• Weil der abgestürzte Schlagersänger Michael Wendler und seine Ehefrau Laura Müller einen Account eröffnet haben, sorgte das Portal OnlyFans zuletzt für Schlagzeilen.
  • Auf dem sozialen Netzwerk, das sich um einen seriösen Eindruck bemüht, verkaufen vor allem weibliche Anbieter erotische und teils pornografische Inhalte gegen Geld.
  • Einerseits können OnlyFans-Mitglieder mithilfe der Plattform selbstbestimmt und unabhängig Geld verdienen. Andererseits lastet großer Druck auf den Content Creators.
Eine Analyse

Mehr Digitalthemen finden Sie hier

Mehr zum Thema Digitales

Zuletzt sorgte OnlyFans wegen Michael Wendler für Schlagzeilen. Der 49-Jährige, der seine Karriere als Schlagersänger und TV-Star durch die Verbreitung seltsamer Verschwörungstheorien mit voller Wucht an die Wand gefahren hat, eröffnete gemeinsam mit seiner 21-jährigen Frau Laura Müller einen Account bei dem sozialen Netzwerk.

Das Ehepaar, dessen Einnahmequellen größtenteils versiegt sein dürften, setzt nun also anscheinend auf Internet-Erotik, um ein paar schnelle Euros zu verdienen. Denn genau das ist es, wofür OnlyFans bekannt ist.

Für einen gewissen Betrag im Monat veröffentlichen auf dem Netzwerk echte Stars, Sternchen, Influencer:innen und abgestürzte Möchtegern-Berühmtheiten intime Bilder und Videos exklusiv für zahlende Fans. Wie das aussehen kann, hat beispielsweise Bastian Yotta vorgemacht. Der einstige Dschungelcamper und angebliche Selfmade-Millionär betreibt einen OnlyFans-Account, auf dem harte Pornografie zu sehen ist.

Der Hauptdarsteller der Videos ist Yotta selbst, 19,99 Dollar verlangt er für ein Monatsabo. Bei den Wendlers sind es 34,99 Euro. Die Preise legen die Content Creators selbst fest. Viele dieser Creators sind Sexarbeiterinnen und Pornodarstellerinnen, das Geschäftsmodell Erotik gegen Geld zu verkaufen, brachte dem Portal den Ruf eines Porno-Instagrams ein.

OnlyFans: Erotik und Pornografie wird nicht zensiert

"Dass bezahlt wird, dass Geld im Spiel ist, ist etwas, das es sowohl für Nutzende wie Produzierende schwieriger macht", sagt Barbara Buchegger vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation. "Wir haben es hier nicht mit Kunst zu tun, sondern wahrscheinlich eher mit bezahlten Darstellungen und Leistungen, die vielleicht auch manchmal über die Grenzen der abgelichteten Personen hinausgehen. Da ist vielleicht manchmal nicht ganz klar, wo die Grenze ist. Was mache ich mit, was lasse ich lieber sein? Was bin ich bereit zu geben, um die Reichweite zu erhöhen?"

Dass bei OnlyFans Nacktheit und Erotik im Gegensatz zu den meisten anderen sozialen Netzwerken nicht zensiert wird und es die Möglichkeit gibt, die Inhalte hinter eine Bezahlschranke zu stellen, verlockt natürlich dazu, mit erotischen Bildern und Videos selbstbestimmt und unabhängig schnelles Geld zu verdienen. Gleichzeitig birgt dieses Geschäftsmodell Gefahren. Schließlich ist die Konkurrenz groß und Beispiele wie das der Ex-Disney-Schauspielerin Bella Thorne, die angeblich innerhalb einer Woche zwei Millionen Dollar mit OnlyFans umsetzte, sind die absolute Ausnahme.

