Das Filmen im Straßenverkehr kann als Videoüberwachung des öffentlichen Raums sowie als Erhebung von personenbezogenen Daten gewertet werden. Beides ist kritisch und kann bestraft werden. Worauf man achten muss, klären wir im folgenden Text.

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Grundsätzlich ist der Einsatz von Dashcams in Deutschland erlaubt, jedoch gibt es einige rechtliche Einschränkungen. So ist es nicht erlaubt, den öffentlichen Straßenverkehr anlasslos und permanent zu filmen, wie es bei vielen Actioncams der Fall wäre. Dies gilt als unzulässige Überwachung und verstößt gegen das Datenschutzrecht. Der Bundesgerichtshof urteilte hierzu am 15. Mai 2018: "Sie verstößt gegen § 4 BDSG, da sie ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgt ist und nicht auf § 6b Abs. 1 BDSG oder § 28 Abs. 1 BDSG gestützt werden kann."

  • § 4 Abs. 1 BDSG: (1) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.
  • § 6b Abs. 1 BDSG:
    (1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie …3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
  • § 28 Abs. 1 BDSG:(1) Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig,2. … soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt.

Permanente Aufzeichnung kann geahndet werden

Alle drei Paragrafen regeln, wann eine Videoaufzeichnung eben doch erlaubt ist: nämlich dann, wenn es einen konkreten Anlass gibt, beispielsweise einen Verkehrsunfall. In diesem Fall können die Aufnahmen als Beweismittel verwendet werden. Zu beachten ist jedoch: Eine permanente Aufzeichnung ist zur Wahrnehmung der Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich und wird daher geahndet, hier können hohe Geldbußen bis hin zu Freiheitsstrafen drohen.

Unabhängig von der Strafbarkeit können solche permanenten Aufzeichnungen aber dennoch bei einem Unfall als Beweismittel erlaubt sein, hier kommt es im Einzelfall zu einer Interessenabwägung zwischen dem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör auf der einen und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung auf "informationelle Selbstbestimmung" auf der anderen Seite. Der sperrige Begriff im Datenschützer-Jargon bedeutet nichts anderes, als dass jeder Bürger das Recht hat, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und ohne guten Grund per Video überwacht zu werden.

Gesetzliche Vorgaben für das Filmen mit Drohnen

In vielen Fällen kann eine Drohne wunderschöne Aufnahmen vom Motorradabenteuer liefern, wobei hier natürlich gesetzliche Vorgaben beachtet werden müssen. Beim Drohnen-Einsatz muss die EU-Drohnenverordnung sowie das deutsche Luftverkehrsgesetz beachtet werden – und das heißt: Sie brauchen eine Drohnenversicherung und müssen sich außerdem beim Luftfahrtbundesamt als Drohnen-Betreiber registrieren. Mit der anschließend zugeteilten Registrierungsnummer muss die Drohne dann gekennzeichnet werden, damit man regelkonform mit ihr fliegen darf.

Unzulässigkeit führt nicht ohne Weiteres zu Beweisverwertungsverbot

Dennoch urteilte der BGH: "Die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot." Somit sind permanent aufgezeichnete Videos vor Gericht also ein zweischneidiges Schwert und können sich unter Umständen zugleich positiv wie negativ auswirken, wenn man zwar einerseits beweisen kann, dass man selbst am Unfall unschuldig war, andererseits aber zugleich für Verstöße gegen den Datenschutz belangt wird.

  • § 94 StPO: (1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

Ein weiterer Punkt, in dem sich der Einsatz von Actioncams rächen kann: § 94 der Strafprozessordnung (StPO) besagt, dass die Polizei Personen und Sachen durchsuchen und beschlagnahmen darf, wenn sie Anhaltspunkte dafür hat, dass Gegenstände als Beweismittel für eine Straftat oder Regelüberschreitung geeignet sind. Anlasslos ist das zwar nicht erlaubt, dennoch kann eine Actioncam beispielsweise nach einem Unfall oder auch bei einer Verkehrskontrolle beschlagnahmt und gesichtet werden, wenn der Verdacht auf ein Verkehrsdelikt besteht. Das darauf gespeicherte Material kann dann gegebenenfalls als Grund für eine Anklage genutzt werden, wenn eigene Übertretungen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Wheelies oder das Missachten von Verkehrsregeln darauf zu sehen sind. Plus ergänzend natürlich die bereits genannte Strafe, wenn Datenschutzbestimmungen verletzt wurden. Dafür gibt es in der Praxis bereits zahlreiche Beispiele.

