VW hat am 12. Dezember 2024 seinen bisher letzten VR6-Motor gebaut. In 34 Jahren hat der kompakte Sechszylinder viele Fahrzeuge angetrieben: Er startete 1991 in Golf und Passat, trieb später Transporter, SUV und Gabelstapler an. Rückblick auf eine Motoren-Ära.

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Es war im Grunde wie so oft: VW war nicht der Erfinder einer neuen Technik und nicht der erste Anbieter auf dem Markt. Dafür waren die Wolfsburger Ingenieure sehr gründlich und am Ende erfolgreich. Denn theoretisch schafft ein VR-Motor zunächst Probleme: Die Ansaugwege sind kompliziert, die Wärmeabfuhr im engen Kopf ist knifflig und der enge Winkel ungünstig für die Laufruhe.

VW baute fast 1,87 Millionen VR6

Doch die Ingenieure finden für die theoretischen Probleme praktische Lösungen, entwickeln den engwinkligen Sechszylinder weiter. Der kompakte Motor gründet in 34 Jahren eine ganze Motorenfamilie in einer Spanne von fünf bis 12 Zylindern, die im Konzern vom Golf bis zum Bentley ganz unterschiedliche Autos antreibt. Am 12. Dezember 2024 hat Volkswagen den letzten VR6-Motor gebaut. Nach fast 1,87 Millionen kompakten Sechszylindern geht damit eine Ära zu Ende.

Lancia hat das VR-Prinzip erfunden

Doch von Anfang an: Vincenzo Lancia meldet 1918 zwei Motoren zum Patent an: Einen V8 mit 45 Grad Bankwinkel und einen V12 mit 30 Grad Bankwinkel – das ist jeweils die Hälfte des theoretisch optimalen Zylinderbankwinkels. Mit versetzten Hubzapfen – einem Lancia-Patent von 1915 – bleibt der Zündabstand erhalten. In Serie gehen die beiden Motoren jedoch nicht. Ein V12 mit 13,6 Grad Zylinderwinkel, den Lancia 1919 zeigt, wird ebenfalls nicht in Serienautos eingebaut. Dafür kommt 1922 der Lancia Lambda mit einem V4-Motor auf den Markt. Der Zylinderwinkel: 14 Grad. Bis in die 1970er-Jahre baut Lancia engwinklige V4-Motoren – zum Beispiel in die Fulvia. Dann ist erst einmal Ruhe.

VW bringt 1991 den VR6 in Serie

Bis sich VW an das Prinzip erinnert und die Möglichkeit nutzt, in Frontantriebsautos wie Golf und Passat einen Sechszylinder vorn quer einzubauen. Die kompakte Bauform verschafft dem Motor immer einen Vorteil, wenn es im Motorraum wenig Platz gibt – also dann, wenn die Ingenieure die Entscheidung fällen müssen: dieser Sechszylinder oder keiner. Für den Quereinbau entwickelt VW einen VR-Sechszylinder, der 1991 zunächst im Passat erscheint. Vorteil: Ein V-Motor mit derart schmalem Winkel braucht nur einen Zylinderkopf. Das Problem mit den Ansaugwegen lösen die VW-Ingenieure ebenfalls und eine spezielle Wasserpumpe stellt die Kühlung sicher.

Golf mit Sechszylinder

Im Passat 35i werkelt mit dem VR6 das zweite Motorenkuriosum neben dem G60, dessen Reihen-Vierzylinder ein spiralförmiger G-Lader auf 160 PS bringt. Der Golf bekommt im September 1991 den 2,8-Liter-VR6. Ein teures Topmodell, das vor allem in der Versicherung hoch eingestuft ist – und ein Auto für Kenner, das sich optisch kaum vom GTI unterscheidet. Volkswagen entwickelt den VR6 stetig weiter. Mit etwas größerer Bohrung (82,0 statt 81,0 mm) kommt der Motor auf 2,9 Liter Hubraum und 190 PS – erster Einsatz im Corrado im Juli 1991, später dann in den Syncro-Versionen von Golf und Passat.

Bis zum 130i von BMW bleibt der Golf VR6 Syncro mit 2,9 Litern unter europäischen Herstellern der Kompakte mit dem hubraumgrößten Saugmotor. Bemerkenswert übrigens, dass VW zwei Golf-Generationen später einen Turbo-Kompressor-Vierzylinder auf den Markt bringt, der mit 170 PS praktisch die gleiche Leistung aus dem halben Hubraum holt. Im Golf IV und V kommt ab 1999 die zum EA 390 weiterentwickelte Vierventil-Version zum Einsatz. Das "R" im Namen fällt weg. Im Golf V6 leistet der Sechszylinder 204 PS. Im R32 sind es ab 2002 dann 3,2 Liter und 241 PS. Mit 3,6 Liter Hubraum, geschmiedeter Kurbelwelle und auf 12:1 erhöhter Verdichtung kommt der EA 390 auf 300 PS und im Passat R36 zum Einsatz.

Quer zum Erfolg

Bis Mitte 2023 baut VW die 3,6-Liter-Version des EA 390 in das US-SUV Atlas ein. Quer, denn der Atlas basiert auf dem Technikbaukasten MQB. Zuletzt lief der VR6 in China: Bei FAW treibt er den Talagon an, bei SAIC den technisch mit dem Talagon eng verwandten Teramont. In beiden SUV auf MQB-Basis ist ein turbogeladener 2,5-Liter-VR6 mit 299 PS die Topmotorisierung.

In 34 Jahren ist der Motoren-Exot weit herumgekommen: hat den Porsche Cayenne, den Audi Q7 sowie VW Touareg und Phaeton längs eingebaut angetrieben. Der VR6 motorisierte Vans von Ford, Mercedes, Seat und VW, gab in Wohnmobilen von Winnebago und Dehler den komfortablen Säusler und schuftete bis zuletzt in einer gedrosselten Industrieversion und mit Gas betrieben in Flurförderfahrzeugen von Still, Jungheinrich und Linde.

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Durch Weglassen eines Zylinders wurde der VR6 zum V5, der in Golf, Bora und Beetle gearbeitet hat. Zwei VR6 ergaben in der VW-Studie Nardo einen W12, der später serienmäßig in Phaeton und Touareg eingebaut wurde. Auch der W8 des Passat und der W16 des Bugatti Veyron basieren auf dem Konstruktionsprinzip des VR6. Ebenso der W12 von Bentley – der meistgebaute Zwölfzylinder der Welt.  © auto motor und sport

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