Jaguar hat das bereits im Vorfeld viel diskutierte Concept Car Type 00 enthüllt, mit dem die Neuausrichtung der Marke illustriert werden soll.
Sicher kann man sich erstmal empören und mit gerötetem Kopf die Frage stellen, ob sie bei Jaguar die Haut eines Chrysler Crossfire umlackiert und über einen Backstein gestülpt haben. Aber von der allgemeinen Schmäh-Stimmung gegen den Marken-Relaunch des britischen Sportwagenherstellers wollen wir uns gar nicht anstecken lassen. Wir gehen am Beispiel des Concept Cars Type 00 lieber Punkt für Punkt durch, was die Briten versprechen, und wie sich das im neu enthüllten Fahrzeug manifestiert.
Das Erbe der Briten
"Wir sind eine Marke mit Heritage, keine Heritage-Marke", hat Chief Commercial Officer Lennard Hoornik bei einem Pressetermin gesagt. Deshalb, so die Lesart, wird es von Jaguar auch keine Retro-Modelle mit neuer Technik geben. Ein Weg, für den sich aktuell etwa Renault mit R4 und R5 entschieden hat. Trotzdem verweist die offizielle Publikation zum Type 00 vielfach auf die Historie von Jaguar – allerdings reichlich abstrakt. Die Bezeichnung des Concept Cars stehe für eine neue lebhafte Identität, unterstreiche die Transformation und sei dabei inspiriert von "reichen Erbe" der Marke. Greifbarer wird es so: Die Bezeichnung "Type" leitet sich freilich aus der Jaguar-Vergangenheit ab, diente sie doch vielen Modellen als Namensbestandteil. Die beiden Nullen stehen einmal für Zero-Emissions und einmal für den kompletten Neustart einer Produktfamilie.
Die beiden Farben, in denen das Concept Car präsentiert wurde, folgen einer ähnlichen Logik. Während das "Miami
Das Design und die Plattform
Furchtlos, kreativ, opulent – mit diesen Begriffen beschreibt der Jaguar den Type 00. Opulent sind sicherlich die schieren Ausmaße. Mit einer Länge von mehr als fünf Meter und stattlichen 23-Zöllern ist die britische Mélange aus glatten Flächen und geraden Linien eine eindrucksvolle Erscheinung. Auch das Attribut "furchtlos" trifft zu, denn wie Chefdesigner Jerry McGovern bereits sagte, habe man den Type 00 nicht mit dem Anspruch allgemeiner Gefälligkeit entworfen. Dieses Fahrzeug soll (und wird) polarisieren.
Das gilt auch für das Interieur. Hier treffen unkonventionelle Werkstoffe wie Bronze und Travertinstein auf die bekannte Stofflichkeit automobiler Innenräume. Eine durchgezogene Mittelkonsole auf Schulterhöhe ist sicher ein Hingucker, auch wenn spontan kein praktischer Nutzwert erkennbar ist. Was am Ende in die Serie überführt wird, steht ohnehin noch in den Sternen. Im vierten Quartal 2025 soll das erste echte Fahrzeug, ein viertüriger GT, vorgestellt werden. Allerdings steht auch der Type 00 bereits auf der echten JEA-Plattform, die später alle Elektrofahrzeuge der neuen Generation tragen wird. Daten sind bislang spärlich. Nur so viel: die Reichweite wird bei 770 Kilometer liegen, innerhalb von 15 Minuten soll Strom für bis zu 321 Kilometer geladen werden können (an einem 350-kW-Lader).
Technische Spielereien
Modernität ohne technische Raffinessen ist kaum glaubwürdig – gerade im Mobilitätsbereich. Und so hat sich Jaguar ein Konzept überlegt, das es tatsächlich noch nirgends sonst gibt. In der Mittelkonsole befindet sich eine Vertiefung, in die ein sogenanntes Totem eingelegt werden kann. Dabei handelt es sich um einen länglichen Quader aus Stein, der Informationen zu Lichtstimmung, Fahrmodus, Display-Design, Musik-Playlist, Duft und mehr enthält. Kurz gesagt: ein Fahrerprofil. Mit Einlegen des Totems übernimmt das Fahrzeug die hinterlegten Einstellungen. Natürlich kann ein Fahrer mehrere Totems besitzen. Für deren Aufbewahrung hat Jaguar einen Bronze-Koffer entworfen (Gewicht rund 6 Kilo), der unter einer Klappe am vorderen Kotflügel verstaut ist. Extravagant und ein bisschen aufwändiger als ein simpler Kippschalter.
Ansonsten folgt der Type 00 dem Prinzip, dass Technik nur dann zum Vorschein kommt, wenn sie benötigt wird. So verbirgt sich die seitliche Rückfahrkamera unter dem bronzenen Leaper-Zierelement an der Fahrzeug-Flanke, Displays fahren aus und ein, Ablagefächer öffnen sich nur auf Wunsch. Das hält besonders den Innenraum sehr reduziert.
Die Grund-Ausrichtung
Jaguar beschreitet nicht nur gestalterisch und technisch neue Wege. Auch strukturell wird es der Bestandskundschaft nicht leicht gemacht, am Ball zu bleiben. "Wir werden sicher große Teile unserer bisherigen Kunden auf dem Weg verlieren", erklären die Verantwortlichen der Marke. Das dürfte nicht zuletzt am Preisgefüge und der Einsortierung liegen. Der Einstieg liegt fortan bei rund 150.000 Euro, weil man "modernen Luxus" verkaufen möchte. Die Grenze ist freilich nach oben offen. Für die neue Generation von Fahrzeugen wird es außerdem eigens eingerichtete Brand Stores geben. Der Erste öffnet seine Pforten im Pariser Luxusmode-Viertel im "goldenen Dreieck". Dort soll es dann auch keine Schreibtisch-Situationen mehr für Verkaufsgespräche geben, sondern runde Sitzgruppen, um "ins Gespräch zu kommen".
Trotzdem werden nicht alle bestehenden Autohäuser von der Bildfläche verschwinden. Dort soll es weiterhin Service-Dienstleistungen für die konventionellen Bestandskunden geben, sowie einen Gebrauchtwagenhandel, der laut Jaguar-CEO Rawdon Glover in Zukunft den realen Einstieg in die Markenwelt von Jaguar bietet. Oder anders gesagt: Wenn Sie Jaguar für das schätzen, was es einmal war, dann sollten Sie jetzt noch schnell einen F-Type kaufen. © auto motor und sport
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