Die Bundeswehr erhält tausende neue Mercedes-G-Klasse-Modelle. Die sind künftig mit deutlich mehr Power unterwegs als die alten "Wölfe". Wir stellen Ihnen hier die neue Militär-G-Klasse im Detail vor.

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Die Zeit der bisherigen "Wolf"-Modelle bei der Bundeswehr neigt sich dem Ende zu. Mit einem neuen Rahmenvertrag zwischen dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und Mercedes werden die Nachfolgemodelle für die Truppe auf den Weg gebracht.

Video: Im Video: G-Klasse Wolf (1980)

Quelle: Bundeswehr

5.800 neue Mercedes G "Wolf"

Über das Volumen der im Vertrag vereinbarten Lieferungen gibt es vom BAAINBw bislang keine Informationen. Die Fachpublikation Europäische Sicherheit & Technik liefert aber eine erste Einschätzung. Demnach sollen ab November 2024 bis zum Jahr 2027 insgesamt 1.200 G-Klasse-Modelle in den Ausrüstungen Feldjägerfahrzeug und Führungsfahrzeug geliefert werden. Weitere 4.600 Fahrzeuge sollen dann bis 2032 geliefert werden, das Gesamtvolumen des Auftrags wird mit 1,34 Milliarden Euro beziffert.

Mercedes hatte die neue Militär-G-Klasse (Baumuster 464) zuletzt auf der Rüstungsmesse Eurosatory 2024 in Paris vorgestellt und dabei verschiedene Varianten präsentiert, darunter eine Version mit 4,5 Tonnen Gesamtgewicht und über einer Tonne Zuladung. Seit dem Start der G-Klasse hat Mercedes nach eigenen Angaben über 74.000 Mercedes G in der "Behördenversion" für Rettungskräfte und Militäreinsätze ausgeliefert, zahlreiche Armeen weltweit setzen auf den G aus Graz. Rund 12.000 Exemplare erhielt seit der Einführung des G 250d als "Wolf" die Bundeswehr. Der "Wolf" wurde ab 1990 an die Bundeswehr geliefert und ersetzte dort den Vorgänger VW Iltis.

Mit der sogenannten Behördenversion als Baumuster 464 wurde der Mercedes G für Einsatzkräfte im Jahr 2021 grundlegend modernisiert und auf ein neues Level gehoben. Um das ein bisschen einordnen zu können, ist mal wieder ein kleiner Exkurs in Fahrzeuggeschichte nötig: Der Ur-G (W 460), ursprünglich explizit als Militärfahrzeug entwickelt, wurde in den 1990er Jahren in zwei Baumuster aufgeteilt: Den W 461 als weiterhin schnörkellosen Nützling für diverse Hardcore-Anwendungen und den mit viel neuem Luxus aufdekorierten W 463, der seine Zivilllaufbahn begann.

Verbesserte Variante des Mercedes G 461

In vielen Armeen weltweit kam und kommt der 461er G seitdem zur Anwendung, bei der Bundeswehr unter anderem als 250 GD unter dem Namen "Wolf". Erst 2020 hatte die Bundeswehr außerdem unter dem Namen "Greenliner" ein weiteres Los von 200 Fahrzeugen des G 461, in diesem Fall modernere Varianten mit einem Dreiliter-Turbodiesel, angeschafft. Diese moderne 461er Baureihe soll bei Mercedes nach derzeitigem Stand auch weiterhin im Programm bleiben, die Baureihe 464 wird zusätzlich eingeführt. Dabei handelt es sich nicht um eine Nutzfahrzeug-Variante des aktuellen Zivil-G, wie man anhand des G Professional vermuten könnte. Stattdessen baut der neue 464er G auf dem 461er auf, verwendet dessen Karosserie und kommt folglich auch mit zwei Starrachsen. Letztere allerdings mit verbreiterter Spur, was auch die auffälligen Radhausverbreiterungen erklärt. Damit soll die Fahrstabilität in Kurven und bei Schräglagen im Gelände verbessert und die Verwendung von Traktionsketten erleichtert werden.

Zwei Varianten des 464er G hatte Mercedes bei der Premiere vorgestellt: Einen geschlossenen fünftürigen Station (BA06) und ein Fahrgestell mit geschlossener Einzelkabine (BA09), jeweils als G 350d. Dem Namen entsprechend sind die Modelle mit dem aktuellen Dreiliter-Reihensechszylinder motorisiert, der auch die Zivilversion G 350 d antreibt. Im Nutzfahrzeug-G ist der Motor auf 249 PS gedrosselt, entwickelt aber weiterhin das volle Drehmoment von 600 Newtonmeter. Mit dem modernen Motor einher geht die Neungang-Automatik, die über den von Mercedes Pkw bekannten Lenkstockhebel sowie (zumindest in den Vorserienmodellen) über Lenkradpaddel geschaltet werden kann. Das Cockpit nutzt dabei Teile aus dem aktuellen Mercedes Sprinter: Lenkrad, Bedienhebel und die Instrumenteneinheit stammen aus dem Mercedes-Van.

