Obwohl einige Trendforscher das Auto als Statussymbol als überholt betrachten, glaubt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen, weiter an dessen Verlockungen: "Besonders im Geschäftsbereich hat ein teurer Dienstwagen immer noch eine große Strahlkraft, auf die die wenigsten verzichten wollen."

Das bestätigen auch mehrere Studien. Demnach rangiert der Dienstwagen vor allem bei Männern auf den vorderen Plätzen der Mitarbeiterbenefits neben betrieblicher Altersvorsorge und Aussicht auf mehr Bargeld.

Deutsche Hersteller fahren vorne mit

Für die deutsche Autoindustrie sind Dienstwagen ein wichtiger Absatzmarkt. Nach Einschätzung von Dudenhöffer werden jährlich rund 600.000 Fahrzeuge als Firmenwagen verkauft - nicht alles sind individuell zugeordnete Dienstwagen, die auch privat genutzt werden können, aber ein großer Teil.

Zwar schwanke der Absatz in Zahlen - im vergangenen Jahr sind wegen der Halbleiterkrise insgesamt weniger Autos verkauft worden - aber der Anteil von Dienstagen am Gesamtabsatz liege in etwa immer um die 20 Prozent, sagt Dudenhöffer.

Dabei haben deutsche Hersteller mit einem Anteil von 70 Prozent die Nase vorn. "Die Importeure wie Peugeot, Opel oder Toyota spielen da kaum eine Rolle", so Dudenhöffer weiter.

Zudem seien Firmenwagen oft höherwertige Fahrzeuge, also Premiumfahrzeuge wie VW Passat, 3er- und 5er-BMW, Audi A4 und A6 oder Mercedes C- und E-Klasse. "Von daher liegt im Dienstwagen-Geschäft ein wichtiges Profitpotenzial für deutsche Autobauer", sagt der Branchenexperte.

Die Hersteller würden sich entsprechend auf diese Kundschaft einstellen, die oft als User-Chooser bezeichnet werden - also Kunden, die sich gern individuelle Extras für das neue Schmuckstück dazu buchen.

Kritik an Steuersubventionen

Die Kritik an der deutschen Dienstwagentradition wird allerdings lauter. Das Umweltbundesamt (UBA) hat Ende vergangenen Jahres eine Liste mit klimaschädlichen Subventionen vorgelegt.

Neben Dieselprivileg und Pendlerpauschale steht auch die Subvention der Dienstwagen darauf. UBA-Präsident Dirk Messner erklärte dazu: "Manche Subventionen kommen ja vor allen Dingen Besserverdienenden zugute, zum Beispiel das Dienstwagenprivileg. Warum sollen einfache Steuerbürger den Wohlhabenden dieses Landes Dienstwagen finanzieren? Dafür spricht nichts."

Ähnlich argumentieren die Grünen: "Steuerliche Privilegien sind nur dann gerechtfertigt, wenn dies auch tatsächlich Anreize im Kauf- und Nutzungsverhalten schafft, die dem Klimaschutz dienen", sagt Bundestagsabgeordneter Sascha Müller.

Die aktuelle Dienstwagenbesteuerung bedeute einen "erheblichen finanziellen Vorteil" für einkommensstarke Haushalte und begünstigt auch die Anschaffung großer, leistungsstarker und emissionsintensiver Fahrzeuge. Darüber hinaus schaffe sie keinen Anreiz für eine verbrauchsarme Nutzung, so der Grünen-Politiker.

Dass Deutschland bei privat genutzten Dienstwagen europaweit besonders hohe Nachlässe bei Steuern gewährt, zeigt eine Berechnung des Umweltbundesamtes gemeinsam mit dem Öko-Institut.

So ist der zu versteuernde geldwerte Vorteil bei einem Wagen der Oberklasse - also der Betrag, der vom privat genutzten Dienstwagen auf die Einkommensteuer anzurechnen ist - in Dänemark viermal höher als in Deutschland. In Niederlande ist der zu besteuernde Betrag immerhin noch doppelt so hoch wie in Deutschland.

Steuerspar-Turbo durch Elektro-Antrieb

Zum Hintergrund: Das Steuerspar-Modell erklärt sich beim Dienstwagen aus Arbeitnehmersicht am einfachsten im Vergleich mit einer Lohnerhöhung. Von 500 Euro mehr Monatsgehalt landet bei höheren Einkommen netto nur die Hälfte auf dem Konto. Bis davon ein 40.000 Euro teures Auto zusammengespart ist, das dauert eine Weile.

Andererseits muss der schicke, privat genutzte Dienstwagen ebenfalls auf die Einnahmeseite bei der Steuer verbucht werden. Bei der häufig genutzten 1-Prozent-Methode sind das von 40.000 Euro monatlich 400 Euro - plus ein Betrag für den mit dem Dienstauto genutzten Arbeitsweg. Dafür hat man allerdings bereits einen Gegenwert.