Länge bei Loop-Funktion nicht geregelt

Sicherer im rechtlichen Sinne fährt man also, wenn man lediglich kurze, anlassbezogene Videos aufzeichnet, beispielsweise unmittelbar das Unfallgeschehen. Toleriert wird in der Regel auch ein automatischer Überschreibemodus, der zwar permanent mitfilmt, jedoch stets nur die letzten paar Minuten behält und älteres Videomaterial überschreibt. Die Länge der Videos ist nicht gesetzlich geregelt, allerdings sollten Videos nicht länger sein als unbedingt notwendig, um den Anlass der Aufnahme zu dokumentieren. Insbesondere Dashcams nutzen standardmäßig einen solchen Modus, auch Actioncams bieten teilweise eine entsprechende Loop-Funktion.

Interview mit Thomas Kranig, Jurist und von 2011 bis 31. Januar 2020 Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht:

Es gibt Motorradfahrer, die ein Bußgeldverfahren am Hals haben, weil sie beim Fahren gefilmt haben. Ist das tatsächlich verboten?

Aufnahmen mit Actioncams oder Dashcams, die ohne guten Grund andere Personen oder Fahrzeugkennzeichen aufnehmen – und dies nicht ausschließlich für den privaten Bereich verwendet werden soll –, sind datenschutzrechtlich nicht zulässig. Wer solche Videoaufnahmen macht, um sie ins Internet zu stellen oder nach Unfällen an die Polizei oder an eine Versicherung weiterzugeben, verstößt gegen den Datenschutz.

Was ist erlaubt und was illegal?

Für die Beurteilung ist darauf abzustellen, was und zu welchem Zweck etwas aufgenommen wird. Aufnahmen, die keine Menschen oder Fahrzeugkennzeichen zeigen, also keine personenbezogenen Daten beinhalten, unterliegen nicht dem Datenschutzrecht und sind deshalb unproblematisch. Anders sieht es mit Videos aus, die personenbezogene Daten beinhalten und die nicht für den privaten Hausgebrauch gemacht, sondern auch veröffentlicht werden sollen. Sie sind wegen Datenschutz in der Regel unzulässig.

Wie können sich Motorradfahrer entlasten, wenn ein solcher Verstoß gegen den Datenschutz im Raum steht?

Sie können sich etwa dadurch entlasten, dass sie der Datenschutzbehörde das Material zur Verfügung stellen, um zu zeigen, dass keine anderen Menschen aufgenommen wurden.

Im Netz stehen viele Videos, die Touren in tollen Landschaften oder spannende Fahrszenen zeigen. Stehen die Filmer gleich mit einem Fuß im Gefängnis?

Wenn bei den Videos wirklich nur Landschaft oder Fahrweise dargestellt werden, greift das Datenschutzrecht nicht. Es dürfen aber auf keinen Fall andere Menschen erkannt werden können oder etwa aufgrund des Fahrzeugkennzeichens identifizierbar sein.

Was ist, wenn ein Motorradfahrer zufällig einen Unfall aufgenommen hat und dies dann zur Aufklärung beitragen kann?

In solchen Fällen entscheiden im Zweifel die Gerichte, die mit dem Unfall befasst sind, ob möglicherweise datenschutzrechtlich unzulässig erstellte Aufnahmen aus übergeordneten Gründen trotzdem als Beweis in einem Straf- oder Schadensersatzprozess verwendet werden können.

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Fazit

Dashcams können eine Reihe von Vorteilen bieten. Sie können dabei helfen, Verkehrsunfälle darzulegen und die Schuldfrage zu klären. Außerdem können sie als Beweismittel gegen Verkehrssünder verwendet werden. Zu den Nachteilen von Dashcams gehört, dass sie den Datenschutz beeinträchtigen können. Die Aufnahmen können unbeteiligte Personen zeigen, ohne dass diese dies wissen. Außerdem können die Aufnahmen auch eigene Vergehen dokumentieren.  © Motorrad-Online

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