Ein Berliner Verkehrsforscher sagt den Tod der deutschen Autoindustrie voraus. VW werde die Hälfte der Mitarbeiter verlieren und Baden-Württemberg das neue Ruhrgebiet.
Der Berliner Politikwissenschaftler und Verkehrsforscher Prof. Dr. Andreas Knie sagt in Interviews den Untergang der deutschen Autoindustrie voraus. Wolfsburg werde "bluten" und zum neuen Detroit Europas. Knie findet aber auch Beispiele aus Deutschland, um seine düstere Zukunftsprognose für die hiesige Autoindustrie zu illustrieren: Aus Badenwürttemberg werde "das neue Ruhrgebiet". In einem Gespräch mit NTV kritisiert Knie besonders den VW-Konzern. Der sei in China in der Vergangenheit "arrogant" aufgetreten und habe dort auf dem wichtigsten Markt des Konzerns zu lange auf den Verbrennungsmotor gesetzt.
VW soll Mitarbeiterzahl "halbieren"
In der Zukunft werde VW "die Zahl der Beschäftigten halbieren müssen", so Knie. Laut dem letzten Geschäftsbericht 2023 beschäftigt der Volkswagen-Konzern rund 300.000 Mitarbeiter in Deutschland. "Man kann nicht alles retten, sondern muss eine Art wirtschaftliche Sterbeordnung zulassen", so Knie im Gespräch mit NTV. Auch in einem Beitrag in der Berliner Zeitung unterstreicht der Forscher seine Prognose. "Schwaben wird das neue Ruhrgebiet", wird er dort zitiert.
Kritik übt Knie außerdem am deutschen Autohandel, der zu unflexibel auf die Elektromobilität reagiere. "Das deutsche Händlernetz möchte keine elektrischen Autos verkaufen", so Knie. Der Berliner Professor kritisiert außerdem die hohen Preise für Elektroautos und die Fokussierung auf Softwarefeatures, statt die "Hardware", das eigentliche Auto, in den Vordergrund zu stellen. Knie war zuletzt mit der Forderung aufgefallen, dass männliche Autofahrer erst ab dem Alter von 26 Jahren den Autoführerschein erhalten sollten. Außerdem kritisiert er den Vorrang des Autos in Städten und hat die Entwicklung des kostenlosen Parkens am Straßenrand skizziert.
Detroit erholt sich wieder
In seinem Hinweis auf Detroit bezieht sich Knie auf den Abstieg der Motormetropole in den USA. In den 1990er Jahren setzte sich der wirtschaftliche Niedergang Detroits fort, der bereits in den 1970er Jahren begonnen hatte. Die Finanzkrise 2008 traf Detroit besonders hart, als GM und Chrysler Insolvenz anmelden mussten und nur durch staatliche Hilfen gerettet werden konnten. Spätestens da war die US-Metropole zum Symbol des Niedergangs der US-Autoindustrie geworden: Die Bevölkerungszahl der einstigen Millionen-Metropole, in der die "Big Four" ihren Firmensitz hatten, sank auf etwa 700.000, ganze Stadtviertel verfielen und zur jährlichen Detroit-Motor-Show musste die Stadtverwaltung die vielen Obdachlosen aus der Umgebung des Messezentrums vertreiben. 2013 meldete Detroit selbst den größten kommunalen Bankrott der US-Geschichte an. Seit 2014 befindet sich die Stadt jedoch in einer Phase der Erneuerung. Aus 2015 stammt unsere Bildergalerie von einer Rundfahrt durch die damals noch stark getroffene Auto-Metropole. © auto motor und sport
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