Weitaus besser dran sind Dienstwagen-Fahrer von Elektro-Autos. Denn bei diesen Fahrzeugen wird bei der 1-Prozent-Methode nur 0,25 Prozent des Listenpreises des Wagens angesetzt. Im Falle eines 40.000 Euro teuren Elektro-Flitzers sind das eben nur noch 100 Euro monatlich als kalkulierte Einnahme für die Steuerberechnung.

Bei Hybrid-Pkw hängt der Betrag von der Laufleistung des reinen E-Antriebs ab. Bisher galt: Fuhr der Dienstwagen 40 Kilometer weit rein elektrisch, musste nur das 0,5-fache des Listenpreises für die Steuerberechnung angesetzt werden.

An dieser Stelle hat die Bundesregierung nachjustiert. Ab Anfang dieses Jahres muss der Hybride 60 Kilometer rein elektrisch fahren können, damit er an die bessere Versteuerung kommt.

Der Arbeitgeber auf der anderen Seite kann bei allen Pkw-Typen Steuern sparen, weil er durch den Dienstwagen meistens weniger Bruttogehalt zahlt und sich damit auch die Lohnnebenkosten reduzieren. Zudem können die Kosten für die Anschaffung als auch die für den Unterhalt des Fahrzeugs als Betriebsausgaben abgeschrieben werden.

Änderung bei Förderung von Hybriden

Die Ampelkoalition will die Regeln für Dienstwagen in dieser Legislatur weiter verschärfen - allerdings zunächst nur für Hybrid-Pkw. Und das auch mit den Stimmen der FDP. „Wir werden die Möglichkeiten des Steuerrechts dazu nutzen, um die elektrische Mobilität stärker zu fördern", erklärt Markus Herbrand, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

"Die Ampel plant, dass die begünstigte Besteuerung zukünftig nur dann gewährt wird, wenn das Fahrzeug überwiegend - mehr als 50 Prozent - auch im rein elektrischen Fahrbetrieb betrieben wird." Die Grünen planen bereits weiter: "Mittelfristig sollten Dienstwagen mit Verbrennungsmotor keinen steuerlichen Vorteil gegenüber privaten Pkw haben.

Fragwürdig ist im Moment auch die steuerliche Privilegierung von Plug-in-Hybridfahrzeugen, welche sich an der Reichweite des Elektroantriebs orientiert und nicht am tatsächlichen Nutzungsverhalten", sagt Sascha Müller. Die Erleichterung für Hybride sei als vorübergehende Subvention für eine Elektrifizierung zu verstehen. Langfristig solle sie begrenzt werden.

Dienstwägen: Was sich bereits ändert

Dass sich an der Förderung von Dienstwagen aber generell etwas ändert, sie unabhängig von der Antriebsform komplett gestrichen wird, das glaubt Branchen-Experte Dudenhöffer nicht. "Immerhin sind die Fahrzeuge ja auch im Einsatz im Unternehmen und damit Arbeitsmaterial - so ähnlich wie ein PC, der dienstlich, aber auch zum Teil privat genutzt wird. Also braucht es eine vernünftige Abwägung für Steuervorteile."

Trends bei der Dienstwagenwahl seien aber schon deutlich erkennbar. So machten noch vor fünf Jahren Dieselfahrzeuge 80 Prozent der verkauften Dienstwagen aus. Dieses Segment gehe stark zurück. "Es zeigt sich auch bei den Dienstwagen, dass Diesel ein Auslaufmodell ist", sagt Dudenhöffer.

Auf der anderen Seite wollen Unternehmen nach außen nachhaltig auftreten. Das zeigt sich auch bei der Ausstattung der Firmenflotte. Die Telekom gibt in einer Umfrage des Handelsblattes an, dass der elektrische Anteil an den Neubestellungen der Dienstwagen mittlerweile bei etwa 30 Prozent liege.

Ein konkretes Zieldatum zur Umstellung auf eine elektrische Flotte gibt es demnach nicht.

Der Software-Konzern SAP will bis 2025 zumindest ein Drittel seines 17.000 Autos großen Fuhrparks elektrifiziert haben. Ab 2025 können Manager nur noch E-Autos als Dienstwagen bestellen.

Verwendete Quellen:

  • Telefonat mit Professor Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen
  • Sascha Müller, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen
  • Markus Herbrand, Finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion
  • Interview mit dem Präsidenten des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, über umweltschädliche Subventionen
  • Studie des Umweltbundesamtes über die Verkehrswende und zu Steuervergünstigungen des Dienstwagens
  • Studie "Dienstwagen auf Abwegen" der Initiative Agora Verkehrswende
  • Umfragen über wichtigste Benefits für Arbeitnehmer
  • Artikel über Motivationsfaktor Dienstwagen auf totalrewards.de
  • Umfrage im Handelsblatt über die Elektrifizierung der Dienstwagen-Flotten deutscher Konzerne
  • Artikel in der Rhein-Neckar-Zeitung über den Umstieg von SAP auf Elektro-Dienstwagen
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