Nicht abwegig, sondern ganz im Gegenteil naheliegend erscheint eine Neuauflage der legendären Moto Guzzi Le Mans. MOTORRAD klärt die Hintergründe und die Aussichten.

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Nachdem der italienische Designer Oberdan Bezzi diverse reizvolle Entwürfe für eine neue Moto Guzzi California präsentiert hatte, wurde tatsächlich bekannt, dass Piaggio die entsprechenden Markenrechte erneut abgesichert hat. Inzwischen legte Oberdan Bezzi weitere starke Design-Konzepte nach – für eine neue Moto Guzzi Le Mans, siehe oben in der Bildergalerie. Ob das traditionsreiche Werk in Mandello del Lario auch eine sportliche Modell-Variante in der Pipeline hat? Wir schauen, wie die Chancen dafür stehen und ordnen die technischen Möglichkeiten ein.

Moto Guzzi V100 Le Mans

Besonders naheliegend und dementsprechend wahrscheinlich ist eine neue Moto Guzzi Le Mans als Retro-Modell. Sie wäre einerseits die ansatzweise sportliche Alternative zu einem neuen California-Cruiser – und andererseits die prompte Antwort auf die neue BMW R 12 S. Wenn die Bayerischen Motoren Werke ab Frühjahr 2025 den Spirit ihrer legendären R 90 S aus den 1970er-Jahren aufleben lassen, dann könnten – nein, sollten – Piaggio und Moto Guzzi das prinzipiell Gleiche tun. Denn die Moto Guzzi 850 Le Mans ist, ebenso wie die BMW R 90 S, eine Motorrad-Ikone der 1970er-Jahre. Boomer-Träume werden wahr, zumindest schon mal bei BMW.

Retro-Modell von Moto Guzzi in Rot

Designer Oberdan Bezzi hat seine neue Moto Guzzi V100 Le Mans wie ein virtuelles Restomod-Projekt angepackt. Formen und Farbe – Rot – erinnern so schön wie möglich an das Original von damals, mit Lenkstummeln und kleiner, runder Scheinwerferverkleidung. Doch die Technik ist selbstverständlich von heute.

Video: Im Video: Moto Guzzi V7 Sport (2025)

V2-Motor mit 1.042 Kubik und 115 PS

Insbesondere betrifft das den Antrieb der fiktiven Moto Guzzi V100 Le Mans. Der ist bereits real und bekannt von Moto Guzzi V100 Mandello sowie Moto Guzzi V100 Stelvio. Markentypisch handelt es sich um einen V2-Motor mit 90 Grad Zylinderwinkel und beiden Zylindern ideal im Fahrtwind – und trotzdem zusätzlich wassergekühlt. Bisherige Eckdaten: 1.042 Kubik, 4 Ventile pro Zylinder und 115 PS bei 8.700/min.

Neue Moto Guzzi als Café Racer ab Werk

Für die sportliche Moto Guzzi V100 Le Mans dürften es gerne ein paar PS mehr sein – müssten es aber nicht unbedingt (BMW R 12 S: 109 PS mit luft-ölgekühltem Zweizylinder-Boxer). Gut passt jedenfalls das 6-Gang-Getriebe mit Quickshifter, und Endantrieb per Kardan ist bei Moto Guzzi – wie bei BMW – Standard. Dass Moto Guzzi den neuen Antrieb nur für 2 Modelle, Mandello und Stelvio, entwickelt hat, ist äußerst unwahrscheinlich. Umso wahrscheinlicher macht das weitere V100-Modelle – auch die V100 Le Mans als "Café Racer ab Werk".

Video: Im Video: Moto Guzzi V7 Stone Corsa

Einarmschwinge oder Zweiarmschwinge?

Allerdings hat Oberdan Bezzi bei seiner Moto Guzzi V100 Le Mans im Retro-Stil auf eine Einarmschwinge verzichtet und stattdessen eine zweiarmige Aluminium-Schwinge mit direkt angelenktem Zentralfederbein vorgesehen. Dabei soll die rote Feder nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fahrwerkskomponenten von Öhlins kommen. Voll modern ist die Kombination an der Front, mit Upside-down-Telegabel und radial angeschraubten Vierkolben-Bremszangen von Brembo. Ein semi-aktiv geregeltes Fahrwerk gibt es bereits bei der V100 Mandello S, doch retro ist das nicht, und mit fahrbereiten 233 Kilogramm ist das Sport-Touring-Konzept relativ schwer. Eine Le Mans sollte etwas leichter ausfallen (BMW R 12 S: 220 kg).

Moto Guzzi V100 Le Mans modern-sportlich

Ein früherer Entwurf von Oberdan Bezzi zeigt eine ganz andere Moto Guzzi V100 Le Mans, ohne Retro-Stilelemente, dafür konsequent modern arrangiert. Diese neue Sport-Guzzi hätte demnach eine einarmige Hinterradschwinge und am Heck hochgelegte Schalldämpfer. Vor dem Hintergrund des letzten halbherzigen Vorstoßes in die sportliche Richtung, 2003 mit der Moto Guzzi MGS-01, ist eine moderne, ernsthaft sportliche Moto Guzzi Le Mans indes sehr unwahrscheinlich. Zumal beim inzwischen umso härter gewordenen Konkurrenzumfeld und auf Nischen-Niveau geschrumpftem Vermarktungspotenzial solcher "spitzen" Konzepte.

Moto Guzzi V85 Le Mans als luftgekühlter 2-Ventiler

Besser stehen hingegen die Chancen für eine Moto Guzzi V85 Le Mans. Dieses Retro-Konzept wäre ein konsequent klassisches, mit luftgekühlten 850 Kubik und 2 Ventilen pro Zylinder. Die Einlassventile wären sogar aus Titan, und über die Euro-5+-Hürde ist dieser Antrieb auch schon gehievt worden – mit immerhin 80 PS bei 7.750/min (Moto Guzzi V85 TT). Unterm Strich ist dieser Le-Mans-Entwurf von Oberdan Bezzi wohl der Realität am nächsten. Die konzeptionell ähnliche Moto Guzzi V7 Stone Corsa gibt es bereits seit Herbst 2023. Und ab 2025 die neue Moto Guzzi V7 Sport – mit Upside-down-Gabel samt Doppelscheibenbremse, allerdings mit nur 67 PS. In Sachen Le Mans wäre also in jeglicher Hinsicht noch "Luft nach oben" bei Moto Guzzi.

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Fazit

Kommt die neue Moto Guzzi V100 Le Mans? Moto Guzzi V100 Mandello und V100 Stelvio gibt es bereits mit dem neuen, wassergekühlten V2-Motor. Dass es bei diesen 2 Modellen bleibt, ist äußerst unwahrscheinlich. Umso wahrscheinlicher sind weitere V100-Modelle, auch die V100 Le Mans. Besonders naheliegend erscheint eine neue Moto Guzzi Le Mans im Retro-Look des legendären Originals aus den 1970er-Jahren. Ebenso möglich ist eine Moto Guzzi V85 Le Mans mit dem luftgekühlten V2. Designer Oberdan Bezzi hat entsprechende Entwürfe vorgelegt, vom Werk liegen jedoch bisher keine Bilder oder Informationen vor.  © Motorrad-Online

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