2018 fiel die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Facebook-Accounts sind ein digitaler Nachlass, den Hinterbliebene im Todesfall erben. Aber was ist mit dem Zugang zum Konto und den Chatverläufen mit Dritten? Das hat der BGH jetzt in einem Folgestreit präzisiert geregelt.

Rolf Schwartmann
Eine Kolumne
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Einen Facebook-Account kann man erben, wie ein körperliches Tagebuch. Das hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2018 entschieden. Der zwischen dem Nutzer und Facebook bestehende Nutzungsvertrag, gehe im Todesfall wie alle Rechte und Pflichten auf die Erben über. Dafür hat das oberste deutsche Zivilgericht unter anderem Kritik der Datenethikkommission der Bundesregierung geerntet.

Man müsse zwischen vermögens- und persönlichkeitsbezogenen Inhalten des Erbes trennen. Es ist zwar praktisch verständlich, dass die Hinterbliebenen die Facebook-Kommunikation eines Verstorbenen einsehen wollen, etwa um wie im Falle des BGH die Motive für eine Selbsttötung zu ermitteln. Auf der anderen Seite werden die Persönlichkeitsrechte der noch lebenden Chat-Partner missachtet. Deren Interessen können wegen der Intimität der Inhalte sehr schutzwürdig sein, denkt man etwa an eine Chatgruppe anonymer Alkoholiker.

Dennoch bindet die Gerichtsentscheidung aus 2018 Facebook und sie wurde nun präzisiert, wie auch der LTO (Legal Tribune Online) berichtete. Das soziale Netzwerk wollte ihr durch Übergabe eines USB-Sticks mit mehr als 1400 Seiten an die Erben nachkommen. In einem kürzlich entschiedenen Folgestreit verlangten die Erben den ausgeurteilten Zugang zu dem Konto.

Diesen muss Facebook aber nicht durch Herausgabe von Datensticks erfüllen, sondern durch die Ermöglichung der Nutzung des Kontos in Form des Einsehens der Chats. Die Erben dürfen nun also in dem im Chat dokumentierten Seelenleben der Verstorbenen herumstöbern. Sie dürfen dabei auch die Kommunikation mit noch lebenden Dritten lesen; nur verändern dürfen sie nichts mehr.

Mitvererbung des Persönlichkeitsrechts vom Chatpartner

Der Entscheidung zum digitalen Erbe aus 2018 geht weit über das hinaus, was ein Auskunftsanspruch lebenden Personen gegenüber einem Unternehmen gewährt. Nach der Datenschutz-Grundverordnung muss man betroffenen Personen auf deren Verlangen mitteilen, welche Daten man von ihnen verarbeitet. Anders als beim Anspruch der Erben nach BGH, gewährt das Datenschutzrecht dem Betroffenen aber nur ein Recht auf Kopien.

Zudem dürfen die Persönlichkeitsrechte Dritter nach DSGVO nicht beeinträchtigt werden. Die müsste man aus Datenschutzgründen nach einer Interessenabwägung zwischen dem Informationsrecht der Erben und den Persönlichkeitsrechten der Chatpartner auf den Kopien schwärzen, oder aus den weitergegebenen Texten des Verstorbenen aussondern.

Das Gericht gewährt den Erben aber den über den Zugang zum Chat von Verstorbenen auch Zugriff auf persönliche Inhalte noch lebender Menschen.

Das ist beim Poesiealbum zwar auch so, aber dessen Inhalt ist nicht interaktiv und so geheim, wie ein Facebook-Chat. Deshalb wird das Persönlichkeitsrecht der Chatpartner zwar vom Datenschutzrecht geschützt, aber nach der Lösung des BGH geöffnet und faktisch mitvererbt, obwohl sie noch leben und nicht in das Vertragsverhältnis zu Facebook einbezogen sind. Das ist ein Widerspruch zwischen Datenschutz- und Erbrecht.

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