Seit heute, 29.5.2024, ist es so weit: Mit der Veröffentlichung der 10. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (10. BImSchV) im Bundesgesetzblatt ist HVO100 in Deutschland offiziell erlaubt. Damit kann der Dieselkraftstoff, der zu 100 Prozent aus Abfallstoffen wie Altspeiseöle oder Fettresten (Hydrotreated Vegetable Oil) bestehen darf, offiziell an Tankstellen verkauft werden.

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Ende März 2024 stimmte der Bundesrat ebenso zu, dass weitere paraffinische Dieselkraftstoffe (XTL; X-to-Liquid) nach DIN EN 15940 in den Verkehr gebracht werden dürfen. Gleichzeitig sollen künftig Dieselkraftstoffe auf Basis von Erdgas (GTL; Gas-to-liquids) erlaubt werden. Die Novelle sieht darüber hinaus die Einführung von B10-Diesel vor – also konventioneller Diesel, dem zehn Prozent Biodiesel beigemischt werden darf.

Die paraffinischen Diesel im Detail

  • Paraffinischer Diesel XTL wird aus verschiedenen Ausgangsmaterialien in flüssige Energieträger umgewandelt. Biokraftstoffe können aus nachwachsenden Rohstoffen wie Gerste, Raps, Zuckerrohr oder Abfallstoffen wie Gülle oder Altspeiseölen hergestellt werden.
  • Paraffinischer Diesel HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oils und bezeichnet Treibstoffe, die aus Pflanzenölen hergestellt werden. Reiner HVO100 oder C.A.R.E. sind Formen dieses Treibstoffs, während gemischte Pflanzenöle und Diesel als Diesel R33 bekannt sind.

Mit der neuen Verordnung setzt die Ampel-Regierung europarechtliche Vorgaben um. Der ADAC befürwortet die Freigabe des HVO-Kraftstoffs, denn er senke in seiner Reinform (HVO100) "die bilanziellen CO₂-Emissionen von Dieselfahrzeugen um bis zu 90 Prozent gegenüber fossilem Diesel". Jetzt seien "die Hersteller gefordert, neue Fahrzeuge für die Verwendung von HVO 100 auszulegen und ältere Modelle zu prüfen und für die Verwendung freizugeben", sagt ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze. Chemiker weisen zudem darauf hin, dass bei der Verbrennung weniger Ruß und Stickoxide entstehen als bei herkömmlichem Diesel.

Freigabe von Herstellern beachten

Allerdings warnt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) die Kunden. Vor der Betankung mit B10-, HVO- oder XTL-Diesel sollten Autofahrer überprüfen, ob ihre Fahrzeuge eine Freigabe des Herstellers für die Kraftstoffe haben. Teilweise stehen bereits in Tankdeckeln und auch in den Betriebsanleitungen entsprechende Hinweise. Beispielsweise bei BMW, Mercedes, Toyota und Volvo sowie neueren Dieselmodellen der Konzerne Renault, Stellantis und VW existieren bereits entsprechende Freigaben. Darüber hinaus müssen Tankstellenbetreiber die beiden Sorten klar kennzeichnen. Diesel B10 steht dann für den konventionellen Diesel mit der zehnprozentigen Beimischung von Biodiesel, als "paraffinischer Diesel" ist der HVO- und XTL-Diesel gekennzeichnet.

Neben diesen Sorten ist B7-Diesel (sieben Prozent Biodieselanteil) als Bestandschutzsorte gesetzt und bleibt an den Tankstellen verfügbar. Ob XTL- und HVO-Diesel in Zukunft an den Tankstellen in ausreichender Menge angeboten werden kann, ist nicht klar. Ein Hindernis für die flächendeckende Verbreitung sind die wenigen verfügbaren Zapfsäulen, da deren Bestand bereits großflächig mit den bekannten Sorten belegt ist. Das BMUV rechnet deshalb damit, dass nur fünf Prozent aller rund 14.500 Tankstellen in Deutschland XTL und/oder HVO sowie B10 anbieten werden. Pro Jahr rechnet man mit einem Sprung von einem Prozent.

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Zurückhaltung bei Tankstellen-Konzernen

Die meisten Mineralölkonzerne und Tankstellenbetreiber äußern sich bislang zurückhaltend in Bezug auf eine etwaige Einführung. Ob beispielsweise HVO100 flächendeckend ausgerollt werde, hänge insbesondere von der Kundennachfrage ab. Gerade hier könnte es sich als Nachteil erweisen, dass der neue Sprit wohl teurer angeboten wird als der bekannte. Zwar ist er von der CO₂-Abgabe befreit, allerdings ist der Herstellungsprozess deutlich aufwendiger als bei erdölbasierten Kraftstoffen. Zudem ist die Verfügbarkeit an Basismaterialien wie Altspeiseölen oder Fettresten endlich sowie aktuell geringer als der Bedarf. Im Ausland, wo paraffinische Dieselkraftstoffe schon länger erlaubt sind, beobachtet der ADAC zwischen fünf und 20 Prozent höhere Literpreise als beim Standard-Diesel.  © auto motor und sport

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