Motor läuft auch mit Kerosin

Der Motor selbst ist entsprechend der Einsatzgebiete rund um den Globus als robuste Euro-III-Variante verbaut, die auch mit minderwertigem Kraftstoff und Kerosin zurechtkommt. Allerdings dennoch mit allen modernen Steuerungssystemen und aktueller Technik, was den Dieselverbrauch laut Mercedes deutlich unter den des G 300 CDI drücken soll und überdies natürlich einen erheblichen Leistungszuwachs bringt. Weil der Motor aber gleichzeitig präziser als Vorgänger-Generationen seinen Betriebszustand überwacht, um Schäden zu vermeiden, gibt es im neuen Mercedes G 464 ein sehr spezielles Detail, den Emergency Override Switch (EOS). Der wird in Situationen aktiviert, wenn der Motor eine Störung signalisiert und in den Notlauf geht, die Besatzung aber aufgrund eines unhöflichen Umfelds lieber das Weite suchen möchte. Damit werden alle Schutzprotokolle der Motorsteuerung unter Inkaufnahme eines möglichen Motorschadens außer Kraft gesetzt, um die Flucht nach vorn antreten zu können.

Wie üblich für den militärischen Einsatz ist der Mercedes G 464 mit einem zusätzlichen 24 Volt Bordnetz ausgestattet. Dazu erhalten die Modelle ab Werk Infrarotlicht und Tarnbeleuchtung für unauffällige Nachtfahrten und eine spezielle EMV-Absicherung für die installierte Elektrotechnik gegen Störsignale. Mit dem Luftansaugschnorchel ist die freigegebene Wattiefe auf offiziell 660 Millimeter angehoben, im Notfall darf das zu durchfahrende Wasser aber wahrscheinlich auch ein wenig tiefer sein. Die Bodenfreiheit unter den Differentialen gibt Mercedes mit 221 Millimeter an (montiert sind 265/75-16er Reifen), die Steigfähigkeit beträgt 100 Prozent/45 Grad.

Mehr Nutzlast als bisher

Beachtlich ist die gesteigerte Nutzlast der beiden neuen Modelle. Der BA06 Stationswagen mit vier Sitzplätzen verfügt über eine Zuladung von einer Tonne (Gesamtgewicht 3,5 Tonnen), die maximale Dachlast wird mit 200 kg angegeben. Anhänger sind bis zu einem Gewicht von weiteren 3,5 Tonnen freigegeben. Noch schwerer darf der BA09 als Fahrgestell mit Kabine bepackt werden. Hier beträgt das zulässige Gesamtgewicht 4,9 Tonnen und die maximale Zuladung 2,5 Tonnen, auch der BA09 darf einen 3.500-Kilo-Anhänger ins Schlepp nehmen. Das Tankvolumen beträgt bis zu 96 Liter, womit unter allen Einsatzbedingungen eine Reichweite von bis zu 600 Kilometer erzielbar sein soll.

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Beim BA09, der für die Aufnahme von zum Beispiel Pritschen- oder Kastenaufbauten vorgesehen ist, wurde die Kabine im Vergleich zum 461er G mit Einzelkabine verlängert, was mehr Stauraum und eine bequemere Sitzposition in der Kabine erlaubt. Auf dem offenen Heckrahmen ist eine doppelte Dreiecksaufhängung serienmäßig, mit der sich Aufbauten schwingungsarm montieren lassen – wichtig für die Geländefahrt, in der sich der Fahrzeugrahmen systembedingt verwindet. Für besonders "weiche" Aufbauten ist außerdem ein weiterer Zwischenrahmen verfügbar. Eine weitere Besonderheit für beide Modelle ist die große Stahlstoßstange. Die ist nötig, um die größere Kühlanlage des Sechszylinders sicher abzudecken. In der Stoßstange ist ein Zugmaul integriert, wodurch sich der G 464 für besonders einfache Rangierarbeiten von Anhängern eignet, auch als leicht zugänglicher Anschlagspunkt für Bergehilfen hat sich das Zugmaul schon bei den Vorgängermodellen bewährt.

Im Video: Der Militär-G Wolf als Restomod

Video: Expedition Motors Company Mercedes 250 GD Wolf

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Hoffnungen auf eine Zivilversion des Hardcore-G braucht man sich in der G-Fangemeinde keine machen, dem steht schon die Abgasnorm im Wege. Auch preislich dürften die neuen Modelle, wie bei Militärfahrzeugen üblich, alles andere als ein Schnäppchen sein, genaue Tarife verrät Mercedes selbstverständlich nicht. Freunden von Robustversionen der G-Klasse bleibt jedoch der Weg zu den einschlägigen Umrüstern, die ausgemusterte Armeeversionen restaurieren. Ein schönes Beispiel dafür ist der 250 GD Wolf als Restomod von Expedition Motor (siehe Video oben).  © auto motor und sport

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