Rein statistisch betrachtet scheint das Fahren unter Alkoholeinfluss hierzulande kein derart großes Problem zu sein, wie es oft den Anschein hat. Dem Statistischen Bundesamt zufolge waren 2022 lediglich 38.771 von insgesamt etwa 2,4 Millionen Verkehrsunfällen in Deutschland auf Alkoholeinfluss zurückzuführen – macht eine Quote von 1,6 Prozent. Beunruhigend ist jedoch, dass der Anteil zum zweiten Mal in Folge wuchs. Und dass er stark steigt, wenn Verletzte oder Tote als Unfallfolge zu beklagen sind (16.800 von 290.000 Verkehrsunfällen; 5,8 Prozent).
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International zeigt sich dagegen ein deutlich problematischeres Bild: Auf Basis einer Statistik der Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Versicherungsgesellschaft Allianz zudem herausgefunden, dass Alkoholunfälle doppelt so oft tödlich enden wie jene, die nicht unter berauschendem Einfluss passierten. Weltweit ist Alkohol demnach für 10,9 Prozent aller Verkehrstoten verantwortlich. Besonders verbreitet ist das Problem in Osteuropa und Zentralasien (18,2 Prozent). Während Deutschland mit 8,7 Prozent unter dem weltweiten Durchschnitt liegt, zeigt sich Gesamteuropa in dieser Hinsicht sehr unrühmlich (16,7 Prozent).
EU macht Alcolock-Schnittstellen zur Pflicht
Insofern ist es verständlich, dass die EU das Thema "Alkohol am Steuer" bekämpfen möchte und dabei auch technische Lösungen in Betracht zieht. So müssen bereits seit Sommer 2022 Autos mit neuer Typzulassung über eine Schnittstelle für Alcolock-Geräte verfügen. Ab Juli 2024 muss diese in jedem neu in der EU zugelassenen Auto vorhanden sein. Eine Pflicht für das Messgerät selbst, das den Atemalkohol überprüft und gegebenenfalls den Betrieb des Autos bei einem zu hohen Wert unterbinden kann, besteht in der EU indes noch nicht. Sie wäre jedoch ein logischer nächster Schritt und existiert in einigen Ländern – etwa in Skandinavien – bereits für Berufskraft- und viele Dienstwagenfahrerinnen und -fahrer.
Folgerichtig bereiten sich allmählich die Autohersteller und ihre Zulieferer auf eine mögliche Alcolock-Ära vor und stellen erste entsprechende Technologien vor. Den Low-Tech-Ansatz aktueller Systeme, bei denen vor einer Freigabe des Autos erst in ein Messgerät gepustet werden muss, verfolgen sie freilich nicht weiter. Die Überprüfung soll deutlich subtiler vonstattengehen – etwa wie bei der aktuell auf der CES in Las Vegas präsentierten Neuheit des kanadischen Autozulieferers Magna, die Sensor- und Kameratechnik für den Alkohol- und Drogen-Check nutzt.
Magna nutzt Sensor- und Kameratechnik
Das passive System namens "Impaired Driving Prevention Technology" (ins Deutsche übersetzt: "Technologie zur Prävention von Fahruntüchtigkeit") basiert auf der Infrarot-Sensortechnik des Unternehmens Senseair, bei dem es sich um einen Spezialisten der Luft- und Gassensorik handelt. Die Sensoren sind im Cockpit in der Nähe des Fahrers oder der Fahrerin eingebaut und messen den Alkohol- und Kohlendioxidgehalt in der ausgeatmeten Luft. Zudem können auf die Fahrerin oder den Fahrer gerichtete Kameras anhand der Pupillensignale erkennen, ob sie oder er sich in einem Rauschzustand befinden beziehungsweise schläfrig oder abgelenkt sind.
Unklar bleibt bisher, ob Magnas ""Impaired Driving Prevention Technology" nachgelagert ebenfalls aktiv die Weiterfahrt unterbinden kann. Dennoch sagt Bill Snider: "Wir arbeiten mit unseren Kunden und der Industrie zusammen, um einen bedeutenden Schritt nach vorn zu machen, um die Straßen für alle, die sie teilen, sicherer zu machen", so der bei Magna für den Elektronikbereich verantwortliche Präsident. Die auf der CES gezeigte Alkohol- und Drogenerkennung befinde sich aktuell im Vorentwicklungsstadium; es dürfte also noch eine Weile dauern, bis sie tatsächlich in den ersten Automodellen eingesetzt werden kann.
Hinweis: In der Fotoshow informieren wir Sie über die aktuell in Europa geltenden Promillegrenzen und Tempolimits. © auto motor und sport
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