Die Motorradfahrer in Portugal jubeln: Dort wird die technische Hauptuntersuchung für Motorräder nicht eingeführt. Das hat das Parlament in Lissabon entschieden.
Ursprünglich wollte Portugal die technische Hauptuntersuchung (HU) für Motorräder schon vor über zehn Jahren einführen. Doch die Verordnung trat nie in Kraft, unter anderem wegen des Widerstands der Motorradfahrer. So organisierte die GAM (Grupo Acção Motociclista, auf deutsch: Aktionsgruppe Motorradfahrer) Demos gegen die HU und bombardierte die Abgeordneten des portugiesischen Parlaments mit Informationen – mit der Folge, dass die Motorradunfälle landesweit analysiert wurden. Dabei fanden die Statistiker heraus, dass nur 0,3 Prozent auf technisches Versagen zurückzuführen sind.
Woraus die Abgeordneten in Lissabon wiederum den Schluss zogen, dass eine HU für die Verkehrssicherheit von Motorrädern nicht relevant ist. Entsprechend stimmten sie Ende 2024 mit großer Mehrheit gegen eine Einführung der HU für Motorräder über 125 ccm – Zweiräder mit kleinerem Hubraum waren davon schon bisher ausgenommen und bleiben es auch. In der Fotoshow zeigen wir, was in Deutschland bei der HU beachtet werden muss.
EU-Recht nicht immer bindend
Möglich ist das selbst in der EU, weil es von der Europäischen Union zwar Vorgaben zur Verkehrssicherheit gibt, es sich dabei aber nur um eine Richtlinie handelt. Sie ist nicht bindend, jedes Land kann seine Maßnahmen zur Verkehrssicherheit selber regeln: Es müssen nicht unbedingt technische Inspektionen sein.
Motorradfahrervereinigung feiert
Portugals Motorradfahrervereinigung GAM feierte die Entscheidung gegen die HU als Sieg über die Lobbys. Und aus dem benachbarten Spanien wurden Stimmen laut, Portugal könne als Beispiel für die ganze EU dienen, denn die Unfallstatistiken von Motorrädern sähen überall ähnlich aus, technische Defekte spielten nur selten eine Rolle. Was aber wohl nur ein frommer Wunsch bleiben wird, wie das Beispiel Frankreich zeigt: Dort wurden nach langem Widerstand der Motorradfahrer im April 2024 regelmäßige technische Überprüfungen für Motorräder eingeführt.
Regierung muss handeln
In Portugal ist die sozialdemokratische Regierung nun in der Pflicht, denn sie will und muss andere Maßnahmen ergreifen, um die Verkehrssicherheit erhöhen und die Motorradunfälle reduzieren. Während es dem Land am Westrand Europas gelang, die allgemeinen Unfallzahlen zwischen 2010 und 2020 um 47 Prozent zu senken (Quelle: ETSC, European Transport Safety Council), steigen sie bei Motorradfahrern. Das hat auch mit den größeren Bestand zu tun: Er hat sich in den letzten 25 Jahren um 400 Prozent erhöht, auf derzeit rund 500.000 Motorräder. Doch 124 getötete Motorradfahrer im Jahr 2023 sind für das kleine Land mit seinen rund 10 Millionen Einwohner viel – zu viel.
Straßen müssen sicherer werden
Eine Gruppe von Abgeordneten hat im Parlament bereits Vorschläge vorgelegt: Sie reichen vom Verbot von Rüttelschwellen in Kurven über rutschfeste Materialien im Straßenbau bis zur auffälligen Kennzeichnung von potenziell gefährlichen Stellen wie Gleisen oder Kanaldeckeln und zum Unterfahrschutz bei Leitplanken.
Außerdem sind geplant Medienkampagnen, um alle Verkehrsteilnehmer für die Verletzlichkeit von Motorradfahrern zu sensibilisieren, sowie eine bessere Ausbildung in der Fahrschule. Schließlich sollen auch die Straßenbauämter bei der Instandhaltung der Straßen strenger überwacht werden. Alles also Maßnahmen, die nicht auf Einschränkungen für Portugals Motorradfahrer abzielen, sondern ihre Sicherheit erhöhen sollen. Ein Geschenk macht ihnen die Regierung obendrein: Ab 2026 wird die Kfz-Steuer für Motorräder gesenkt.
Fazit
Portugal führt keine HU für Motorräder über 125 ccm ein, da technische Defekte selten Unfallursache sind. Stattdessen werden Maßnahmen zur Verkehrssicherheit ergriffen, wie rutschfeste Straßen und Medienkampagnen. Die Kfz-Steuer für Motorräder wird ab 2026 gesenkt. © Motorrad-Online
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.