Wer Filme oder Musik in Tauschbörsen hochlädt, verletzt Urheberrechte. Dabei erwischt zu werden, kann teuer werden. Der verantwortliche Internetanschluss ist schnell aufgespürt. Was aber, wenn sich diesen Vater, Mutter und drei erwachsene Kinder teilen?
Wenige Klicks, und das neue Top-Album aus den Charts steht illegal im Netz. Dumm nur, wenn die Eltern ein paar Wochen später Post vom Anwalt bekommen - und eine saftige Rechnung. Müssen sie für den Schaden aufkommen?
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Donnerstag nicht unbedingt. Dafür müssen sie aber bereit sein, ihr volljähriges Kind zu verpfeifen.
Worum geht es?
Anfang 2011 taucht das Erfolgsalbum "Loud" der Pop-Sängerin
Der Haken an der Sache: Für die geschädigten Firmen ist es ein Leichtes, über die IP-Adresse zurückverfolgen zu lassen, von welchem Internet-Anschluss aus die Datei angeboten wurde.
In diesem Fall führt die Spur zu einer Münchner Familie: Vater, Mutter, drei gerade erwachsene Kinder. Die Plattenfirma besteht auf Schadenersatz und Abmahnkosten, insgesamt mehr als 3.500 Euro.
Warum sollen die Eltern zahlen?
Mit dem Anschluss steht oft noch nicht fest, wer tatsächlich der Täter ist. Denn die meisten Familien oder WGs teilen sich einen Internet-Zugang. Der Nutzer, auf den der Anschluss angemeldet ist, steht wegen der sogenannten Störerhaftung allerdings besonders in der Pflicht.
Ein "Störer" ist nach der Rechtsprechung des BGH, "wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt". Das kann also auch jemand sein, der sich nicht ausreichend darum gekümmert hat, dass sein Anschluss vor Missbrauch geschützt ist.
Welche Pflichten haben Anschlussinhaber?
Das fängt bei technischen Vorkehrungen gegen Hacker an. Nach einem BGH-Urteil von 2010 kann von Privatleuten erwartet werden, dass sie die Standardeinstellungen ihres Routers ändern und ein eigenes Passwort einrichten.
Später müssen sie aber nicht ständig auf dem neuesten Stand der Technik bleiben. Und auch einer individualisierten Verschlüsselung des Herstellers dürfen Nutzer grundsätzlich vertrauen, wie die Karlsruher Richter kürzlich entschieden haben.
Bleibt das Risiko durch die Familie, Mitbewohner oder Besucher.
Was für Regeln gelten hier?
Der BGH hat in mehreren Entscheidungen herausgearbeitet, dass die Haftung für andere ihre Grenzen hat. Demnach haben Eltern ihre Kinder nachweisbar darüber aufzuklären, was verboten ist - ohne Verdacht müssen sie sie am Rechner aber nicht ständig kontrollieren.
Volljährige sind grundsätzlich für sich selbst verantwortlich und müssen auch nicht belehrt werden. So musste eine Frau, die ihre Nichte mit Freund aus Australien zu Besuch hatte und den beiden ihr WLAN-Passwort nannte, nicht für den Upload eines Films haften.
Zuletzt stellte der zuständige Senat außerdem klar, dass es niemandem zuzumuten ist, das Surfverhalten seines Ehepartners zu dokumentieren oder dessen Computer auf verbotene Software abzusuchen.
Wo ist das Problem bei der Münchner Familie?
A und O ist immer, dass der Anschlussinhaber schlüssig erklären kann, warum nicht er selbst, dafür aber ein anderer als Täter infrage kommt. Die Münchner Eltern sagen, dass sie an dem fraglichen Abend lange Besuch hatten. Die Kinder hätten in der Zeit alle von ihren Zimmern aus über eigene Geräte ins Familien-WLAN gekonnt.
Sie wüssten auch, wer von den dreien das Album hochgeladen habe. Die Eltern wollen den Namen aber nicht sagen. Die Münchner Gerichte hatten geurteilt, dass sie in diesem Fall den Schaden selbst zahlen müssen.
Was sagen die Karlsruher Richter?
Sie sehen die Sache genauso. Nach ihrer Überzeugung sind die Eltern zwar nicht verpflichtet, ihr Kind zu verpfeifen - es ist ihnen aber zuzumuten. Schweigen sie lieber, "müssen sie die entsprechenden Nachteile tragen", wie es der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher formuliert.
Denn um sich zu entlasten, muss der Anschlussinhaber nun einmal sagen, wer es stattdessen war. Sonst hätten die geschädigten Firmen keine Chance, Urheberrechts-Verletzungen im Netz zu ahnden. © dpa
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