"Der Druck, Reichweite zu generieren, kann dazu verführen, noch expliziter und drastischer zu werden. Das ist ein Phänomen, das auch vor OnlyFans nicht haltmachen wird", sagt Barbara Buchegger: "Es kommt natürlich auch darauf an, in was für einer Situation die Person ist, die Abbildungen von sich verkauft. Wie dringend ist sie auf dieses Einkommen angewiesen? Ist das ein Hobby oder ein künstlerisches Projekt? Oder ist es ein ausgefallenes Einkommen?"

Lesen Sie auch:

OnlyFans setzte laut CEO Tim Stokely in 2020 zwei Milliarden Dollar um

Dem Unternehmen Fenix International Limited, das OnlyFans 2016 online stellte, ist es vermutlich relativ egal, ob Creators unter Druck geraten oder finanzielle Probleme haben. Während der Pandemie wuchs das Portal enorm, etwa eine Million Creators haben in 2020 laut CEO Tim Stokely rund zwei Milliarden Dollar umgesetzt. Von diesem Geld behält OnlyFans 20 Prozent ein.

Als im vergangenen Sommer Vorwürfe laut wurden, dass auf OnlyFans illegal auch Minderjährige explizite Inhalte anbieten, verkündete Fenix International Limited, künftig Erotik und Pornografie zu zensieren. Offenbar hatten Investoren Druck gemacht, aber schon wenige Tage später ruderten die Verantwortlichen zurück und schränkten ihre Haupteinnahmequelle doch nicht ein.

Stattdessen ist das Netzwerk derzeit sichtlich bemüht, seriös zu wirken. Es wird auf Köche, Fitnesstrainerinnen, Musiker oder beispielsweise den Account von Rapperin Cardi B verwiesen, die sich auf OnlyFans der zahlenden Kundschaft etwas persönlicher und nahbarer präsentiert, aber auf Nacktheit verzichtet.

User können den Creators Trinkgeld für bestimmte Leistungen geben
Unproblematisch ist aber auch das nicht. Denn neben den monatlichen Abonnements gibt es bei OnlyFans auch noch die Möglichkeit, Trinkgelder für bestimmte Leistungen zu geben oder Pay-per-View-Inhalte zu kaufen und so mit den Stars praktisch in einen direkten Austausch zu treten. Was bei Followern ein falsches Gefühl von Nähe wecken und sie unter Umständen eine Menge Geld kosten kann.

"In dem Moment, in dem User das Verhalten ihrer Influencer in gewisser Weise steuern können, entsteht vielleicht das Gefühl: 'Ich bin der Boss, ich zahle hierfür'. Dieses Verhältnis zwischen Menschen, die Geld empfangen und Menschen, die Geld hergeben, gibt es noch nicht so lange in dieser Form. Da werden wir als Gesellschaft noch lernen müssen, wo das richtige Mittelmaß ist“, sagt Barbara Buchegger: „Heißt es, dass er oder sie auf mich steht, wenn ich genug Geld zahle, damit sich eine Influencerin oder ein Influencer mit mir trifft? Welchen Einfluss hat mein Geld? Ist das eine Darbietung? Das ist für beide Seiten manchmal schwierig einzuschätzen und bedarf auf beiden Seiten großer Reflexionsfähigkeit."

Unter dem Strich ist OnlyFans eine Plattform, die ähnlich wie Uber oder Airbnb Menschen relativ einfach die Chance gibt, mit Dienstleistungen Geld zu verdienen. Die Risiken liegen aber voll und ganz bei denjenigen, die sich auf das Spiel einlassen.

Über die Expertin:
Barbara Buchegger ist die pädagogische Leiterin des Projekts saferinternet.at des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation. Das ÖIAT unterstützt Unternehmen, Privatpersonen, NGOs und die öffentliche Hand beim kompetenten, sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien.

Verwendete Quellen:

  • bbc.com: The children selling explicit videos on OnlyFans
  • bloomberg.com: OnlyFans Is a Billion-Dollar Media Giant Hiding in Plain Sight
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "Einblick" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.